Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpachtete Tankstellen sind keine Betriebsstätten des Verpächters; Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Wahl der AfA-Methode
Leitsatz (amtlich)
1. Verpachtet ein Mineralölunternehmen Tankstellen an Personen, die die an den Tankstellen angebotenen Produkte als selbständige Handelsvertreter vertreiben, so sind regelmäßig weder die Tankstellen insgesamt noch einzelne dort befindliche Einrichtungen Betriebsstätten des Mineralölunternehmens (Anschluss an BFH-Urteil vom 30. Juni 2005 III R 76/03, BFHE 210, 551, BStBl II 2006, 84).
2. Die Inanspruchnahme der degressiven AfA-Methode setzt voraus, dass diese Methode in der Handelsbilanz zu Grunde gelegt wird (Bestätigung des Senatsurteils vom 24. Januar 1990 I R 17/89, BFHE 160, 155, BStBl II 1990, 681).
Normenkette
AO 1977 § 12; EStG § 5 Abs. 1, § 7 Abs. 2; FördG §§ 1, 2 Nr. 2, § 4
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) im Streitjahr (1991) im Fördergebiet Betriebsstätten unterhalten hat und deshalb für dort belegene Einrichtungen eine Sonderabschreibung gemäß § 2 Nr. 2 des Fördergebietsgesetzes (FördG) in Anspruch nehmen kann. Es geht im vorliegenden Verfahren um denjenigen Sachverhalt, der Gegenstand des --die Gewährung einer Investitionszulage betreffenden-- Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. Juni 2005 III R 76/03 (BFHE 210, 551, BStBl II 2006, 84) war. Wegen der vom Finanzgericht (FG) getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird deshalb auf dieses Urteil verwiesen.
Die Klägerin hatte in ihrer hier maßgeblichen Handelsbilanz im Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern, die in Tankstellen im Fördergebiet eingesetzt waren, eine Sonderabschreibung gemäß § 2 Nr. 2 FördG berücksichtigt. Im Besteuerungsverfahren beantragte sie, bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer für das Streitjahr u.a. diese Sonderabschreibung zu berücksichtigen. Sowohl dieses Begehren als auch der Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Investitionszulage für die betreffenden Wirtschaftsgüter waren Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens. Das FG Hamburg hat die Klage mit Urteil vom 28. Oktober 2003 VI 216/01 hinsichtlich beider Streitgegenstände abgewiesen; das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 582 abgedruckt.
Die Klägerin hat das Urteil des FG mit einer Revision angegriffen, die zunächst beim III. Senat des BFH anhängig wurde. Der III. Senat hat mit (nicht veröffentlichtem) Beschluss vom 30. Juni 2005 III R 76/03 das Verfahren wegen Körperschaftsteuer abgetrennt und zuständigkeitshalber an den erkennenden Senat abgegeben.
Die Klägerin verfolgt nunmehr ihr Begehren hinsichtlich der Sonderabschreibung weiter. Hilfsweise begehrt sie im Zusammenhang mit den betreffenden Wirtschaftsgütern eine Absetzung für Abnutzung (AfA) nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG aufzuheben, soweit es die Körperschaftsteuer betrifft, und den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 1991 in der Weise zu ändern, dass bei der Festsetzung der Steuer der dort berücksichtigte Gewinn um 19 597 155 DM gemindert wird;
hilfsweise, das Urteil des FG aufzuheben, soweit es die Körperschaftsteuer betrifft, und den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 1991 in der Weise zu ändern, dass bei der Festsetzung der Steuer der dort berücksichtigte Gewinn um 13 718 009 DM gemindert wird.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und deshalb gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin weder die Sonderabschreibung gemäß § 4 i.V.m. § 2 Nr. 2 FördG noch eine degressive AfA gemäß § 7 Abs. 2 EStG in Anspruch nehmen kann.
1. Nach § 1 FördG kann der Steuerpflichtige u.a. für begünstigte Investitionen i.S. des § 2 FördG, die im Fördergebiet durchgeführt werden, eine Sonderabschreibung nach § 4 FördG vornehmen. In dieser Weise begünstigt sind u.a. die Anschaffung und die Herstellung abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung zum Anlagevermögen einer Betriebsstätte des Steuerpflichtigen im Fördergebiet gehören und während dieser Zeit in einer solchen Betriebsstätte verbleiben (§ 2 Nr. 2 FördG).
