Leitsatz (amtlich)
Hat sich der Rechtsstreit durch die übereinstimmenden Erklärungen des Klägers und des Beklagten erledigt, so ist für eine Erledigungserklärung des dem Revisionsverfahren beigetretenen Bundesministers der Finanzen kein Raum.
Normenkette
FGO §§ 57, 122 Abs. 2, § 138 Abs. 1
Tatbestand
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt – HZA –) hatte dem Antrag der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) auf Gewährung der Ausfuhrerstattung entsprochen, nachdem die Klägerin am 19. Mai 1970 Klage erhoben und der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EGH) im Sinne der Auffassung der Klägerin eine Vorabentscheidung erlassen hatte. Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt halten, stellte das Finanzgericht (FG) das Verfahren insoweit ein und wies die Klage hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Zinsforderung (6 % p.a. seit Rechtshängigkeit) ab. Während des Revisionsverfahrens gab das HZA dem Klageanspruch auch hinsichtlich der Zinsforderung mit Bescheid vom 20. Dezember 1974 statt. Daraufhin erklärten die Klägerin und das HZA den Rechtsstreit auch insoweit für erledigt.
Entscheidungsgründe
Der dem Verfahren beigetretene Bundesminister der Finanzen (BdF) äußerte sich zur Erledigungsfrage trotz wiederholter Aufforderung durch die Geschäftsstelle des Senats nicht. Es kann dahinstehen, wie dieses Verhalten des BdF zu qualifizieren ist. Denn der Rechtsstreit ist bereits auf Grund der übereinstimmenden Erklärungen der Klägerin und des HZA in der Hauptsache erledigt. Der BdF kann nach § 122 Abs. 2 FGO dem Revisionsverfahren beitreten, wenn dieses eine auf Bundesrecht beruhende Abgabe oder eine Rechtsstreitigkeit über Bundesrecht betrifft. Er erlangt durch seinen Beitritt die Rechte eines Beteiligten im Sinn von § 57 FGO. Nach allgemeiner Meinung stehen sich alle Beteiligten im Verfahren gleichberechtigt gegenüber (vgl. von Wallis-List in Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Anm. 18 zu § 57 FGO; Ziemer-Birkholz, Finanzgerichtsordnung Anm. 37 zu § 57). In der Finanzgerichtsordnung ist nicht näher bestimmt, ob die anderen Beteiligten gegenüber dem Kläger und dem Beklagten in der Vornahme von Prozeßhandlungen beschränkt sind. Ein Beitritt zu einem Verfahren setzt aber seinem Wesen nach voraus, daß bereits ein Verfahren von einem Kläger gegen einen Beklagten eingeleitet ist. Andererseits kann der Beklagte dem Antrag des Klägers im Verlauf des Verfahrens stattgeben, ohne daß dies der Beigetretene prozessual verhindern kann. Diese Möglichkeit hätte er nur außerhalb des gerichtlichen Verfahrens auf Grund seiner Weisungsbefugnis. Demnach haben allein der Kläger und der Beklagte die Verfügung über den Beginn und das Ende des Prozeßrechtsverhältnisses. Hat sich der Rechtsstreit durch ihre übereinstimmenden Erklärungen in der Hauptsache erledigt, so ist für eine Erledigungserklärung des dem Verfahren beigetretenen BdF kein Raum mehr.
Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so ist nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden, wobei der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen ist (§ 138 Abs. 1 FGO). Auf Erstattungsansprüche sind wegen ihrer engen Verknüpfung mit den als Eingangsabgaben geltenden Abschöpfungen in sinngemäßer Anwendung des § 111 Abs. 4 FGO Prozeßzinsen ab Rechtshängigkeit an zu zahlen. Zur Begründung im einzelnen wird auf das hierzu ergangene Urteil des erkennenden Senats vom 11. Dezember 1973 VII R 35/71 (BFHE 111, 286) verwiesen. Da die Klage somit Erfolg gehabt hätte, hat das HZA die Kosen des gesamten Verfahrens zu tragen. Das FG hat die Kosten der Klägerin auferlegt. Infolge der Erledigung der Hauptsache ist die Vorentscheidung gegenstandslos geworden.
Fundstellen