Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Wiedereinsetzung in die Festsetzungsfrist; Darlegung von Zulassungsgründen
Leitsatz (NV)
1. Gesetzliche Fristen, wie die Festsetzungsfrist, sind nicht wiedereinsetzungsfähig. Nach Eintritt der Festsetzungsverjährung rechtfertigt auch der Grundsatz von Treu und Glauben grundsätzlich keine Änderung der Steuerfestsetzung mehr.
2. Zu den Mindestanforderungen an die Darlegung einer Divergenz gehört die hinreichend genaue Bezeichnung einer bestimmten Divergenzentscheidung.
3. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht auch dazu, jedenfalls die wesentlichen der Rechtsverfolgung dienenden Tatsachen oder Rechtsausführungen der Beteiligten in den Entscheidungsgründen zu verarbeiten.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; FGO § 96 Abs. 2, § 115 Abs. 2, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
FG Köln (Urteil vom 02.05.2007; Aktenzeichen 9 K 1208/07) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).
Es kann dahinstehen, ob der Beschwerdeschrift überhaupt einzelne Zulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 FGO mit einem Mindestmaß an Klarheit und Verständlichkeit entnommen werden können. Jedenfalls hat die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) solche Gründe in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise nicht dargelegt.
1. Sollte die Klägerin mit ihrem Vorbringen, die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei vom Finanzgericht (FG) ignoriert worden, dahin verstanden werden wollen, dass das angegriffene Urteil von der Entscheidung eines anderen Gerichts abweiche, weshalb die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordere, so ist hiermit der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO nicht dargelegt. Es fehlt bereits an der hinreichend genauen Bezeichnung einer bestimmten Divergenzentscheidung des BFH (zu den Anforderungen im Einzelnen BFH-Beschluss vom 6. Mai 1970 VI B 140/69, BFHE 99, 25, BStBl II 1970, 552). Die Klägerin hat die zur zweifelsfreien Ermittlung eines Urteils des BFH unverzichtbare Angabe des Aktenzeichens und des Datums unterlassen und so die Untersuchung einer möglichen Divergenz bereits im Ansatz unmöglich gemacht. Es ist nicht Sache des BFH, das Urteil des FG selbst auf mögliche Divergenzen hin zu überprüfen.
2. Soweit die Klägerin rügt, das FG sei in seinem Urteil auf ihre Ausführungen zur "Wiedereinsetzung in die Festsetzungsfrist" und zum Vertrauensschutz mit keinem Satz eingegangen, so ist mit diesem Vorbringen ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht schlüssig geltend gemacht.
a) Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf Verfahrensmängel gestützt, so bedarf es hierfür eines Vortrags der Tatsachen, die den gerügten Verfahrensmangel schlüssig ergeben. Außerdem muss dargelegt werden, dass das angefochtene Urteil --ausgehend von der insoweit maßgebenden, gegebenenfalls auch unrichtigen materiell-rechtlichen Auffassung des FG-- auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann, es also ohne den Verfahrensfehler möglicherweise anders ausgefallen wäre (BFH-Beschluss vom 25. August 2006 VIII B 13/06, BFH/NV 2006, 2122, m.w.N.). Darlegungen zur Beruhensfrage sind auch dann erforderlich, wenn als Verfahrensmangel eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) geltend gemacht wird und sich der behauptete Gehörsverstoß nicht auf das Gesamtergebnis des Verfahrens bezieht, sondern lediglich einzelne Feststellungen oder rechtliche Gesichtspunkte betrifft (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 119 Rz 14, m.w.N.).
b) Nach diesem Maßstab hat die Klägerin jedenfalls das Beruhen der angefochtenen Entscheidung auf dem gerügten Verfahrensmangel nicht schlüssig dargetan.
Soweit die Klägerin sinngemäß beanstandet, dass einzelne ihrer Ausführungen vom FG nicht berücksichtigt beziehungsweise in den Urteilsgründen nicht erwähnt worden seien, macht sie der Sache nach eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend. Denn dieses Gebot gibt dem Gericht nicht nur auf, die Anträge und Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, sondern verpflichtet auch dazu, jedenfalls die wesentlichen der Rechtsverfolgung dienenden Tatsachen und Rechtsausführungen in den Entscheidungsgründen zu verarbeiten (BFH-Beschluss vom 5. September 2001 I R 101/99, BFH/NV 2002, 493).
Die Klägerin hat in der Beschwerdeschrift nicht mit einem substantiierten Vortrag erkennbar gemacht, dass das in den Urteilsgründen nicht abgehandelte beziehungsweise unberücksichtigt gebliebene Vorbringen auf der Basis der Rechtsauffassung des FG, wonach die begehrte Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung wegen eingetretener Festsetzungsverjährung nicht mehr zulässig ist, geeignet gewesen wäre, eine für sie günstigere Sachentscheidung auch nur als möglich erscheinen zu lassen. Denn zum einen kommt die von ihr reklamierte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von vornherein nicht in Betracht, da gesetzliche Fristen, wie die Festsetzungsfrist, nicht wiedereinsetzungsfähig sind (BFH-Urteil vom 19. August 1999 III R 57/98, BFHE 191, 198, BStBl II 2000, 330, m.w.N.). Zum anderen kann nach Eintritt der Verjährung auch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben, auf den die Klägerin mit ihrem Hinweis auf Vertrauensschutzgesichtspunkte wohl anspielen will, eine Änderung der Steuerfestsetzung grundsätzlich nicht mehr verlangt werden (BFH-Urteil in BFHE 191, 198, BStBl II 2000, 330).
Fundstellen