Leitsatz (amtlich)
1. Für die Frage des Überwiegens der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Berufstätigkeit i. S. des § 34 Abs. 4 Nr. 1 EStG rechnen die Nebeneinkünfte aus selbständiger wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit zu den übrigen Einkünften (vgl. BFH-Urteil vom 26. April 1968 IV R 191/67, BFHE 92, 286, BStBl II 1968, 526). Dies gilt auch dann, wenn für einen Teil dieser Nebeneinkünfte die Steuervergünstigung des § 4 Nr. 3 ErfVO eingreift.
2. Wird neben der Steuervergünstigung der Erfinderverordnung auch die für Arbeitnehmererfindungen in einem Veranlagungszeitraum in Anspruch genommen, der Antrag auf Einbeziehung der Vergütungen für Arbeitnehmererfindungen in die Einkommensteuerveranlagung aber nicht gestellt, so bleiben bei der Berechnung der anteiligen Einkommensteuer, die nach § 4 Nr. 3 ErfVO nur zur Hälfte erhoben wird, die Vergütungen für Arbeitnehmererfindungen beim Gesamtbetrag der Einkünfte und die darauf einbehaltene Lohnsteuer bei der Steuer, die für das gesamte Einkommen nach der Einkommensteuer-Tabelle festzusetzen wäre, außer Ansatz.
Tatbestand
Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1966, ob Einkünfte, für die nach der ErfVO Steuerermäßigung gewährt wird, zu den übrigen Einkünften im Sinne des § 34 Abs. 4 Nr. 1 EStG zu rechnen sind.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), der als Ingenieur ausgebildet ist, erklärte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 66 136 DM, seine Frau 18 591 DM. Außerdem erklärte er Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 19 768 DM und als Verlust aus Vermietung und Verpachtung 2 525 DM. Daneben erhielt er noch Einkünfte als Erfinder, und zwar teils als nichtselbständiger Erfinder (83 785 DM), von denen Lohnsteuer (19 647 DM) einbehalten wurde, teils als freier Erfinder (188 598 DM). Von diesen Einkünften aus freier Erfindertätigkeit erklärte der Kläger 156 474 DM als im Vergünstigungszeitraum bezogene und nach § 4 Nr. 3 ErfVO zu versteuernde Einkünfte, während er 32 124 DM, die nicht in den Begünstigungszeitraum fielen, als Nebeneinkünfte nach § 34 Abs. 4 EStG begünstigt versteuern wollte. Dies lehnte der Beklagte und Revisionskläger (FA) ab, da die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit die "übrigen" Einkünfte, zu denen auch die Einkünfte als freier Erfinder gehörten, nicht überwögen.
Die Sprungklage hatte Erfolg. Das FG vertrat die Auffassung, zu den "übrigen" Einkünften im Sinne des § 34 Abs. 4 Nr. 1 EStG gehörten nicht Nebeneinkünfte, die nach einer anderen Vorschrift als nach § 34 EStG steuerbegünstigt seien. Der Begriff "Nebeneinkünfte" sei ein spezifischer, nur für die Tarifvergünstigung des § 34 Abs. 4 EStG geltender Begriff. Die schon nach einer anderen Vorschrift begünstigten Einkünfte auch als Nebeneinkünfte klassifizieren zu wollen, führe dazu, "Nebeneinkünfte" als weitere Einkunftsart anzusehen. Die Einkünfte des Klägers als freier Erfinder seien Einkünfte aus selbständiger Arbeit und deshalb zu den Einkünften aus der Berufstätigkeit zu rechnen. Das entspreche auch der Ausschließungs-Automatik, wonach die Steuerermäßigung nach der ErfVO bei Inanspruchnahme der Tarifvergünstigung des § 34 Abs. 4 EStG ausgeschlossen sei. Daraus ergebe sich, daß die unter die ErfVO fallenden Einkünfte nicht auch als Nebeneinkünfte im Sinne des § 34 Abs. 4 EStG zu qualifizieren und daher auch nicht den "übrigen" Einkünften zuzurechnen seien. Die nicht nach der ErfVO begünstigten Einkünfte des Klägers von 32 124 DM seien daher als Nebeneinkünfte nach § 34 Abs. 4 EStG zu versteuern.
