Leitsatz (amtlich)
Eine Verfügung, mit der eine Ausschlußfrist zur Nachreichung der Prozeßvollmacht gesetzt wird, muß vom Richter unterschrieben sein (BFHE 136, 351, BStBl II 1983, 23) und den Text der Fristsetzung enthalten.
Normenkette
VGFG-EntlG Art. 3 § 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Nachdem der frühere Prozeßbevollmächtigte des Klägers, der Steuerberater K., in dessen Namen Klage erhoben hatte, erließ der Berichterstatter (beauftragte Richter) beim Finanzgericht am 6. März 1979 eine Verfügung folgenden Inhalts:
"Schreiben an Bev. d. Kl. mit Vordruck 2.61 (Vollmachtanforderung nach Art. 3 § 1 VG u. FG EntlastG) mit PZU (Durchschrift der Reinschrift zu den FG-Akten) ... Frist 4 Wochen ab Zustellung der Verfügung ..."
Paraphe
Die dem früheren Prozeßbevollmächtigten am folgenden Tage zugestellte Ausfertigung hatte folgenden Inhalt:
"In dem/den o. a. Rechtsstreit haben Sie bisher die nach § 62 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderliche schriftliche Vollmacht dem Gericht nicht eingereicht.
Gemäß Artikel 3 § 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 ... fordere ich Sie auf, nunmehr innerhalb von 4 Wochen nach Zustellung dieser Verfügung die schriftliche (Original-) Vollmacht einzureichen ...
Hochachtungsvoll
Name
beglaubigt:
........."
Der frühere Prozeßbevollmächtigte hat keine Vollmacht vorgelegt.
Nach Ablauf der von dem beauftragten Richter gesetzten Frist legitimierten sich die jetzigen Prozeßbevollmächtigen als Vertreter des Klägers unter Vorlage einer Vollmacht auf sich. Sie beantragten wegen Versäumung der Frist zur Vorlage der Vollmacht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung, der frühere Prozeßbevollmächtigte habe die fristsetzende Verfügung unverzüglich an sie abgesandt, ohne daß diese bei ihnen eingetroffen sei oder sie in sonstiger Weise hiervon Kenntnis erlangt hätten. Auch sie haben nicht die vom Berichterstatter angeforderte Vollmacht auf den früheren Prozeßvertreter vorgelegt.
Das Finanzgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Vorlage der Vollmacht mit der Begründung abgelehnt, der frühere Prozeßbevollmächtigte K. habe schuldhaft nicht dafür gesorgt, daß eine Vollmacht bis zum Ablauf der richterlichen Frist vorliege, und die Klage als unzulässig abgewiesen.
Mit seiner Revision macht der Kläger geltend: Das Finanzgericht habe ihm das rechtliche Gehör versagt, indem es ihn nicht persönlich zur mündlichen Verhandlung geladen habe. Nach Ablauf der richterlichen Frist hätten weder sein früherer Prozeßvertreter noch seine jetzigen Prozeßbevollmächtigten für ihn auftreten können. Das Finanzgericht habe seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtsfehlerhaft abgelehnt, weil es an einem ihm zurechenbaren Verschulden fehle.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache an das Finanzgericht zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Entgegen der Ansicht des Finanzgerichts war der Kläger mit dem Nachweis einer Prozeßvollmacht auf seinen früheren Prozeßvertreter durch die Verfügung des Berichterstatters des Finanzgerichts vom 6. 3. 1979 nicht gemäß Art. 3 § 1 VGFG-EntlG wirksam ausgeschlossen worden.
Eine Frist zur Vorlage der Vollmacht wird mit ausschließender Wirkung nur gesetzt, wenn eine entsprechende Anordnung vom zuständigen Richter unterschrieben und sodann in beglaubigter Abschrift zugestellt wird. Der Bundesgerichtshof hat bereits im Urteil vom 13. März 1980 VII ZR 147/79 (BGHZ 76, 236) aufgrund der §§ 329 Abs. 1 Satz 2, 317 Abs. 2 Satz 1 ZPO erkannt, daß eine der in § 296 Abs. 1 ZPO genannten Fristen zum Vorbringen von Angriffs- oder Verteidigungsmitteln nur dann in Lauf gesetzt wird, wenn die Verfügung der Fristsetzung unterzeichnet ist, eine Paraphe aber nicht ausreicht. Der Bundesfinanzhof ist im Urteil vom 26. August 1982 IV R 31/82 (BFHE 136, 351, BStBl II 1983, 23) zu Artikel 3 § 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 (BGBl I 1978, 446) dem Bundesgerichtshof gefolgt; er hat das Unterschriftserfordernis aus der Notwendigkeit gefolgert, daß gerichtliche Willensäußerungen -- seien es Urteile, Beschlüsse oder eine Ausschlußfrist setzende Anordnungen --, die Rechtswirkungen für die Prozeßbeteiligten haben, ihren Urheber erkennen lassen müssen.
Die eine Ausschlußfrist für die Vorlage der Vollmacht auf den früheren Prozeßbevollmächtigten setzende Verfügung des Berichterstatters vom 6. März 1979 genügt diesen Formerfordernissen nicht. Denn die Verfügung ist nicht von dem zuständigen Richter unterschrieben, sondern nur paraphiert. Sie enthält nicht einmal den Text der Fristsetzung, verweist vielmehr nur auf den Vordruck 2.61 (der selbst nicht Bestandteil der Verfügung oder auch nur der Prozeßakten ist). Infolgedessen stellt das dem früheren Prozeßbevollmächtigten des Klägers zugestellte Schriftstück keine wortgleiche Ausfertigung dar; es enthält vielmehr erstmals den Text der Fristsetzung, ohne durch die Unterschrift des Berichterstatters gedeckt zu sein.
Mangels einer wirksamen Fristsetzung nach Art. 3 § 1 VGFG-EntlG kann der Kläger den nach § 62 Abs. 3 FGO gebotenen schriftlichen Nachweis, daß sein früherer Prozeßbevollmächtigter K. die Klage auf Grund seiner Vollmacht erhoben hatte, noch jetzt nachholen und damit die fehlende Prozeßvoraussetzung noch erfüllen. Dazu muß dem Kläger durch Aufhebung des angefochtenen Prozeßurteils und Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht Gelegenheit gegeben werden, weil er nach Ablauf der -- unwirksam gesetzten -- richterlichen Frist der Verfügung vom 6. März 1979 die Nachreichung einer solchen Vollmacht für nicht mehr möglich halten durfte.
Fundstellen
BStBl II 1983, 421 |
BFHE 1983, 21 |