2. Im Streitfall geht es um Wirtschaftsgüter, die zum Betriebsvermögen von Tankstellenbetrieben im Fördergebiet gehörten. Das FG hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass diese Betriebe nicht als Betriebsstätten der Klägerin anzusehen sind und dass die Klägerin deshalb für die dort eingesetzten Wirtschaftsgüter keine Sonderabschreibung vornehmen darf.
a) Nach § 2 Nr. 2 FördG kann die in § 1 i.V.m. § 4 FördG vorgesehene Sonderabschreibung nur im Hinblick auf Wirtschaftsgüter vorgenommen werden, die zu einer Betriebsstätte des Steuerpflichtigen gehören. Welche Einrichtungen in diesem Zusammenhang als "Betriebsstätte des Steuerpflichtigen" anzusehen sind, richtet sich nach den Kriterien des § 12 der Abgabenordnung (AO 1977).
b) Das FG hat angenommen, dass die von der Klägerin verpachteten Tankstellen Betriebsstätten der Pächter, nicht aber Betriebsstätten der Klägerin waren. Der III. Senat des BFH ist dem im Hinblick auf das Investitionszulagenrecht, in dem es ebenfalls um das Vorhandensein einer Betriebsstätte i.S. des § 12 AO 1977 geht, gefolgt. Der erkennende Senat schließt sich dieser Beurteilung ebenfalls an.
aa) Er verweist hierzu zunächst auf die Erwägungen des III. Senats. Diese sind aus der bisherigen Rechtsprechung des BFH abgeleitet, von der abzuweichen kein Anlass besteht. Das gilt namentlich insoweit, als ein verpachteter Betrieb regelmäßig nur Betriebsstätte des Pächters, nicht aber Betriebsstätte des Verpächters ist (so schon Senatsbeschluss vom 16. August 1962 I B 223/61 S, BFHE 75, 573, BStBl III 1962, 477 betr. Tankstelle; weitere Nachweise bei Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 12 AO Tz. 15). Dies kann ausnahmsweise anders sein, wenn der Verpächter im Rahmen der Betriebsverpachtung eine eigenbetriebliche Tätigkeit entfaltet, zu der u.a. die Wartung und Pflege der verpachteten Anlagen gehören kann (Senatsbeschluss vom 30. August 1960 I B 148/59 U, BFHE 71, 585, BStBl III 1960, 468; BFH-Urteil in BFHE 210, 551, BStBl II 2006, 84, 86, m.w.N.). Jedoch liegt unter diesem Gesichtspunkt eine Betriebsstätte des Verpächters nur dann vor, wenn die ihm zuzurechnenden Tätigkeiten eine gewisse Nachhaltigkeit aufweisen und über punktuelle und einzelfallbezogene Maßnahmen hinausgehen. Dasselbe gilt im Hinblick auf sonstige vom Verpächter ausgeübte oder ihm zuzuordnende Überwachungs- und Assistenztätigkeiten (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 1962 I B 156/58 S, BFHE 74, 614, BStBl III 1962, 227; BFH-Urteil vom 10. Februar 1988 VIII R 159/84, BFHE 153, 188, BStBl II 1988, 653, 654; Buciek in Beermann/Gosch, AO/FGO, AO § 12 Rz. 13). Im Streitfall hat das FG eine in diesem Sinne "nachhaltige" Tätigkeit der Klägerin auf den verpachteten Tankstellen zu Recht verneint; insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Urteil in BFHE 210, 551, BStBl II 2006, 84 (dortselbst unter II.2.d) verwiesen.
bb) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist im Streitfall nicht entscheidend, ob die Tankstellenpächter als Subunternehmer der Klägerin angesehen werden können. Denn die Tätigkeit eines Subunternehmers an einem bestimmten Ort begründet nicht stets an diesem Ort eine Betriebsstätte des Hauptunternehmers. Vielmehr entsteht eine solche nur dann, wenn der Hauptunternehmer an dem betreffenden Ort eigene betriebliche Handlungen vornimmt. Diese können zwar unter Umständen in einer Überwachung des Subunternehmers bestehen (Senatsbeschluss vom 13. November 1962 I B 224/61 U, BFHE 76, 201, BStBl III 1963, 71); betriebsstättenbegründend sind dahin gehende Maßnahmen des Hauptunternehmers aber wiederum nur dann, wenn sie eine gewisse Nachhaltigkeit aufweisen (Buciek in Beermann/Gosch, a.a.O., AO § 12 Rz. 20, m.w.N.). Diese Voraussetzung liegt nach den Feststellungen des FG, die nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffen worden und deshalb im vorliegenden Verfahren bindend sind (§ 118 Abs. 2 FGO), im Streitfall nicht vor.
