Entscheidungsstichwort (Thema)
Dritter i.S. von § 174 Abs. 4 und 5 AO 1977
Leitsatz (NV)
Ein Dritter ist an dem zur Änderung oder Aufhebung führenden Verfahren beteiligt, wenn er Verfahrensbeteiligter i.S. der § 359 AO 1977, § 57 FGO ist oder wenn er durch eigene verfahrensrechtliche Initiative auf die Aufhebung oder Änderung des Bescheids hingewirkt hat. Als eigene verfahrensrechtliche Initiative kommen nur Rechtshandlungen im eigenen Namen in Betracht.
Normenkette
AO 1977 § 174 Abs. 4-5
Gründe
Von der Wiedergabe des Sachverhalts wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abgesehen.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt ―FA―) rügt, das Urteil des Finanzgerichts (FG) weiche von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8. Februar 1995 I R 127/93 (BFHE 177, 332, BStBl II 1995, 764) ab. Das FA macht damit als Grund für die Zulassung der Revision das Erfordernis einer BFH-Entscheidung zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 FGO). Die gerügte Divergenz liegt jedoch nicht vor.
Nach der Entscheidung des FG ist ein Dritter an der Aufhebung eines Steuerbescheids i.S. des § 174 Abs. 4 und 5 der Abgabenordnung (AO 1977) nur beteiligt, wenn er ―abgesehen von der förmlichen Hinzuziehung oder der Beiladung― im eigenen Namen einen entsprechenden Aufhebungsantrag gestellt hat. Beantrage ein Gesellschafter im Namen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) die Aufhebung eines gegen die GbR ergangenen Gewerbesteuermessbescheides, sei er nicht Beteiligter dieses Verfahrens i.S. des § 174 Abs. 5 AO 1977. Entgegen der Auffassung des FA widersprechen diese Rechtssätze nicht den Rechtssätzen im BFH-Urteil in BFHE 177, 332, BStBl II 1995, 764.
Der BFH hat in dieser Entscheidung ausgeführt, ein Dritter sei an dem zur Änderung oder Aufhebung führenden Verfahren nicht nur dann beteiligt, wenn er Verfahrensbeteiligter i.S. des § 359 AO 1977 oder § 57 FGO sei, sondern auch, wenn er durch "eigene verfahrensrechtliche Initiative auf die Aufhebung oder Änderung des Bescheides hingewirkt hat, z.B. indem er den entsprechenden Aufhebungs- und Änderungsantrag gestellt hatte (s. § 78 Nr. 1 AO 1977; vgl. BFH-Urteil vom 5. Mai 1993 X R 111/91, BFHE 171, 400, BStBl II 1993, 817)".
Der Hinweis auf das Urteil in BFHE 171, 400, BStBl II 1993, 817 macht deutlich, dass als eigene verfahrensrechtliche Initiative nur Rechtshandlungen im eigenen Namen in Betracht kommen. Denn nach dem in Bezug genommenen Urteil des X. Senats ist nicht beteiligt, wer nur in seiner Eigenschaft als Mitgesellschafter oder Prozessvertreter einer GbR in das von dieser betriebene Verfahren eingeschaltet war.
Im Urteil vom 27. März 1996 I R 100/94 (BFH/NV 1996, 798), das wie das Urteil in BFHE 177, 332, BStBl II 1995, 764 Gewerbesteuermessbescheide an eine atypisch stille Gesellschaft betrifft, hat der I. Senat diese Auffassung bestätigt. Denn er hat die Beteiligung der Unternehmerin an der Aufhebung der Gewerbesteuermessbescheide ausdrücklich damit begründet, dass der von ihr erhobene Einspruch, auch wenn sie ihn unter dem Betreff der stillen Gesellschaft eingelegt habe, als ihr eigener Rechtsbehelf auszulegen sei, da eine "GmbH & atypisch Still" als reine Innengesellschaft nicht selbst Beteiligte in einem Verfahren wegen Gewerbesteuer sein könne (vgl. ferner BFH-Beschluss vom 14. Februar 2001 I B 136/00, BFH/NV 2001, 1005, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 952737 |
BFH/NV 2003, 1142 |