Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückweisung eines Prozessvertreters nach Widerruf der Bestellung zum Steuerberater; Kostenentscheidung
Leitsatz (NV)
- Das FG kann nach § 62 Abs. 2 Satz 2 FGO einen Prozessbevollmächtigten zurückweisen, dessen Bestellung zum Steuerberater während des Klageverfahrens rechtskräftig widerrufen wurde (Anschluss an BFH-Beschluss vom 11. Februar 2003 VII B 330/02, VII S 41/02, BStBl II 2003, 422, BFH/NV 2003, 714).
- Eine nach Widerruf der Bestellung durch den Prozessbevollmächtigten erteilte Untervollmacht ist unwirksam.
- Die Kosten des durch den ‐ unwirksam bestellten ‐ Unterbevollmächtigten eingeleiteten Rechtsmittelverfahrens hat der Prozessbevollmächtigte zu tragen.
Normenkette
FGO § 62; StBerG § 3 Nr. 1
Tatbestand
I. Der Beschwerdeführer zu 2. hatte namens des Beschwerdeführers zu 1., ohne eine schriftliche Vollmacht vorzulegen, mehrere Klagen erhoben. Nach Klageerhebung wurde seine Bestellung zum Steuerberater widerrufen. Klage und Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Widerruf der Bestellung hatten keinen Erfolg. Der Beschwerdeführer zu 2. wurde daraufhin im August 2002 als Steuerberater im Berufsregister der Steuerberaterkammer gelöscht.
Nachdem das Finanzgericht (FG) von diesen Vorgängen Kenntnis erhalten hatte, wies es den Beschwerdeführer zu 2. gemäß § 62 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als Prozessbevollmächtigten zurück. Er sei nicht mehr befugt, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten. Mit der Zurückweisung seiner Nichtzulassungsbeschwerde sei der Widerruf der Bestellung unanfechtbar geworden. Dahin gestellt bleiben könne, ob er als Belastingadviseur und Belastingconsulent in den Niederlanden und Belgien zugelassen sei. Die Zulassung nach dortigem Recht berechtige nicht zur Hilfeleistung in Steuersachen im Inland.
Gegen die Zurückweisungsbeschlüsse wendet sich der Beschwerdeführer zu 2. im Namen des Beschwerdeführers zu 1. und im eigenen Namen. Er bevollmächtigte zwei Rechtsanwälte, denen er zugleich Untervollmacht für die Vertretung des Beschwerdeführers zu 1. erteilte. Der Widerruf der Bestellung beruhe auf unzutreffenden Annahmen. Er sei noch nicht unanfechtbar, da gegen ihn Verfassungsbeschwerde eingelegt und Wiederaufnahmeklage sowie Klage beim Europäischen Gerichtshof erhoben worden sei. Im Übrigen sei der Beschwerdeführer zu 2. nach § 3 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt.
Der Beklagte (das Finanzamt ―FA―) hält die Beschwerde mangels Postulationsfähigkeit für unzulässig.
Entscheidungsgründe
II. Die Verfahren XI B 206/02, XI B 207/02 und XI B 208/02 werden in entsprechender Anwendung des § 121 i.V.m. § 73 Abs. 1 FGO zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
1. Die Beschwerden des Beschwerdeführers zu 2. sind unbegründet.
Das FG hat den Beschwerdeführer zu 2. zu Recht gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 FGO als Bevollmächtigten zurückgewiesen, weil er nach rechtskräftigem Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater nach den Vorschriften des StBerG nicht mehr zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt war. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen im Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. Februar 2003 VII B 330/02, VII S 41/02 an. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den in der Anlage beigefügten Beschluss Bezug genommen. Der Beschwerdeführer zu 2. hat auch im Streitfall keine grenzüberschreitende, vorübergehende Dienstleistung für den Beschwerdeführer zu 1. erbracht.
2. Die Beschwerden des Beschwerdeführers zu 1. sind unzulässig.
Soweit der Beschwerdeführer zu 2. den Beschwerdeführer zu 1. vertritt, fehlt es an einer Vertretung durch eine gemäß § 62a Abs. 1 FGO befugte Person i.S. des § 3 Nr. 1 StBerG. Soweit der Beschwerdeführer zu 2. namens des Beschwerdeführers zu 1. den von ihm bevollmächtigten Prozessvertretern Untervollmacht erteilt hat, ist die Bevollmächtigung unwirksam (BFH-Beschluss vom 16. Oktober 1984 IX B 49/84, BFHE 142, 355, BStBl II 1985, 215).
3. Die Kosten der Verfahren hat der Beschwerdeführer zu 2. zu tragen. Zwar haften bei einer Mehrzahl von Rechtsmittelführern diese gemäß § 58 Abs. 1, § 59 des Gerichtskostengesetzes gesamtschuldnerisch. Abweichend von § 135 Abs. 2 FGO hat jedoch nach ständiger Rechtsprechung des BFH in Fällen vollmachtloser Vertretung der vollmachtlose Vertreter die Kosten eines unzulässigen Rechtsmittels zu tragen, wenn und weil er die erfolglose Prozessführung veranlasst hat (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 21. April 1999 VII B 313/98, BFH/NV 1999, 1358; vom 10. November 1966 V R 46/66, BFHE 87, 1, BStBl III 1967, 5). Der Beschwerdeführer zu 2. hat im Streitfall durch eine unwirksame Bevollmächtigung der Prozessbevollmächtigten die Unzulässigkeit der Beschwerden des Beschwerdeführers zu 1. veranlasst. Ihm war auch der Grund für die unwirksame Unterbevollmächtigung, nämlich den Widerruf seiner eigenen Bestellung zum Steuerberater, bekannt. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer zu 2. auch in den Klageverfahren keine Prozessvollmacht für den Beschwerdeführer zu 1. vorgelegt.
Fundstellen
Haufe-Index 962732 |
BFH/NV 2003, 1335 |