cc) Der vom FG vorgenommenen Würdigung steht nicht entgegen, dass einzelne Einrichtungen in den Tankstellen entweder selbsttätig arbeiteten oder ferngesteuert unmittelbar durch die Klägerin betrieben wurden. Die Klägerin weist zwar zu Recht darauf hin, dass eine Betriebsstätte nicht notwendig den Einsatz von Menschen voraussetzt und dass deshalb vollautomatisch arbeitende Anlagen § 12 AO 1977 unterfallen können (BFH-Urteil vom 30. Oktober 1996 II R 12/92, BFHE 181, 356, BStBl II 1997, 12). Im Streitfall geht es aber nicht darum, ob die von der Klägerin bezeichneten Einrichtungen dem Grunde nach die Merkmale einer Betriebsstätte aufweisen; die maßgebliche Frage ist vielmehr, ob sie dem Betrieb des jeweiligen Tankstellenpächters oder unmittelbar dem Unternehmen der Klägerin zuzuordnen sind. Ersteres hat das FG ohne Rechtsfehler angenommen. Der Senat verweist dazu erneut auf das Urteil in BFHE 210, 551, BStBl II 2006, 84 (dortselbst unter II.2.c) sowie ergänzend auf die gefestigte Rechtsprechung, nach der auch vollautomatisch arbeitende Einrichtungen im Fall ihrer langfristigen Vermietung oder Verpachtung weder selbst eine Betriebsstätte des Vermieters (Verpächters) bilden noch einer solchen zuzurechnen sind (z.B. BFH-Beschluss vom 23. Mai 1986 III B 68/85, BFHE 147, 197, BStBl II 1986, 918; BFH-Urteil vom 25. Mai 2000 III R 20/97, BFHE 192, 191, 196, BStBl II 2001, 365, 367, m.w.N.). Die Annahme des FG, dass die selbsttätig oder ferngesteuert arbeitenden Elemente der Tankstelleneinrichtungen mitverpachtet gewesen seien, beruht auf einer nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffenen Vertragsauslegung und ist deshalb im Revisionsverfahren bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).
dd) Der Hinweis der Klägerin auf § 12 Satz 2 Nrn. 5 und 6 AO 1977 kann der Revision ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Es mag richtig sein, dass die zu den Tankstellen gehörenden Behältnisse für Mineralölvorräte "Warenlager" i.S. des § 12 Satz 2 Nr. 5 AO 1977 darstellen und dass zudem entweder die Tankstellen insgesamt oder zumindest einzelne dort vorhandene Einrichtungen als "Verkaufsstellen" i.S. des § 12 Satz 2 Nr. 6 AO 1977 anzusehen sind. Jedoch wird im Urteil in BFHE 210, 551, BStBl II 2006, 84 (dortselbst unter II.2.e) zu Recht darauf hingewiesen, dass auch die in § 12 Satz 2 AO 1977 aufgeführten Einrichtungen nur Betriebsstätten desjenigen Unternehmens sein können, in dessen Verfügungsmacht sie sich befinden. Das gilt namentlich für Warenlager (Senatsbeschluss in BFHE 75, 573, BStBl III 1962, 477) und für Verkaufsstellen (Buciek in Beermann/Gosch, a.a.O., AO § 12 Rz. 36, m.w.N.). Im Streitfall fehlt es indessen hinsichtlich aller auf den Tankstellen befindlichen Einrichtungen an der Verfügungsmacht der Klägerin, da nach den Feststellungen des FG die Tankstellenbetriebe insgesamt --einschließlich jener Einrichtungen-- verpachtet worden sind.
