Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Gibt ein Vater seiner Tochter, die geheiratet hat, einen Betrag, den diese als Baukostenzuschuß für die Erlangung einer Wohnung aufwendet, so handelt es sich in der Regel nicht um eine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG.
Normenkette
EStG § 33
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Betrag von 3.600 DM, den der Bf. seiner Tochter im Jahre 1957 zur Beschaffung einer Wohnung gegeben hat, als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen ist. Die Tochter hat im Jahre 1955 geheiratet. Der Bf. hat im Jahre 1955 2.951,70 DM und im Jahre 1957 3.012,69 DM Anschaffungskosten für Möbel und Hausrat bezahlt.
Das Finanzamt erkannte bei der Veranlagung für das Jahr 1957 zwar den Betrag von 3.012,69 DM, nicht aber auch den Betrag von 3.600 DM als außergewöhnliche Belastung an. Während der Steuerausschuss auch diesen Betrag für berücksichtigungsfähig hielt, trat das Finanzgericht der Auffassung des Finanzamts bei. Der Bf. sei, so führt das Urteil des Finanzgerichts aus, zwar zur Gewährung einer Aussteuer, nicht aber auch zur Gewährung eines Baukostenzuschusses für die Beschaffung einer Wohnung verpflichtet gewesen. Die Verpflichtung zur Gewährung einer Aussteuer betreffe die Einrichtung eines Haushalts; Aufwendungen zu anderen Zwecken seien keine Aussteueraufwendungen. Ob und wieweit einem Baukostenzuschuß ein Gegenwert gegenüberstehe und die Gewährung eines Baukostenzuschusses schon aus diesem Grunde nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden könne, brauche nicht entschieden zu werden, weil der Gegenwert gegebenenfalls nicht dem Bf., sondern seiner Tochter und deren Ehemann zugeflossen sei. Auf jeden Fall habe aber für die Gewährung eines Baukostenzuschusses keine Zwangsläufigkeit vorgelegen. Wenn die Tochter und ihr Ehemann, wie es viele jungverheiratete Paare tun müßten, nicht zunächst mit einem Zimmer hätten vorlieb nehmen wollen, so sei das ihr freiwilliger Entschluß gewesen. Zudem liege es dem Ehemann ob, für die Wohnung zu sorgen. Dieser habe auch nicht schlecht verdient. Notfalls hätte der Bf. den Baukostenzuschuß als Darlehen geben können.
Mit der Rb. begehrt der Bf. die Anerkennung des von ihm gezahlten Baukostenzuschusses als außergewöhnliche Belastung. Dieser Betrag sei, so macht er geltend, Teil der von ihm gewährten Aussteuer gewesen; zur Gewährung der Aussteuer sei er aber verpflichtet gewesen. Es beruhe auf einer Verkennung der Rechtslage, wenn nur die für die Anschaffung von Möbeln und Hausrat verwendeten Beträge als Aussteuer angesehen würden. Selbst wenn man dies ablehnte, sei doch die Zwangsläufigkeit für die Hingabe des Baukostenzuschusses gleichwohl zu bejahen. Die Annahme, daß ein jungverheiratetes Paar sich mit einem Zimmer begnügen müsse, sei weltfremd und bedeute eine Zumutung, die auch dem Grundgedanken des Schutzes der Familie widerspreche.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Es kann dahingestellt bleiben, ob im Streitfall die Berücksichtigung von Aussteueraufwendungen überhaupt gerechtfertigt ist. Wie der Senat in den Urteilen VI 7/59 S und VI 141/59 S vom 7. August 1959 (BStBl 1959 III S. 383 und 385, Slg. Bd. 69 S. 324 und 330) ausgeführt hat, können Aussteueraufwendungen als in den Bereich des Vermögens fallende Aufwendungen grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Der Senat steht aber, weil zwischen den Beteiligten insoweit kein Streit besteht, davon ab, die Frage aufzugreifen, ob im Streitfall die Voraussetzungen vorliegen, unter denen ausnahmsweise die Berücksichtigung von Aussteueraufwendungen zulässig ist.
