Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Revisionsbegründung; Betriebsaufspaltung
Leitsatz (NV)
1. Zur ordnungsgemäßen Revisionsbegründung bedarf es einer zumindest kurzen Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils, aus der zu erkennen ist, daß der Revisionskläger die Begründung dieses Urteils und seines eigenen Vorbringens überprüft hat (ständige Rechtsprechung des BFH; z. B. BFH-Urteile vom 28. Januar 1971 V R 80/67, BFHE 101, 356, BStBl II 1971, 331; vom 1. Juni 1994 II R 124/90, BFH/NV 1995, 128).
2. Zur Tragweite einer Stimmrechtsklausel bei Betriebsgesellschaft für Annahmen der Betriebsaufspaltung.
Normenkette
FGO § 120 Abs. 2; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 1 (Klägerin zu 1) ist die Erbin, die Klägerin und Revisionsklägerin zu 2 (Klägerin zu 2) ist die Witwe des während des Klageverfahrens verstorbenen A. Dieser hatte bis zum 4. März 1980 einen Einzelhandel mit ... betrieben. Auf dem gepachteten Betriebsgrundstück hatte A in Leichtbauweise verschiedene betrieblich genutzte Gebäude errichtet. Am 5. März 1980 übernahm die neu gegründete A-GmbH (im folgenden: GmbH) den Geschäftsbetrieb. Gesellschafter der GmbH waren A, der 75 v. H. der Geschäftsanteile hielt, und seine Kinder. Anläßlich der Geschäftsübernahme veräußerte A die Ladeneinrichtung, maschinelle Anlagen, den Fuhrpark sowie die geringwertigen Wirtschaftsgüter an die GmbH. Die beim Einzelunternehmen bilanzierten Aufbauten und die Hofbefestigung behielt er zurück und verpachtete sie zunächst befristet bis zum 1. Januar 1990 an die GmbH.
Nach einer Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) die Auffassung, A habe im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte im Streitpunkt keinen Erfolg. Im Klageverfahren trugen die Klägerinnen vor, im Hinblick auf den Beschluß der Gesellschafter vom 5. Januar 1980 fehle es an der personellen Verflechtung. Der Beschluß lautet wie folgt:
"Unabhängig vom Gesellschaftsvertrag wird folgendes beschlossen:
Alle Vereinbarungen zwischen der (GmbH) und Herrn A, bezogen auf das Pachtverhältnis und Unterpachtverhältnis des (Betriebs-)Grundstücks ... und den darauf errichteten Gebäudlichkeiten, bedürfen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Die Beteiligten beschließen, daß für Vereinbarungen in diesem Rechtsverhältnis einstimmige Beschlüsse vorliegen müssen, um solche Vereinbarungen rechtswirksam zustande kommen zu lassen. ... "
Hierzu führten die Klägerinnen aus, man habe sich in der Folgezeit an diese Vereinbarung gehalten, und zwar sowohl bei der Erhöhung des Pachtzinses wie anläßlich von "erheblichen Differenzen" zwischen den Gesellschaftern. Demgegenüber vertrat das FA die Auffassung, der Beschluß vom 5. Januar 1980 sei schon deswegen ohne rechtliche Bedeutung, weil die darin niedergelegten Vereinbarungen nicht in den später abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag übernommen worden seien.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. A sei als alleiniger Inhaber des Betriebsgrundstücks in der Lage gewesen, in der GmbH seinen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen. Es sei unerheblich, daß im Gesellschaftsvertrag der GmbH bestimmt sei, Auflösung und Beschlüsse zur Änderung der Satzung bedürften einer Mehrheit von 90 v. H. der Geschäftsanteile. Maßgeblich sei allein, daß A die Herrschaft über die Geschäfte des täglichen Lebens habe ausüben können; hierfür sei die einfache Mehrheit der Stimmen ausreichend gewesen. Dieser Beurteilung stehe auch nicht der Beschluß vom 5. Januar 1980 entgegen. Es könne dahingestellt bleiben, ob dieser Beschluß im Hinblick auf den späteren Gesellschaftsvertrag noch Gültigkeit habe. Jedenfalls beziehe sich diese Vereinbarung nur auf Beschlüsse zum Pachtverhältnis mit A. Insofern könnten sich die Klägerinnen nicht auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. November 1983 I R 174/79 (BFHE 140, 90, BStBl II 1984, 212) berufen. Der Rechtsauffassung, die dem Inhaber des Besitzunternehmens nur dann einen beherrschenden Einfluß auf die Betriebsgesellschaft zubillige, wenn dieser die rechtlichen Beziehungen zwischen den beiden Unternehmen "nach freien Stücken" gestalten könne, sei nicht zu folgen. Die Beschränkungen hinsichtlich der Gestaltung des Pachtverhältnisses hinderten nur dann eine personelle Verflechtung, wenn sie die Entscheidung des Besitzunternehmers bezüglich der Geschäfte des täglichen Lebens, möglicherweise auch nur faktisch, beeinträchtigten. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Schon vor der Gesellschaftsgründung sei langfristig der Einsatz des Grundstücks zu betrieblichen Zwecken der GmbH festgelegt worden. In dem Beschluß vom 5. Januar 1980 sei zugleich der bereits vorbereitete Pachtvertrag mit einer Laufzeit bis zum 1. Januar 1990 genehmigt worden. Die Kinder des A hätten sich insofern schon vor Gründung der GmbH gebunden. A habe folglich davon ausgehen können, daß er das bisher im eigenen Betrieb genutzte Grundstück auch für die Geschäftstätigkeit der GmbH verwenden könne. Im Pachtvertrag sei eine Erhöhung des Pachtzinses vereinbart gewesen. Eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse sei gegen den Willen des A nicht möglich gewesen. Dem stünden die rechtlichen Aussagen des BFH-Urteils vom 24. Februar 1994 IV R 8--9/93 (BFHE 174, 80, BtBl II 1994, 466) nicht entgegen; diese Entscheidung betreffe die Beteiligungsverhältnisse und die Relevanz möglicherweise unterschiedlicher Interessen innerhalb der beherrschenden Gesellschaftergruppe. Vorliegend gehe es indes darum, ob A, unterstelle man gegenläufige Interessen seiner Kinder, in der GmbH seinen geschäftlichen Betätigungswillen hätte durchsetzen können. Im übrigen gehe jenes Urteil gleichfalls davon aus, daß auch Minderheitsgesellschafter ein Interesse an der weiteren betrieblichen Verwendung gepachteter Grundstücke haben könnten.
Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügen die Klägerinnen Verletzung des materiellen Rechts. Sie tragen vor: Die Vereinbarung vom 5. Januar 1980 habe "Wirkung über den Gesellschaftsvertrag hinaus". Sie habe "üblicherweise auch keinen Satzungssinn". Die Satzung selbst sehe Einstimmigkeit dort vor, wo A die Minderheitsgesellschafter "hätte aushebeln können", um seinen Willen als Grundstücksverpächter durchzusetzen. Bei allen Veränderungen des Pachtvertrages bedürfe es der Einberufung einer Gesellschafterversammlung. Die "Verpachtungsangelegenheit" sei "aus dem Tagesgeschäft des Geschäftsführers herausgenommen" worden.
Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des FG aufzuheben und die an gefochtenen Bescheide in der Fassung der Einspruchsentscheidung in der Weise zu ändern, daß der für das Streitjahr 1980 erklärte Aufgabegewinn steuerfrei gelassen wird und die Überschüsse aus der Verpachtung der Gebäude als solche aus Vermietung und Verpachtung behandelt werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der gesetzlichen Frist ordnungsgemäß begründet worden ist.
Nach § 120 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen und innerhalb eines weiteren Monats, ggf. innerhalb der durch den Vorsitzenden des zuständigen Senats des BFH verlängerten Revisionsbegründungsfrist zu begründen. Gemäß § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO muß die Revisionsbegründung oder die Revision einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Die erhobene Rüge muß eindeutig erkennen lassen, welche Norm der Revisionskläger für verletzt hält (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 120 Rdnr. 31, m. w. N.). Darüber hinaus muß der Revisionskläger neben der Rüge eines konkreten Rechtsverstoßes die Gründe tatsächlicher oder rechtlicher Art angeben, die nach seiner Auffassung das erst instanzliche Urteil als unrichtig erscheinen lassen. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck des § 120 Abs. 2 FGO, das Revisionsgericht zu entlasten und den Revisionskläger zu zwingen, Inhalt, Umfang und Zweck des Revisionsangriffs von vornherein klarzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 8. Mai 1985 I R 108/81, bFHE 144, 40, BStBl II 1985, 523). Zur ordnungsgemäßen Revisionsbegründung bedarf es einer zumindest kurzen Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils, aus der zu erkennen ist, daß der Revisionskläger die Begründung dieses Urteils und sein eigenes Vorbringen überprüft hat (ständige Rechtsprechung; vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, a. a. O., § 120 Rdnr. 32). Der Revisionskläger muß im einzelnen dartun, welche Ausführungen der Vorinstanz aus welchen Gründen unrichtig sein sollen (BFH-Beschlüsse vom 16. Oktober 1984 IX R 177/83, BFHE 143, 196, BStBl II 1985, 470; vom 19. Februar 1992 X R 164/90, BFH/NV 1992, 536).
Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Revisionsbegründung der Klägerinnen nicht.
Die Klägerinnen stellen den Urteilsgründen, die diesen Punkt offen gelassen haben, nicht näher erläuterte Behauptungen zur "Wirkung" der Vereinbarung vom 5. Januar 1980 zur Üblichkeit eines "Satzungssinns" entgegen. Die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher sachlichen Hinsicht A aufgrund der Stimmrechtsvereinbarung gehindert war, seinen geschäftlichen Willen als Grundstücksverpächter durchzusetzen, hat das FG nach detaillierten Überlegungen zur gegenständlichen Reichweite der Vereinbarung verneint. Die Klägerinnen haben sich mit dieser rechtlichen Aussage nicht auseinandergesetzt, sondern sich darauf beschränkt, ihre Rechtsbehauptung aufgrund des Beschlusses vom 5. Januar 1980 habe A die Minderheitsgesellschafter "nicht aushebeln können", zu wiederholen. Ob ihre Auffassung zutrifft, die das Pachtverhältnis betreffenden Rechtsgeschäfte seien "aus dem Tagesgeschäft des Geschäftsführers herausgenommen", kann hier dahingestellt bleiben, weil auch die Entscheidungserheblichkeit einer solchen Tatsachenwürdigung weder dargelegt noch anderweitig erkennbar ist. Diese Argumentation läßt keine gedankliche Verbindung zu der das Urteil tragenden Darlegung des FG erkennen, die Minderheitsgesellschafter hätten die Entschließungsfreiheit des A jedenfalls hinsichtlich der "Geschäfte des täglichen Lebens" nicht beeinträchtigen können.
Die Erläuterungen in dem nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist eingereichten Schriftsatz vom 20. Oktober 1994 ergänzen den Inhalt der Revisionsschrift nicht in der Weise, daß die verfahrensrechtlich gebotene inhaltliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils im nachhinein verdeutlicht würde.
Fundstellen
Haufe-Index 421507 |
BFH/NV 1996, 893 |