Entscheidungsstichwort (Thema)
Abbruchkosten
Leitsatz (NV)
Abbruchkosten und laufende Aufwendungen für ein Einfamilienhaus, das vom Erben 1986 abgerissen wird, sind weder als nachträgliche noch als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn der Steuerpflichtige mit dem alten Einfamilienhaus keine Einkünfte erzielt hat und mit dem neuen Einfamilienhaus -- wegen Wegfalls der Nutzungswertbesteuerung -- künftig keine Einkünfte erzielen wird.
Normenkette
EStG §§ 7, 9, 21
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Erbe seiner 1984 verstorbenen Tante. Er erhielt aus dem Nachlaß ein Grundstück, das mit einem Einfamilienhaus bebaut war. Die Tante hatte das Einfamilienhaus bis zu ihrem Tode bewohnt, danach bewohnte es ihr Lebensgefährte bis zu seinem Tode im November 1984. Anschließend stand das Einfamilienhaus leer. Der Kläger beauftragte Ende 1986 ein Abbruchunternehmen mit der Entrümpelung und dem Abriß des Hauses und leistete hierfür im Dezember 1986 eine Anzahlung von ... DM. 1987 und 1988 ließ er ein neues Einfamilienhaus errichten, das er selbst nutzen wollte.
Er machte in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1986 Werbungskosten von ... DM bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend, u. a. die Anzahlung auf die Entrümpelungs- und Abbruchkosten, Absetzungen für Abnutzung (AfA) für den Altbau, ferner Grundsteuer, Aufwendungen für Stadtreinigung, Feuerversicherung, Wassergeld und Zahlungen an die Bezirkskasse.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) setzte für das Streitjahr keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung an, weil das Grundstück nicht mehr der Einkünfteerzielung gedient habe. Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanz gerichte (EFG) 1991, 610 veröffentlichten Urteil statt.
Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung des § 7 Abs. 4 Sätze 1 und 3, § 9 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 Nr. 2 und Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage in dem mit der Revision begehrten Umfang (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Die Vorentscheidung verletzt § 9 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG. Das FG hat zu Unrecht die Abbruchkosten und die laufenden Aufwendungen auf das Grundstück als Werbungskosten beurteilt.
1. a) Die Anzahlung auf die Abbruchkosten ist nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Werbungskosten sind nach dieser Vorschrift Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Der erkennende Senat hat die Vorschrift in ständiger Rechtsprechung dahin ausgelegt, daß als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich alle Aufwendungen zu beurteilen sind, bei denen objektiv ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung besteht und die subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 21. Juni 1994 IX R 62/91, BFH/NV 1995, 108, Abschn. 1, m. w. N.). Die Abbruchkosten stehen nicht in dem erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhang mit früheren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Der Kläger hat das abgebrochene Einfamilienhaus weder vermietet noch selbst genutzt. Der Nutzungswert des abgebrochenen Einfamilienhauses (§ 21 Abs. 2 Satz 1 EStG) war zunächst der Erblasserin und nach deren Tod ihrem Lebensgefährten zuzurechnen, der -- wie sich aus den Gesamtumständen ergibt -- das Einfamilienhaus aufgrund einer gesicherten Rechtsposition nutzte. Nach dem Tod des Lebensgefährten stand das Haus leer, so daß weder Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung noch ein Nutzungswert zu versteuern waren.
b) Die Abbruchkosten sind auch nicht als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar. Sie stehen nicht im Zusammenhang mit der künftigen Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Ein solcher Zusammenhang ist -- wie der BFH bereits im Urteil vom 6. März 1979 VIII R 110/74 (BFHE 127, 510, BStBl II 1979, 551) für den Abzug von Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) bei Abbruch eines Gebäudes entschieden hat -- erforderlich. Mit der Selbstnutzung des 1987/1988 errichteten Einfamilienhauses erzielte der Kläger nach dem Fortfall der Nutzungswertbesteuerung Ende 1986 keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mehr (§ 52 Abs. 21 Satz 1 EStG i. d. F. des Wohnungseigentumsförderungsgesetzes vom 15. Mai 1986, BGBl I 1986, 730, BStBl I 1986, 278). Aufwendungen, die erst 1986 entstanden sind und mit der Nutzung einer eigenen Wohnung im Zusammenhang stehen, die nach Fortfall der Nutzungswertbesteuerung errichtet wurde, können nicht als vorab entstandene Werbungskosten abgezogen werden, weil sie nicht durch die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung veranlaßt sind.
Dieser Rechtsauffassung des Senats steht sein Urteil vom 4. Juni 1991 IX R 30/89 (BFHE 164, 364, BStBl II 1991, 761 -- Abschn. 5 --) nicht entgegen. Dort ging es um den Abzug von Aufwendungen für ein unbebautes Grundstück, die bereits 1980 bis 1982 angefallen waren, also zu einem Zeitpunkt, als mit dem Wegfall der Nutzungswertbesteuerung noch nicht gerechnet werden konnte. Der Senat hat allerdings dieses Urteil auch in einem Fall angewendet, in dem Aufwendungen im Zusammenhang mit der zukünftigen Selbstnutzung eines Einfamilienhauses (Erschließungskosten) im Veranlagungszeitraum 1986 angefallen waren (Urteil vom 23. November 1993 IX R 142/89, BFH/NV 1994, 314, 315). An der dort vertretenen Rechtsauffassung hält der Senat nicht fest.
c) Ob die Abbruchkosten, soweit sie im Streitjahr angefallen sind, zu den Herstellungskosten des neuen Gebäudes gehören, braucht nicht entschieden zu werden.
2. Das FG hat auch zu Unrecht die laufenden Aufwendungen als Werbungskosten abgezogen. Insoweit gelten die Ausführungen in Abschn. 1 entsprechend. Die Aufwendungen stellen keine nachträglichen Werbungskosten dar, weil der Kläger mit dem abgebrochenen Einfamilienhaus keine Einnahme aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat. Ein Abzug als vorab entstandene Werbungskosten scheidet wegen des Wegfalls der Nutzungswertbesteuerung ebenfalls aus. Soweit es sich um Herstellungskosten des neuen Gebäudes handeln könnte (Sondernutzungsgebühr für die Nutzung des Bürgersteigs anläßlich des Abrisses des alten Gebäudes), kommt ein Abzug als Werbungskosten im Streitjahr schon aus diesem Grund nicht in Betracht.
3. Da das FA seinen Revisionsantrag insoweit eingeschränkt hat, als Werbungskosten von ... DM abgezogen werden sollen, ist das zu versteuernde Einkommen laut Einspruchsentscheidung um diesen Betrag zu vermindern und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen. Das Gericht darf über den Revisionsantrag nicht hinausgehen. Im übrigen ist die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 65453 |
BFH/NV 1996, 302 |