Auf jeden Fall ist dem Finanzgericht darin beizutreten, daß Aussteueraufwendungen nur Aufwendungen sind, die der Einrichtung des Haushalts dienen. Baukostenzuschüsse sind, wie der Senat in dem Urteil VI 160/59 S vom 20. Mai 1960 (BStBl 1960 III S. 309, Slg. Bd. 71 S. 160) ausgeführt hat, ein Teil der Mietleistung, mögen sie nun "verloren" sein oder nicht; sie können nicht zu den Aussteueraufwendungen gerechnet werden. Ob die Tochter, wenn ein Baukostenzuschuß nicht erforderlich gewesen wäre, mehr für die Einrichtung des Haushalts hätte aufwenden können, muß ebenso außer Betracht bleiben, wie die Frage, ob, wenn sie sich nicht verheiratet hätte, weitere Aufwendungen für ihre Ausbildung angefallen wären. Entscheidend ist, was geschehen ist. Es ist ein Baukostenzuschuß geleistet worden; allein um diesen geht es.
Dem Finanzgericht ist auch darin beizutreten, daß die Gewährung des Baukostenzuschusses nicht zwangsläufig war. Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit sich gegen die Anerkennung der Aufwendung eines Vaters als außergewöhnliche Belastung schon allein daraus Bedenken herleiten können, daß die Aufwendung, wenn sie von dem Kind selbst erbracht worden wäre, bei diesem nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden könnte (vgl. das erwähnte Urteil VI 160/59 S, nach dem Baukostenzuschüsse grundsätzlich nicht zu einer Ermäßigung der Einkommensteuer wegen außergewöhnlicher Belastung führen können). Geht man davon aus, daß der Baukostenzuschuß, wie ausgeführt, einen Teil der Miete darstellt, so kann die übernahme eines Baukostenzuschusses durch den Vater ebenso wie die übernahme der Miete überhaupt nicht schon deswegen als zwangsläufig angesehen werden, weil das Kind geheiratet hat und das Ehepaar eine eigene Wohnung braucht. Welche laufende Miete das Ehepaar aufwendet und welchen Baukostenzuschuß es erforderlichenfalls zusätzlich hingibt, ist Sache seines freien Entschlusses. Wenn auch neben den Wünschen die vorhandenen Mittel eine Rolle spielen, so ändert doch die Tatsache, daß die vorhandenen Mittel unter Umständen eine Grenze setzen, in aller Regel nichts an der Freiwilligkeit des Entschlusses, den Betrag als Miete oder Baukostenzuschuß aufzuwenden. Wird hierbei die Hilfe der Eltern in Rechnung gestellt oder schalten sich diese in die überlegung, welche Miete aufzuwenden ist, durch das Versprechen eines Zuschusses ein, so handelt es sich um freie Entschlüsse. Welche Wohnung ein Ehepaar nimmt, wird sich nach den zur Verfügung stehenden Mitteln richten und dem Willen, welchen Teil ihrer Mittel sie aufzuwenden bereit sind. Wenn die Eltern eines Ehepaares diesem bei der Aufbringung der Miete helfen, so kann von einer als zwangsläufig anzuerkennenden objektiven Verpflichtung selbst dann keine Rede sein, wenn sie die Wohnung, die sich die Kinder leisten könnten, für nicht angemessen hielten und sich, weil ihre eigenen Einkommensverhältnisse ihnen das gestatten, zu einer Mietbeisteuerung verpflichtet glauben. Im Streitfall kann von einer derartigen Verpflichtung um so weniger die Rede sein, als der Schwiegersohn des Bf., wie das Finanzgericht festgestellt hat, nicht etwa mittellos war, sondern sich in guten Einkommensverhältnissen befand. Seine Bezüge betrugen in den Jahren 1956, 1957 und 1958 jeweils 7.315,74 DM, 8.777,16 DM und 9.967,92 DM. Wenn der Bf. hier mit einem Baukostenzuschuß half, so tat er das selbst dann aus freien Stücken, wenn dem Schwiegersohn die Aufbringung des Baukostenzuschusses nur schwer oder unter Aufnahme von Schulden möglich gewesen wäre.
Fundstellen
Haufe-Index 410032 |
BStBl III 1961, 275 |
BFHE 1962, 15 |
BFHE 73, 15 |