Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde: Verlängerung der Begründungsfrist
Leitsatz (NV)
- Die Entscheidung über die Verlängerung der Begründungsfrist für eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO ist eine Ermessensentscheidung des Vorsitzenden ("kann"). Der Beschwerdeführer kann daher nicht darauf vertrauen, dass seinem Verlängerungsantrag entsprochen wird.
- Auch wenn ein Beschwerdeführer beantragt hat, die Beschwerdebegründungsfrist "stillschweigend" zu verlängern, muss er sich rechtzeitig vor Ablauf der Frist vergewissern, ob seinem Antrag entsprochen worden ist.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 3 S. 4
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 16.10.2003; Aktenzeichen 6 K 1172/02) |
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wegen Umsatzsteuer 1995 bis 1997 durch Urteil vom 16. Oktober 2003 6 K 1172/02 ab. Gegen das ihr am 17. November 2003 zugestellte Urteil legte die Klägerin am 11. Dezember 2003 Nichtzulassungsbeschwerde ein.
Mit Schreiben vom 29. Januar 2004 teilte die Geschäftsstelle des Senats der Klägerin mit, dass die Begründungsfrist für die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 116 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) am 19. Januar 2004 abgelaufen sei und eine Begründung bisher nicht vorliege; ferner wurde auf § 56 FGO hingewiesen.
Am 30. Januar 2004 begründete die Klägerin (per Fax) ihre Beschwerde. Sie beantragte, die Revision "zur Fortbildung des Rechts bzw. der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" zuzulassen. Am 8. Februar 2004 ging ein weiteres Schreiben der Klägerin beim Bundesfinanzhof (BFH) ein. Darin hieß es u.a.: "Offensichtlich liegt Ihnen mein Schreiben vom 19.12.03 nicht vor. Das Schreiben ist deshalb nochmals als Kopie beigefügt." Rein vorsorglich werde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. In dem beigefügten Schreiben vom 19. Dezember 2003 ―das nicht beim BFH eingegangen ist― beantragte die Klägerin für die Begründung ihrer Beschwerde "stillschweigende Fristverlängerung bis zum 10.02.04".
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig.
1. Nach § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem BFH einzureichen (§ 116 Abs. 3 Satz 2 FGO). In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden (§ 116 Abs. 3 Satz 4 FGO).
2. Im Streitfall ist die Beschwerdebegründung nicht fristgerecht eingegangen.
Die Frist für die Begründung der Beschwerde (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO) lief im Streitfall am 19. Januar 2004 ab. Die Beschwerdebegründung ging dagegen erst am 30. Januar 2004 beim BFH ein.
Die Beschwerdefrist ist nicht gemäß § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO verlängert worden. Ein Antrag auf Fristverlängerung ist vor deren Ablauf nicht beim BFH eingegangen. Selbst wenn das von der Klägerin am 8. Februar 2004 vorgelegte Schreiben vom 19. Dezember 2003 den BFH erreicht hätte, könnte sich die Klägerin darauf nicht berufen. Denn die Entscheidung über die Verlängerung der Begründungsfrist gemäß § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO ist eine Ermessensentscheidung des Vorsitzenden ("kann"). Die Klägerin konnte daher nicht darauf vertrauen, dass diesem Antrag entsprochen wurde (vgl. zur Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist: BFH-Beschluss vom 12. April 1991 III R 203/90, (BFHE 164, 182, BStBl II 1991, 640). Auch wenn ein Beschwerdeführer beantragt hat, die Beschwerdebegründungsfrist "stillschweigend" zu verlängern, muss er sich rechtzeitig vor Ablauf der Frist vergewissern, ob seinem Antrag entsprochen worden ist (vgl. zur Revisionsbegründungsfrist: BFH-Urteil vom 13. Oktober 1972 I R 99/72, BFHE 107, 107).
3. Überdies entspricht die Beschwerdebegründung vom 30. Januar 2004 auch inhaltlich nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Dies hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) in der Beschwerdeerwiderung zutreffend dargelegt.
Fundstellen