Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligung des Betriebs am Besitzunternehmen; Steuerbefreiung für Alten- und Pflegeheime
Leitsatz (NV)
Eine Beteiligung der Betriebs-GmbH als Komplementärin bei der Besitzpersonengesellschaft steht der Annahme einer Betriebsaufspaltung zwischen den beiden Unternehmen nicht entgegen. Ist Gegenstand des Betriebs der GmbH ein Alten- und Pflegeheim, so ist der Gewinn des Besitzunternehmens nicht deshalb steuerbefreit, weil der Gewinn der Betriebs-GmbH steuerbefreit ist.
Normenkette
GewStG § 3 Nr. 20; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, vermietete in den Streitjahren mehrere Grundstücke und Gebäude an ihre Komplementär-GmbH. Diese betrieb auf den Grundstücken Alten- und Pflegeheime, die, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, nach § 3 Nr. 20 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) von der Gewerbesteuer befreit sind. Gesellschafter der KG sind außer der GmbH als einziger Komplementärin und Geschäftsführerin die Eheleute X und Y sowie deren Sohn Z als Kommanditisten. X, Y und Z sind alleinige Gesellschafter und jeweils alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der GmbH. Die GmbH war am Gesellschaftsvermögen der KG nicht beteiligt und erhielt Aufwendungsersatz und eine Haftungsvergütung in Höhe von 3 v. H. ihres haftenden Kapitals.
Die Klägerin ging in ihren Feststellungserklärungen für die Streitjahre (1982 bis 1984) von einer Betriebsaufspaltung zwischen ihr als Besitz- und der GmbH als Betriebsgesellschaft aus, betrachtete die Gewinne aus ihrer Vermietungstätigkeit jedoch als gewerbesteuerfrei nach § 3 Nr. 20 GewStG und gab deshalb auch keine Gewerbesteuererklärungen ab.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) war demgegenüber der Auffassung, die Befreiungsvorschrift gelte für die Klägerin nicht, da diese keine Einkünfte aus dem Betrieb von Alten- und Pflegeheimen, sondern aus der Vermietung von Grundstücken an ein anderes Unternehmen, nämlich die GmbH, erziele. Es ergingen entsprechende Gewerbesteuermeßbescheide. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) führte aus, die Tätigkeit der Klägerin sei gewerblich. Zwar komme die Vorschrift des § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Streitfall nicht zur Anwendung. Diese Vorschrift sei nach § 36 Abs. 2 GewStG i. d. F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 für Erhebungszeiträume vor 1986 nicht anzuwenden. Es seien jedoch, wie das FG näher ausführt, die Voraussetzungen des Rechtsinstituts der Betriebsaufspaltung gegeben.
Am Vorliegen einer Betriebsaufspaltung ändere auch nichts die Doppelfunktion der GmbH. Dazu führte das FG u. a. aus:
- Wie die Klägerin zu Recht selbst ausführe, übe die GmbH eine Doppelfunktion aus. Sie beteilige sich an der KG lediglich mit ihrer Dienstleistung als geschäftsführungs- und vertretungsbefugte Komplementärin, während sie weiterhin als eigenen Geschäftsbetrieb die Alten- und Pflegeheime betreibe. Bei dieser Konstellation seien die Gewinne der GmbH aus dem Betrieb der Alten- und Pflegeheime nicht in die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der GmbH & Co. einzubeziehen. Die GmbH betreibe die Alten- und Pflegeheime nicht für Rechnung der KG. Der Gewinnfeststellung der KG seien nur die von der KG selbst aufgrund ihrer eigenen Verpachtungstätigkeit erwirtschafteten Gewinne zugrunde zu legen.
- Entgegen der Auffassung der Klägerin kämen die Grundsätze einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung (Vorrang der Mitunternehmerschaft vor den Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung) nicht zur Anwendung, da die Betriebsgesellschaft in der Form einer Kapitalgesellschaft und nicht einer Personengesellschaft betrieben werde.
Das FG hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen und der Beschwerde dagegen nicht abgeholfen.
Dagegen wendet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, mit der geltend gemacht wird, das FG-Urteil weiche vom Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. April 1985 IV R 36/82 (BFHE 144, 20, BStBl II 1985, 622) und vom Beschluß des Großen Senats vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) ab.
Zur Begründung der Beschwerde macht die Klägerin weiterhin geltend, die Betriebsaufspaltung werde durch die Mitunternehmerschaft verdrängt. Die GmbH sei insgesamt, d. h. mit ihrer gesamten unternehmerischen Tätigkeit, Mitunternehmerin der KG geworden. Die Tätigkeit dieser Mitunternehmerschaft sei einheitlich zu beurteilen und insgesamt nach § 3 Nr. 20 GewStG von der Gewerbesteuer befreit. Damit weiche das FG vom BFH-Urteil in BFHE 144, 20, BStBl II 1985, 622 ab, wonach das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung durch die Mitunternehmerschaft verdrängt werde, sowie vom Beschluß des Großen Senats in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, wonach maßgebend für die Besteuerung die Mitunternehmerschaft sei.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn das Urteil des FG von einer Entscheidung des BFH abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt nur vor, wenn das FG in einer Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH. Das FG muß seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden rechtlichen Erwägungen einer Entscheidung des BFH nicht übereinstimmt (vgl. z. B. BFH-Beschlüsse vom 20. Februar 1980 II B 26/79, BFHE 129, 213, BStBl II 1980, 211, und vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).
Im Streitfall liegt eine Abweichung in diesem Sinne nicht vor. Eine GmbH kann einen eigenen Betrieb unterhalten (im Streitfall den Betrieb von Alten- und Pflegeheimen auf gepachteten Grundstücken) und sich gleichzeitig als Gesellschafterin (Mitunternehmerin) an einem anderen Unternehmen in der Rechtsform der Personengesellschaft (im Streitfall am Verpachtungsbetrieb der GmbH & Co. KG) beteiligen. Bei dieser Gestaltung wird der eigene Betrieb der GmbH nicht Bestandteil eines als einheitlich zu wertenden Gewerbebetriebs, sondern behält wie auch sonst bei der Betriebsaufspaltung (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63, und seitdem ständige Rechtsprechung des BFH, z. B. Urteil vom 8. März 1989 X R 9/86, BFHE 156, 443, BStBl II 1989, 714) grundsätzlich seine rechtliche Selbständigkeit. Eine Abweichung von dem BFH-Urteil in BFHE 144, 20, BStBl II 1985, 622 ist nicht gegeben. Eine ,,mitunternehmerische" Betriebsaufspaltung wie im Falle des Urteils in BFHE 144, 20, BStBl II 1985, 622 liegt im Streitfall nicht vor, da Betriebsgesellschaft nicht eine Personen-, sondern eine Kapitalgesellschaft ist. Ebensowenig weicht das FG von dem Beschluß des Großen Senats in 141, 405, BStBl II 1984, 751 ab. Aus dieser Entscheidung ergibt sich kein Rechtssatz des Inhalts, daß bei Beteiligung einer Kapitalgesellschaft an einer GmbH & Co. KG die eigene gewerbliche Tätigkeit der GmbH und die Tätigkeit der Personengesellschaft eine einheitliche Mitunternehmerschaft bildeten.
Auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist nicht erkennbar. Durch die Rechtsprechung des BFH ist, wie dargelegt, hinreichend geklärt, daß bei Vorliegen der Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung das Besitzunternehmen und das Betriebsunternehmen grundsätzlich als rechtlich selbständige Gewerbebetriebe zu behandeln sind.
Danach war die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 418032 |
BFH/NV 1992, 333 |