Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorbehalt der Nachprüfung nach USt-Sonderprüfung
Leitsatz (NV)
Ist eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung auf die Prüfung der Voraussetzungen für den Abzug der Vorsteuern beschränkt, liegt keine abschließende Prüfung i.S. des § 164 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 vor; das FA darf den nach dieser Prüfung ergehenden Umsatzsteuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen.
Normenkette
AO 1977 § 164 Abs. 1 S. 1, § 194
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Eigentümerin des Grundstücks, auf dem sich u.a. Büroräume befinden, die sie an ihren Ehegatten vermietet hat. Für die Vermietungsumsätze verzichtete die Klägerin gemäß § 9 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1973 auf die Umsatzsteuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1973. Mit ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre machte sie u.a. Vorsteuerbeträge geltend, die auf die Herstellung der Büroräume entfielen. Der Beklagte und Revisionbeklagte (das Finanzamt - FA -) führte eine Umsatzsteuersonderprüfung durch, die ausweislich der Prüfungsanordnung auf §§ 193, 194, 203 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützt und auf die Überprüfung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug beschränkt war. Diese Prüfung führte zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen. Mit Umsatzsteuerbescheid vom 3. Juni 1983 setzte das FA die Umsatzsteuer entsprechend den eingereichten Umsatzsteuererklärungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Der Einspruch, mit dem die Klägerin die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung begehrte, blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Mit der Revision verfolgte die Klägerin zunächst ihr Klagebegehren weiter. Unter Hinweis darauf, daß seit Eintritt der Festsetzungsverjährung kein Rechtsschutzinteresse mehr bestehe, erklärte die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Sie beantragt, die Kosten des Rechtsstreits dem FA aufzuerlegen. Durch die Umsatzsteuersonderprüfung sei die Umsatzsteuer 1977 bis 1981 sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug als auch der Umsätze abschließend geprüft worden, so daß die Voraussetzungen gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 für eine Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nicht gegeben gewesen seien.
Das FA hat sich der Erledigungserklärung der Klägerin angeschlossen und beantragt, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin aufzuerlegen. Es führt aus, die angeordnete Umsatzsteuersonderprüfung habe sich nach dem Wortlaut der Prüfungsanordnung auf die Überprüfung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug beschränkt. Der tatsächliche Prüfungsumfang habe sich aus diesem Prüfungsgegenstand ergeben. Die erklärten Umsätze seien hingegen nicht geprüft worden. Das FA bezieht sich hierzu auf sein Schreiben vom 6. Mai 1983, mit dem darauf hingewiesen worden sei, daß eine abschließende Prüfung einer später durchzuführenden Betriebsprüfung oder einer endgültigen Veranlagung vorbehalten bleibe.
Entscheidungsgründe
Die Kosten den Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Der Rechtsstreit ist infolge übereinstimmender Erledigungserklärungen der Beteiligten in der Hauptsache erledigt. Infolgedessen hat der Bundesfinanzhof nur über die Kosten des erledigten Rechtsstreits zu befinden. Darüber ist nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 138 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Klägerin nach dem bisherigen Sach- und Streitstand im vorliegenden Revisionsverfahren voraussichtlich unterlegen wäre, wenn sich die Hauptsache nicht erledigt hätte (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 138 Anm. 27).
Gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 können Steuern, sofern der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden. Wie sich aus dem Urteil des Senats vom 30. April 1987 V R 29/79 (BFHE 149, 435, BStBl II 1987, 486) ergibt, gilt dies bei einer Umsatzsteuersonderprüfung dann, wenn sich die Prüfung auf den Vorsteuerabzug beschränkt hat. Das war hier der Fall.
Das FG hat in seiner Entscheidung festgestellt, die Prüfungsanordnung ergebe ,,unmißverständlich, daß die Prüfung . . . eingeschränkt war". Es hat weiter auf das Schreiben des FA vom 6. Mai 1983 hingewiesen, wonach eine abschließende Prüfung vorbehalten bleiben soll. Danach ist das FG erkennbar davon ausgegangen (,,Bei dieser Sachlage . . ."), daß eine abschließende Umsatzsteuerprüfung bei der Klägerin noch nicht stattgefunden hatte. Wenn diese Würdigung auch nicht zwingend ist, so ist sie doch immerhin möglich. Das dem entgegenstehende Vorbringen der Klägerin kann im Revisionsverfahren schon deshalb nicht beachtet werden, weil es neu ist (§ 118 Abs. 2 FGO). Es kann insbesondere im vorliegenden summarischen Verfahren darüber, wem die Kosten aufzuerlegen sind, nicht durch eine Beweisaufnahme geklärt werden (vgl. Gräber/Ruban a.a.O., § 138 Anm. 26).
Es entspricht daher billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin aufzuerlegen.
Fundstellen
Haufe-Index 416944 |
BFH/NV 1990, 547 |