Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassungsfreie Verfahrensrevision
Leitsatz (NV)
1. Eine zulassungsfreie Verfahrensrevision ist nur statthaft, wenn innerhalb der Revisionsbegründungsfrist ein Mangel i. S. des § 116 Abs. 1 FGO schlüssig gerügt worden ist. Dazu müssen die zur Begründung der Rüge vorgetragenen Tatsachen -- als richtig unterstellt -- den behaupteten Verfahrensmangel ergeben.
2. Entscheidungsgründe fehlen i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO nur, wenn das Urteil keine oder eine so mangelhafte Begründung enthält, daß nicht nachvollziehbar ist, worauf sich die Entscheidung stützt. Nicht ausreichend für eine schlüssige Rüge ist es zu behaupten, daß das Urteil rechtsfehlerhaft oder nicht überzeugend sei.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 5, § 124 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Eigentümerin eines in A gelegenen Grundstücks mit der Flurstücks-Nr. ... Dieses war bei den Rechtsvorgängern der Klägerin, ihren Eltern, ursprünglich gemeinsam mit weiteren Flurstücken als land- und forstwirtschaftliches Vermögen bewertet worden. Durch eine Nachfeststellung auf den 1. Januar 1980 behandelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) das Flurstück ... als selbständige wirtschaftliche Einheit und als unbebautes Grundstück mit einem Einheitswert von ... DM. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.
Im Jahr 1986 erhielt die Klägerin das Flurstück ... von ihren Eltern geschenkt. Diesen Vorgang nahm das FA zum Anlaß, für eine am 21. November 1986 durchgeführte Zurechnungsfortschreibung auf die Klägerin auf den 1. Januar 1987. Der Bescheid enthält u. a. folgende Angaben: Die Grundstücksart ist unbebautes Grundstück. Bis herige Grundstücksart unbebautes Grundstück. Der Einheitswert beträgt wie bisher ... DM. Der Fortschreibungsbescheid ergeht wegen Änderung der Zurechnung (Eigentumsverhältnisse). Die Feststellungen über den Wert und die Art der wirtschaftlichen Einheit bleiben unberührt.
Dieser Bescheid wurde zunächst nicht angefochten. Erst mit Schreiben vom 3. August 1994 legte die Klägerin durch den Prozeßbevollmächtigten hiergegen Einspruch ein. Der Einspruch wurde als unzulässig, weil verspätet, verworfen.
Mit der dagegen erhobenen Klage wurde geltend gemacht, daß das Grundstück irrtümlich auf den 1. Januar 1980 ins Grundvermögen überführt worden sei. Zwar sei es vom FA auf den 1. Januar 1994 wieder der Land- und Forstwirtschaft zugeführt worden. Die Klägerin bzw. ihre Eltern seien jedoch bereits seit 1. Januar 1980 in gleicher Weise beschwert gewesen. Da sie, die Klägerin, das Grundstück aber erst 1986 übernommen habe, begehre sie die Rückstufung auf den 1. Januar 1987.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab, weil der Einspruch zu Recht als unzulässig verworfen worden sei. Die Entscheidung des FG erging nach § 94 a der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung, weil der Streitwert 1 000 DM nicht übersteige. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1996 S. 330 veröffentlicht. Mit Schriftsatz vom 13. Januar 1996 legte der Prozeßbevollmächtigte gegen das Urteil Revision gemäß § 116 Abs. 1 FGO ein, weil wesentliche Mängel des Verfahrens vor lägen, die insbesondere bei der von ihm vorgenommenen Einsicht in die Akten des FA festgestellt worden seien, so daß die Entscheidung des FG nicht begründet sei.
Zur Begründung trägt der Prozeßbevollmächtigte u. a. vor, daß die ihm vorgelegten Akten des FA unvollständig gewesen seien. Es hätte eine Reihe wichtiger Belege und Aussagen gefehlt, so z. B. sein Einspruchsschreiben vom 3. August 1994, das Schreiben des FA vom 12. Oktober 1994 und vor allem Schriftstücke aus früheren Jahren. Die Revision sei begründet, weil die Klage begründet gewesen sei, denn bei sorgfältiger Prüfung sei festzustellen, daß eine Monatsfrist zur Zeit der Einlegung des Einspruchs gar nicht zu laufen begonnen habe, weil die ergangenen Einheitswertbescheide nicht in Rechtskraft erwachsen seien. Wenn ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück willkürlich und ohne Begründung, ja sogar ohne Nachprüfung (keine Ortsbesichtigung, keine Verständigung des Eigentümers) zum Grundvermögen umgestuft werde, so seien die betreffenden Einheitswerte nicht rechtswirksam geworden und somit habe die sonst übliche einmonatige Einspruchsfrist in den vorliegenden Fällen keine Gültigkeit. Offenbar habe das FG wegen der mangelhaften Akten des FA dies nicht erkennen können. Im übrigen sei eine Urteilsentscheidung ohne mündliche Verhandlung unverständlich, weil der Klägerin eine Klarstellung der Sachlage versagt geblieben sei. Der Streitwert der Sache überschreite 1 000 DM bei weitem, weil das Grundstück Flurstück- Nr. ... mit dem Grundstück Flurstück-Nr. ... eine wirtschaftliche Einheit bilde.
Der Prozeßbevollmächtigte beantragt, den Einheitswert des Flurstücks ... mit 0 DM im land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zu bewerten, und zwar möglichst mit Wirkung auf den 1. Januar 1987.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht statthaft, sie ist als unzulässig zu verwerfen (§ 124 Abs. 1 Satz 2 FGO).
Eine zulassungsfreie Verfahrensrevision ist nur statthaft, wenn innerhalb der Revisionsbegründungsfrist ein Mangel i. S. des § 116 Abs. 1 FGO schlüssig gerügt worden ist. Dazu müssen die zur Begründung der Rüge vorgetragenen Tatsachen -- als richtig unterstellt -- den behaupteten Verfahrensmangel ergeben. Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen des Prozeßbevollmächtigten nicht.
Insbesondere ergeben die angeführten Mängel des finanzgerichtlichen Verfahrens nicht, daß die Entscheidung i. S. des § 116 Abs. 1 FGO nicht mit Gründen versehen sei. Ein Fehler dieses Inhalts könnte nur dann angenommen werden, wenn das Urteil keine oder eine so mangelhafte Begründung enthielte, daß nicht nachvollziehbar wäre, worauf sich die Entscheidung des FG stützt. Nicht ausreichend ist es zu behaupten, daß das Urteil rechtsfehlerhaft oder nicht überzeugend sei. Soweit der Prozeßbevollmächtigte geltend macht, das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß der Einspruch verspätet gewesen sei, rügt er nicht das Fehlen der Entscheidungsgründe i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO, sondern eine rechtlich fehlerhafte Begründung. Der vom Prozeßbevollmächtigten gerügte Mangel der Sachverhaltsfeststellung und die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs eröffnen keine zulassungsfreie Verfahrensrevision; sie hätten allenfalls im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde als Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend gemacht werden können.
Fundstellen
Haufe-Index 421555 |
BFH/NV 1996, 837 |