Das FG berechnete die ESt 1966 nach den Grundsätzen des Urteils des BFH vom 23. April 1971 IV 99/65 (BFHE 102, 473, BStBl II 1971, 710) wie folgt:
Gesamtbetrag der Einkünfte 290 568 DM
./. Sonderausgaben und Freibeträge 62 222 DM
zu versteuerndes Einkommen 228 346 DM
./. begünstigte Nebeneinkünfte nach § 34 EStG 32 124 DM
./. Erfindereinkünfte 156 474 DM
Tabellensteuer bei 228 346 DM = 98 405 DM
durchschnittl. Steuersatz = 43,094 %
halber Steuersatz = 21,547 %
21,547 % von 32 124 DM (§ 34) 6 921 DM
Tabellensteuer auf übriges Einkommen
(228 346 ./. 32 124 = 196 222 DM) 81 708 DM
zusammen 88 629 DM
Anteilige Steuer
auf 156 474 DM Erfindereinkünfte
156 474 = x = 47 726 DM
290 568 88 629
davon die Hälfte nicht erhoben = 23 863 DM ./. 23 863 DM
64 766 DM
Das FA stützt die Revision auf Verletzung des § 34 Abs. 4 EStG. Es meint, die Unterscheidung des FG, zu den "übrigen" Einkünften zwar Nebeneinkünfte zu rechnen, aber nicht solche Nebeneinkünfte, die bereits nach der ErfVO begünstigt seien, sei willkürlich. Wieso eine neue Einkommensteuerart geschaffen werde, wenn man der Ansicht des FG nicht folge, sei nicht einzusehen. Es würden lediglich bereits vorhandene Einkunftsarten für einen besonderen Zweck nach bestimmten Gesichtspunkten (Haupt- oder Nebeneinkünfte) nochmals untergegliedert. Auch die vom FG herangezogene "Ausschließungs-Automatik" sei nicht überzeugend. Daß Einkünfte, die unter die ErfVO fielen, auch als Nebeneinkünfte im Sinne des § 34 Abs. 4 EStG qualifiziert werden könnten, werde durch § 4 Nr. 3 ErfVO, der lediglich auf die Inanspruchnahme abstelle, nicht ausgeschlossen. Das FG habe außerdem die Erfindervergütungen aus nichtselbständiger Arbeit von 83 785 DM nicht angesetzt. Diese ermäßigt versteuerten Vergütungen seien auch dann bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen, wenn der Antrag auf Einbeziehung der Vergütungen in die Veranlagung nicht gestellt werde. Sie seien erst bei dem zu versteuernden Einkommensbetrag abzusetzen mit der Folge, daß sich die für die Erfindereinkünfte nur zur Hälfte zu erhebende Steuer erhöhe. Selbst bei Berücksichtigung der Auffassung des FG zu § 34 Abs. 4 EStG erhöhe sich die Steuer von 64 766 DM auf 70 106 DM.
Das FA hat nach einer 1971 durchgeführten Betriebsprüfung den angefochtenen, wegen der Vergünstigungen nach der ErfVO teilweise vorläufigen Einkommensteuerbescheid gemäß § 225 AO durch den Berichtigungsbescheid vom 2. März 1972 ersetzt, weil dem Änderungsbescheid, der auch auf § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO hätte gestützt werden können, Feststellungen der Betriebsprüfung zugrunde lägen, wonach nicht 156 474 DM, sondern nur 125 798 DM in den Begünstigungszeitraum fielen und nach § 4 Nr. 3 ErfVO zu begünstigen seien. Das FA errechnete die Einkommensteuer in dem Änderungsbescheid wie folgt:
Gesamtbetrag der Einkünfte lt. FG-Urteil 290 568 DM
Erfindervergütungen aus nichtselbständiger Arbeit 83 785 DM
Erhöhung lt. Betriebsprüfung 600 DM 374 953 DM
./. Sonderausgaben und Freibeträge lt. FG-Urteil 62 222 DM
./. Erfindervergütung aus nichtselbständiger Arbeit 83 785 DM 146 007 DM
zu versteuernder Einkommensbetrag 228 946 DM
Steuer lt. Splittingtabelle 98 722 DM
anteilige Steuer auf 125 798 DM Erfindereinkünfte
125 798 = x = 33 120
374 953 98 722
davon die Hälfte nicht erhoben
= 16 560 ./. 16 560 DM
Einkommensteuerschuld 82 162 DM
Zur Berechnung der Einkommensteuerermäßigung nach der ErfVO vertritt das FA die Auffassung, daß die Erfindervergütungen aus nichtselbständiger Arbeit in das Gesamteinkommen einzubeziehen seien, vor Ermittlung der Tabellensteuer aber abgesetzt werden müßten.-
Der Kläger hat gemäß § 68 FGO beantragt, den Berichtigungsbescheid zum Gegenstand des Revisionsverfahrens zu machen.
