Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Zulässigkeit einer NZB
Leitsatz (NV)
1. Zur schlüssigen Erhebung der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs gehört u. a., daß substantiiert dargelegt wird, wozu sich der Beteiligte nicht hat äußern können. Zur Zulässigkeit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ohne vorherige Ankündigung gemäß § 94 a FGO liegt gefestigte Rechtsprechung vor.
2. Zur hinreichenden Bezeichnung eines Verfahrensmangels i. S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO ist die Darlegung erforderlich, daß die angefochtene Entscheidung auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, §§ 94a, 96 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Gründe
...
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat die Verfahrensmängel, die die Zulassung der Revision rechtfertigen sollen, nicht i. S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO hinreichend bezeichnet.
1. Der Kläger macht geltend, das FG habe ihm kein rechtliches Gehör gewährt, weil es keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe, in der Widersprüche, die in den Akten allgemein enthalten seien, hätten geklärt werden können, und weil es bestimmte Umstände (Erforderlichkeit der mathematischen Berechnung des erlangten Zinsvorteils; kurze Dauer der Verspätung) nicht berücksichtigt habe.
Damit hat der Kläger eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 des Grundgesetzes -- GG --, § 96 Abs. 2 FGO) nicht schlüssig gerügt.
Zur schlüssigen Erhebung einer solchen Rüge gehört, daß substantiiert dargelegt wird, wozu sich der Beteiligte nicht hat äußern können und was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte. Außerdem muß dargetan werden, daß bei Gewährung des rechtlichen Gehörs eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. für den ähnlichen Fall der Sachaufklärungsrüge Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 5. Juni 1991 II B 180/90, BFH/NV 1992, 397, und vom 27. Dezember 1993 V B 82/92, BFH/NV 1995, 398; siehe auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 119 Anm. 13 m. w. N.). An derartigen substantiierten Darlegungen fehlt es vorliegend. Deshalb ist es auch nicht notwendig, auf die Frage einzugehen, ob das FG § 94 a FGO verletzt hat, zumal dazu gefestigte Rechtsprechung vorliegt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 5. Juni 1986 IX R 152/84, BFH/NV 1986, 629 -- zu Art. 3 § 5 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit --; vom 10. Januar 1995 IV B 90/94, BFH/NV 1995, 802; vom 11. Januar 1995 II B 64/94, BFH/NV 1995, 705, und vom 16. Juni 1995 X B 237/94, BFH/NV 1995, 1062).
Mit seinem Vorbringen, "bestimmte Tatbestände (seien) nicht sachgemäß gewürdigt" worden, macht der Kläger nicht Verletzung rechtlichen Gehörs, sondern eine fehlerhafte Würdigung durch das FG geltend. Eine Nichtbeachtung oder fehlerhafte Anwendung von Verfahrensvorschriften ist damit nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen bezeichnet.
2. Soweit der Kläger rügt, das FG habe den Sachverhalt nicht zutreffend ermittelt und die beantragte Beweiserhebung zu Unrecht nicht durchgeführt, hätte er zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (Verstoß gegen § 76 Abs. 1 FGO) nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO im einzelnen die ermittlungsbedürftigen Tatsachen, die angebotenen Beweismittel und die Beweisthemen angeben müssen. Ferner war darzulegen, was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre und weshalb das Urteil des FG -- ausgehend von dessen materiell-rechtlicher Auffassung -- auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Urteil vom 31. Juli 1990 I R 173/83, BFHE 162, 236, BStBl II 1991, 66; vgl. Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, Rz. 226 und Klein/Ruban, Der Zugang zum Bundesfinanzhof, Rdnr. 170). Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerde nicht.
3. Auch soweit der Kläger rügt, das FG habe seinem Urteil nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt und damit gegen § 96 Abs. 1 FGO verstoßen, hat der Kläger mit der Beschwerde nicht dargetan, daß die angefochtene Entscheidung auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann.
4. Das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 12. Juli 1995 ist nicht zu berücksichtigen. Bei der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde dürfen nur die innerhalb der nicht verlängerbaren (vgl. BFH-Beschluß vom 7. Februar 1977 IV B 62/76, BFHE 121, 171, BStBl II 1977, 291) Monatsfrist nach Zustellung der Vorentscheidung (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO) vom Beschwerdeführer dargelegten oder bezeichneten Gründe beachtet werden. Nach Ablauf der Beschwerdefrist sind nur Erläuterungen und Vervollständigungen von rechtzeitig geltend gemachten Zulassungsgründen möglich (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Anm. 55). Das setzt voraus, daß innerhalb der Beschwerdefrist den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt ist.
Fundstellen
Haufe-Index 420973 |
BFH/NV 1996, 330 |