ee) Der vom FG getroffenen Entscheidung steht die Rechtsprechung des V. Senats des BFH, auf die sich die Klägerin berufen hat, nicht entgegen. Sie betrifft die Frage, ob die Lieferung von Mineralöl an den Kunden im Fall der Tankstellenverpachtung durch den Pächter oder durch die verpachtende Mineralölgesellschaft erbracht wird. In diesem Zusammenhang hat der V. Senat ausgeführt, dass der Pächter nur dann als Handelsvertreter anzusehen sei (und die Lieferung deshalb durch die Mineralölgesellschaft erfolge), wenn er nach außen hin erkennbar im Namen der Mineralölgesellschaft auftrete (BFH-Urteile vom 18. Mai 1961 V 256/58 U, BFHE 73, 154, BStBl III 1961, 324; vom 21. August 1969 V R 127/66, BFHE 96, 550, BStBl II 1969, 716). Im Streitfall ist indessen unstreitig, dass die Tankstellenpächter zumindest im Hinblick auf den Verkauf von Mineralölprodukten als Handelsvertreter auftreten; die entscheidende Frage ist nur, ob die hier interessierenden Betriebsstätten ihrer Handelsvertretung oder der Klägerin als Geschäftsherrin zuzuordnen sind. Diese Frage wird von den Entscheidungen des V. Senats nicht berührt.
ff) Schließlich beruft sich die Klägerin ohne Erfolg darauf, dass das FG Baden-Württemberg (Urteil vom 7. November 1996 3 K 54/93, juris) mit Billigung des erkennenden Senats (Beschluss vom 7. Juli 1997 I B 26/97, BFH/NV 1998, 19) eine im Inland befindliche Anlage als Betriebsstätte eines ausländischen Lebensmittelherstellers angesehen hat, in dessen Auftrag vermittels der Anlage bestimmte Produkte gefertigt wurden. Jene Entscheidung betraf weder eine Betriebsverpachtung noch die Einschaltung von Handelsvertretern. Zudem war sie auf die konkreten Umstände des dort zu beurteilenden Falles gestützt, die das FG in einer von den Beteiligten nicht beanstandeten Weise gewürdigt hatte. Vor diesem Hintergrund hat der Senat seinerzeit angenommen, dass der Fall keine klärungsbedürftige Rechtsfrage aufwerfe. Das schließt jedoch eine abweichende Würdigung der im Streitfall vorliegenden Umstände, wie sie das FG vorgenommen hat, nicht aus.
3. Das hilfsweise verfolgte Begehren der Klägerin geht dahin, für die von ihr angeschafften und hergestellten Tankstelleneinrichtungen eine AfA in fallenden Jahresbeträgen i.S. des § 7 Abs. 2 EStG zu berücksichtigen. Damit kann die Klägerin ebenfalls keinen Erfolg haben. Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen für eine entsprechende Steuerfestsetzung im Streitfall nicht erfüllt sind.
a) Bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung und Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, ist gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG regelmäßig die in der Vorschrift näher beschriebene AfA in gleichen Jahresbeträgen anzusetzen. Bei bestimmten Wirtschaftsgütern kann der Steuerpflichtige indessen die AfA in fallenden Jahresbeträgen bemessen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 EStG). Die letztgenannte Vorschrift ist gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) auch auf Kapitalgesellschaften und damit auf die Klägerin anwendbar. Sie statuiert nach ihrem eindeutigen Wortlaut ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen, im Streitfall also der Klägerin.
b) Da die Klägerin zur Buchführung und zur Erstellung von Abschlüssen verpflichtet ist, muss sie im Rahmen ihrer Gewinnermittlung steuerrechtliche Wahlrechte in Übereinstimmung mit der handelsrechtlichen Jahresbilanz ausüben (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG). Angesichts der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG) bedeutet dies, dass die AfA nach § 7 Abs. 2 EStG nur dann ihrer Besteuerung zu Grunde gelegt werden könnte, wenn die Ansätze in der Handelsbilanz der Klägerin auf dieser AfA-Methode beruhen würden. Der gegenteiligen Ansicht der Klägerin vermag sich der Senat nicht anzuschließen:
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats setzt die Inanspruchnahme der degressiven AfA-Methode voraus, dass diese Methode in der Handelsbilanz zu Grunde gelegt wird (Senatsurteil vom 24. Januar 1990 I R 17/89, BFHE 160, 155, BStBl II 1990, 681). Diese Beurteilung hat im Schrifttum fast einhellige Zustimmung gefunden (z.B. Drenseck in Schmidt, EStG, 25. Aufl., § 7 Rz. 13; Schreiber in Blümich, § 5 EStG Rz. 191; Brandis in Blümich, § 7 EStG Rz. 329; Kempermann, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 5 Rdnr. B 145; Schiffers in Korn, § 5 EStG Rz. 121; Wilhelm, Betriebs-Berater --BB-- 1996, 1319; Pyszka, BB 1996, 1979, 1980; aus handelsrechtlicher Sicht Institut der Wirtschaftsprüfer, Gutachten des Hauptfachausschusses RS HFA 6, Die Wirtschaftsprüfung 2001, 1084, 1086 f.; Förster/Brinkmann in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 254 HGB Rz. 36). Die Finanzverwaltung ist ihr ebenfalls gefolgt (Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 30. Dezember 1994, BB 1995, 196; Oberfinanzdirektion --OFD-- Frankfurt am Main, Verfügung vom 30. Juli 1996, BB 1996, 1933). Der Senat sieht keine Veranlassung, von ihr abzuweichen.
