Leitsatz (amtlich)
Die Kündigung des Vollmachtvertrags zwischen dem Beteiligten und seinem Prozeßbevollmächtigten wird dem Gericht gegenüber erst durch die Anzeige des Erlöschens der Vollmacht wirksam.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 3
Tatbestand
Die Kläger, ausweislich des angefochtenen Urteils im ersten Rechtszug vertreten durch Rechtsanwalt F. M., haben gegen dieses Urteil durch ihren damaligen Prozeßbevollmächtigten, Rechtsanwalt F. M., Rechtsbeschwerde eingelegt und begründet. Der BFH hat die Rechtsbeschwerde, die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist, durch Vorbescheid II 59/65 vom 9. Juni 1970 als unbegründet zurückgewiesen. Der Vorbescheid ist Rechtsanwalt F. M. ausweislich der Postzustellungsurkunde (PZU) am 5. August 1970 in der Weise zugestellt worden, daß er bei dessen Abwesenheit im Geschäftslokal der Angestellten X übergeben wurde. Durch Schriftsatz vom 8. Oktober 1970 teilte Rechtsanwalt G. N. unter Vorlage einer Vollmacht der Kläger mit, diesen sei die Zustellung des Vorbescheides unbekannt. Nach Belehrung über die erfolgte Zustellung nahmen die Kläger den Standpunkt ein, dieser sei ihnen gegenüber unwirksam, da sie schon seit Jahren von Rechtsanwalt F. M. nicht mehr vertreten würden. Sie haben deshalb mündliche Verhandlung beantragt.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Der Antrag ist unzulässig.
Gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 FGO kann jeder der Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Vorbescheides mündliche Verhandlung beantragen. Diese Frist ist in bezug auf die an Rechtsanwalt F. M. erfolgte Zustellung nicht eingehalten. Die Frage ist somit allein, ob diese Zustellung wirksam war. Diese Frage ist zu bejahen.
Gemäß § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO sind, wenn ein Beteiligter einen Prozeßbevollmächtigten bestellt hat, die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an diesen zu richten. Das ist hier geschehen. Die Vollmacht des Prozeßbevollmächtigten Rechtsanwalt F. M., der auch die Revision eingelegt hat, war im Zeitpunkt der Zustellung an diesen dem Gericht gegenüber noch nicht erloschen. Denn auf Grund des § 62 Abs. 3 FGO (vgl. § 155 FGO, § 87 Abs. 1 ZPO; § 102 Abs. 2 AO, § 170 BGB) erlangt die Kündigung des Vollmachtvertrags dem Gericht gegenüber erst durch die Anzeige des Erlöschens der Vollmacht rechtliche Wirksamkeit. Eine solche Anzeige lag dem BFH bis zum 5. August 1970 nicht vor. Sie ist erst mit dem Schriftsatz des neuen Prozeßbevollmächtigten der Kläger, Rechtsanwalt G. N., vom 16. Dezember 1970 eingegangen. Die am 5. August 1970 an Rechtsanwalt F. M. bewirkte Zustellung war daher den Klägern gegenüber wirksam.
Demnach haben die Kläger gegen den Vorbescheid vom 9. Juni 1970 nicht rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt. Der Vorbescheid wirkt daher als Urteil (§§ 121, 90 Abs. 3 Satz 3 FGO). Der von den Klägern durch ihren neuen Prozeßbevollmächtigten gestellte Antrag auf mündliche Verhandlung war demnach wegen Verspätung als unzulässig zu verwerfen.
Fundstellen
Haufe-Index 69220 |
BStBl II 1971, 403 |
BFHE 1971, 469 |