Entscheidungsstichwort (Thema)
Entschuldbares Büroversehen
Leitsatz (NV)
Zur ordnungsgemäßen Fristenkontrolle gehört auch, daß die Einhaltung der laufenden Fristen durch tägliche Einsichtnahme in den Fristenkalender gesichert wird.
Normenkette
FGO §§ 56, 115 Abs. 2 Nrn. 1-3
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches FG |
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Das Finanzgericht (FG) weicht mit den in der Beschwerdebegründung wiedergegebenen Ausführungen nicht von dem Beschluß des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Dezember 1994 X R 176/93 (BFH/NV 1995, 798) ab. Die aus dieser Entscheidung zitierten Passagen betreffen die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein -- entschuldbares -- Büroversehen vorliegt, wenn das Fristversäumnis darauf beruht, daß die Frist im Fristenkontrollbuch gelöscht worden ist, der fristwahrende Schriftsatz vor der ordnungsgemäßen Absendung aber nicht unterschrieben worden ist. Im Streitfall fehlt nicht die Unterschrift unter einem rechtzeitig abgesandten Schriftstück. Vielmehr ist
-- die Bearbeitung unterblieben,
-- der Fristeintrag im Fristenkalender nicht gelöscht worden und zusätzlich
-- die unterbliebene Bearbeitung -- aufgrund der fehlenden Löschung auch nach Ansicht der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) für jedermann ohne weiteres erkennbar -- erst drei Wochen nach dem notierten Fristende entdeckt worden, obwohl nach ständiger Rechtsprechung zur ordnungsgemäßen Fristenkontrolle auch gehört, daß die Einhaltung der laufenden Fristen durch tägliche Einsichtnahme in den Fristenkalender gesichert wird (z. B. BFH-Urteil vom 7. Dezember 1988 X R 80/87, BFHE 155, 275, BStBl II 1989, 266; Beschluß des Bundesgerichtshofs -- BGH -- vom 11. Dezember 1991 VIII ZB 38/91, Neue Juristische Wochenschrift -- NJW -- 1992, 841).
2. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht ordnungsgemäß i. S. des §115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dargelegt. Hat der BFH bereits früher über eine Rechtsfrage entschieden, so ist darzulegen, weshalb der Beschwerdeführer gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH zu der Frage im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtsfortbildung für erforderlich hält. In einem solchen Fall ist die grundsätzliche Bedeutung nur schlüssig dargetan, wenn die Beschwerdebegründung eine eingehende Auseinandersetzung mit dem betreffenden Rechtsproblem enthält (z. B. BFH-Beschlüsse vom 23. November 1994 II B 111/93, BFH/NV 1995, 624; vom 15. Februar 1995 II B 118/94, BFH/NV 1995, 810, m. w. N.). Angesichts der umfangreichen Rechtsprechung zur Büroorganisation der Fristenkontrolle, der Ausgangskontrolle, der Pflichten des Rechtsanwalts im Zusammenhang mit der Fristensicherung (vgl. hierzu z. B. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §56 Rz. 19f., 24ff.; Zöller/Greger, Zivilprozeßordnung, 20. Aufl., §233 Rz. 23, jeweils m. w. N.), vor allem angesichts der vorstehend und vom FG bereits zitierten Entscheidungen des BFH in BFHE 155, 275, BStBl II 1989, 266 und des BGH in NJW 1992, 841 ist im Streitfall dem Darlegungserfordernis nicht genügt mit der nicht weiter substantiierten Behauptung, in der Rechtsprechung sei "nicht eindeutig geklärt", "wann die Sachbearbeitung beginnt". Die Ausführungen der Kläger zur grundsätzlichen Bedeutung beschränken sich darüber hinaus auf Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die von vornherein unbeachtlich sind (z. B. BFH-Beschluß vom 27. März 1997 X B 207, 208/96, BFH/NV 1997, 689; Gräber/Ruban, a. a. O., §115 Rz. 58, 62, m. w. N.).
3. Verfahrensfehler sind nicht schlüssig gerügt.
Verstöße gegen Denkgesetze und die fehlerhafte Würdigung von Tatsachen sind in der Regel materiell-rechtliche Fehler (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 23. April 1992 VIII B 49/90, BFHE 167, 488, BStBl II 1992, 671, m. w. N.; Gräber/Ruban, a. a. O., §115 Rz. 28, 29). Im übrigen ist das FG-Urteil nicht widersprüchlich, denn die unter 3. der Beschwerdebegründung zitierte Urteilspassage enthält offensichtlich eine nicht entscheidungserhebliche Hilfsbegründung für den vom FG unterstellten Fall, daß der später vorgetragene Sachverhalt -- entgegen der Rechtsauffassung des FG -- hätte berücksichtigt werden dürfen.
Da nach der -- allein maßgeblichen -- Rechtsauffassung des FG der später vorgetragene Sachverhalt -- "Vorlage an den falschen Sachbearbeiter" -- nicht berücksichtigt werden durfte, war die Frage, welchem Bearbeiter die Sache tatsächlich vorgelegt worden ist, nicht entscheidungserheblich und deshalb auch nicht beweisbedürftig.
Mit der Rüge, die Beweiswürdigung des FG sei fehlerhaft, kann ein Verfahrensmangel nicht begründet werden (vgl. BFH in BFHE 167, 488, BStBl II 1992, 671; Gräber/Ruban, a. a. O., §115 Rz. 28).
Der Beschluß ergeht im übrigen gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 66751 |
BFH/NV 1998, 719 |
JurBüro 1999, 335 |