Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur hinreichenden Konkretisierung einer Prozeßvollmacht
Leitsatz (NV)
Fehlt in einer - ansonsten ordnungsgemäß erstellten - Vollmachtsurkunde lediglich der Hinweis auf das konkrete gerichtliche Verfahren, so ist dies unschädlich, wenn die Prozeßvollmacht einem den Rechtsstreit betreffenden Schriftsatz mit den erforderlichen Angaben beigeheftet wird.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 1, 3
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Die Zulässigkeit ist insbesondere deshalb zu bejahen, weil es nicht an der als Prozeßvoraussetzung notwendigen Vorlage einer ordnungsgemäßen Prozeßvollmacht für das Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) fehlt.
Die vom Bevollmächtigten der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) in dem Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) vorgelegte Vollmacht ermächtigte den Bevollmächtigten (u. a.) auch zum Einlegen einer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision gegen das die Klage (als unzulässig) abweisende Urteil des FG.
Diese Vollmacht ist - entgegen der vom FG vertretenen Auffassung - ordnungsgemäß. Sie läßt im Wege der Auslegung erkennen, wer bevollmächtigt hat, wer bevollmächtigt ist und wozu er bevollmächtigt wurde (vgl. dazu BFH-Urteil vom 10. März 1988 IV R 218/85, BFHE 153, 195, BStBl II 1988, 731 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Vollmacht weist einen hinreichend konkreten Bezug zu dem Klageverfahren vor dem FG und zu dem hier in Frage stehenden Beschwerdeverfahren vor dem BFH auf. Die Kläger haben darin ihren (namentlich benannten) Bevollmächtigten u. a. ermächtigt, sie in ihren Steuerangelegenheiten vor allen Gerichten zu vertreten. Der konkrete Bezug zum vorliegenden Rechtsstreit ergibt sich schon daraus, daß die Vollmacht - nach ihrem äußeren Erscheinungsbild - einem Schriftsatz beigeheftet war, in dem zum einen der Rechtsstreit genau bezeichnet und zum anderen auf die anliegende Vollmacht hingewiesen worden ist. Die hierfür notwendigen Feststellungen konnte der Senat ohne Beachtung der in § 118 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) enthaltenen Einschränkung selbst treffen (BFHE 153, 195, BStBl II 1988, 731 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
Der Senat widerspricht mit der von ihm vertretenen Auffassung nicht den Urteilen des VIII. Senats des BFH vom 17. Juli 1984 VIII R 20/82 (BFHE 141, 463, BStBl II 1984, 802) und des IV. Senats des BFH (BFHE 153, 195, BStBl II 1988, 731), denn diese betrafen einen anderen Sachverhalt. Der VIII. und der IV. Senat hatten jeweils darüber zu befinden, ob eine mit einem Schriftsatz verbundene unvollständige Vollmacht (sog. Blankovollmacht), in der der Name des zu Bevollmächtigenden fehlte, durch die Angaben in dem Schriftsatz ergänzt und vervollständigt werden kann. Im Gegensatz dazu läßt die im Streitfall zu beurteilende Vollmacht erkennen, daß der in ihr genannte Bevollmächtigte nach dem Willen der Vollmachtgeber Rechtsgeschäfte der in Frage stehenden Art grundsätzlich vornehmen darf. Auch der Beschluß des III. Senats des BFH vom 9. Februar 1988 III R 180/82 (BFH/NV 1988, 509), den die Vorinstanz ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat, betrifft einen anderen Sachverhalt. Der III. Senat hat zwar das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Vollmacht für den Fall verneint, daß diese (selbst) keinen konkreten Hinweis auf einen bestimmten Rechtsstreit enthalte und auch keine Generalvollmacht sei. Die Annahme einer Generalvollmacht wiederum hat er abgelehnt, wenn dem Finanzamt (oder dem Gericht) wiederholt Vollmachtsurkunden mit dem gleichlautenden umfassenden Wortlaut vorgelegt worden waren. Den vom III. Senat getroffenen Feststellungen ist jedoch nicht zu entnehmen, daß er einen Sachverhalt zu beurteilen hatte, bei dem die Vollmacht - wie im Streitfall - einem den konkreten Rechtsstreit betreffenden Schriftsatz beigeheftet war.
Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Angabe von Gründen.
Fundstellen
Haufe-Index 423002 |
BFH/NV 1990, 648 |