bb) Die Klägerin verweist allerdings zu Recht darauf, dass der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Besteuerung nicht gilt, soweit ein in der Handelsbilanz angesetzter Wert den steuerrechtlichen Vorschriften nicht entspricht (Dziadkowski/Robisch, BB 1997, 355, 356; Weber-Grellet in Schmidt, a.a.O., § 5 Rz. 26; Schiffers in Korn, § 5 EStG Rz. 113, m.w.N.). Diese Überlegung kann der Revision aber nicht zum Erfolg verhelfen. Zwar beruht die Handelsbilanz der Klägerin auf der Berücksichtigung einer zu Unrecht in Anspruch genommenen Sonderabschreibung nach § 1 i.V.m. § 4 FördG. Deshalb mag die Klägerin zu einer Änderung der Bilanz gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG (Bilanzberichtigung) berechtigt sein. Ferner mag richtig sein, dass die Klägerin im Rahmen dieser Bilanzberichtigung wahlweise entweder eine lineare (§ 7 Abs. 1 EStG) oder eine degressive AfA (§ 7 Abs. 2 EStG) in Anspruch nehmen könnte (vgl. dazu Senatsurteil vom 14. März 2006 I R 83/05, BFH/NV 2006, 1740). Die Ausübung dieser Wahlmöglichkeit hängt jedoch wiederum von den einschlägigen steuerrechtlichen Vorgaben ab, zu denen u.a. gehört, dass die Entscheidung für die AfA gemäß § 7 Abs. 2 EStG ein entsprechendes Vorgehen in der Handelsbilanz voraussetzt. Da es im Streitfall daran fehlt, kann auch der Hinweis auf die Möglichkeit der Bilanzberichtigung der Klägerin nicht weiterhelfen. Abgesehen davon fehlt es im Streitfall schon deshalb an einer Bilanzberichtigung, weil eine solche grundsätzlich nur von dem Steuerpflichtigen selbst vorgenommen werden kann (BFH-Urteil vom 4. November 1999 IV R 70/98, BFHE 190, 404, BStBl II 2000, 129; Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Anm. 469; Heinicke in Schmidt, a.a.O., § 4 Rz. 683) und die Klägerin eine berichtigte Bilanz nicht eingereicht hat.
cc) Der Klägerin ist zuzugeben, dass durch diese Beurteilung ihre Rechtsschutzmöglichkeit nicht unerheblich eingeschränkt wird: Sie könnte die hilfsweise begehrte Berücksichtigung der AfA nach § 7 Abs. 2 EStG nur erreichen, wenn sie eine entsprechend geänderte Handelsbilanz einreichen würde, womit sie indessen ihren --auf die Sonderabschreibung gerichteten-- Hauptantrag jeglicher Erfolgsaussicht berauben würde. Dies liegt indessen an der in § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG enthaltenen Vorgabe, über die der Senat sich nicht hinwegsetzen kann. Diese Vorgabe gilt zudem für alle buchführungspflichtigen Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform, so dass auch der Hinweis der Klägerin auf die besonderen Schwierigkeiten einer Bilanzänderung bei einer AG (Zuständigkeit der Hauptversammlung; Erfordernis einer Nachtragsprüfung) die Vorgreiflichkeit der Handhabung in der Handelsbilanz nicht in Frage stellen kann. Im Ergebnis ist deshalb auch für eine Berücksichtigung der degressiven AfA im Streitfall kein Raum, so dass das FG die Klage zu Recht abgewiesen hat.
Fundstellen
Haufe-Index 1606182 |
BFH/NV 2006, 2334 |
BStBl II 2007, 94 |
BFHE 2007, 178 |
BFHE 214, 178 |
BB 2006, 2515 |
BB 2006, 2633 |
BB 2007, 39 |
DB 2006, 2435 |
DStRE 2006, 1555 |
DStZ 2006, 785 |
DStZ 2006, 851 |
DStZ 2007, 45 |
HFR 2007, 10 |