Das FA beantragt, die nunmehr gegen den Berichtigungsbescheid gerichtete Klage abzuweisen, hilfsweise, im Hinblick auf § 127 FGO das FG-Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Der Kläger meint, da die nach der ErfVO begünstigten Einkünfte zu den Einkünften im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehörten, könnten sie nur den Einkünften aus der Berufstätigkeit und keinesfalls den "übrigen" Einkünften im Sinne des § 34 Abs. 4 EStG zugerechnet werden. Nur dann, wenn sich ein Steuerpflichtiger entschließe, seine Erfindereinkünfte nach § 34 EStG zu versteuern - obwohl gleichzeitig die Voraussetzungen des § 4 Nr. 3 ErfVO vorlägen -, seien die Einkünfte aus der Erfindertätigkeit den übrigen Einkünften zuzurechnen (Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, Anm. 50 zu § 34 EStG).
Der Kläger beantragt sinngemäß, entgegen dem Revisionsbegehren des FA unter Übernahme der Feststellungen des Betriebsprüfers aus dem Berichtigungsbescheid die Berechnungsweise des FG beizubehalten. Er beantragt unter Bezugnahme auf den BFH-Beschluß vom 8. November 1971 GrS 9/70 (BFHE 103, 549, BStBl II 1972, 219) ferner, von einer Zurückverweisung an das FG abzusehen und die Rechtsfrage sachlich selbst zu entscheiden.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Neufestsetzung der Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Änderungen des Berichtigungsbescheides.
Der Kläger hat im Streitjahr 1966 für Einkünfte als freier Erfinder die Steuervergünstigung nach § 4 Nr. 3 ErfVO in Anspruch genommen. Er begehrt für weitere Einkünfte aus freier Erfindertätigkeit die Steuerermäßigung des § 34 Abs. 4 EStG. Da nach § 4 Nr. 3 ErfVO die Begünstigung nach dieser Verordnung nur gewährt werden kann, wenn § 34 Abs. 5 (jetzt Abs. 4) EStG für den in Betracht kommenden Veranlagungszeitraum für Einkünfte aus freier Erfindertätigkeit nicht in Anspruch genommen wird, "da sonst eine doppelte Begünstigung eintreten würde" (Bundesrats-Drucksache 136/51), erscheint es nicht zweifelsfrei, ob dem Kläger für 1966 die Steuervergünstigung des § 34 Abs. 4 EStG nicht schon deshalb versagt werden muß, weil er für einen Teil der Einkünfte aus freier Erfindertätigkeit bereits die steuerliche Begünstigung nach § 4 Nr. 3 ErfVO in Anspruch genommen hat (vgl. Schmitz-Sinn "Die einkommensteuerliche Behandlung der freien Erfinder" 1961 S. 74). Der Senat kann jedoch im vorliegenden Fall diese Frage dahingestellt lassen, weil dem Kläger die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 4 EStG auch aus anderen Gründen zu versagen ist.
Nach § 34 Abs. 4 Nr. 1 EStG ist Voraussetzung der Steuerbegünstigung für wissenschaftliche, künstlerische und schriftstellerische Nebeneinkünfte, daß die Einkünfte aus der "Haupttätigkeit", also aus nichtselbständiger Arbeit oder aus der Berufstätigkeit, bzw. die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und die Einkünfte aus der Berufstätigkeit die übrigen Einkünfte überwiegen. Wie der erkennende Senat in dem Urteil vom 14. Dezember 1972 IV R 12/68 (BFHE 107, 524, BStBl II 1973, 159) entschieden hat, ist der Begriff "Berufstätigkeit" in § 34 Abs. 4 EStG im Sinne von Katalogberufstätigkeit (als Arzt, Rechtsanwalt usw. und ähnlicher Berufe) zu verstehen. Für die Frage des Überwiegens im Sinne des § 34 Abs. 4 Nr. 1 EStG ist somit die Summe der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus der Katalogberufstätigkeit den übrigen Einkünften gegenüberzustellen.
Wie der erkennende Senat bereits in dem Urteil vom 13. September 1956 IV 238/56 U (BFHE 63, 331, BStBl III 1956, 324) entschieden hat, sind zu den "übrigen Einkünften" auch die Nebeneinkünfte aus wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit zu rechnen. Dieses Urteil stellt darauf ab, daß im Einleitungssatz des § 34 Abs. 4 EStG die "Nebeneinkünfte" aus wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder aus der Berufstätigkeit, also den "Haupteinkünften", gegenübergestellt sind. Es liegt deshalb nahe, die "Nebeneinkünfte" bei der Auslegung des § 34 Abs. 1 EStG für die Frage des Überwiegens der "Haupteinkünfte" nicht wiederum zu diesen "Haupteinkünften" zu rechnen. Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck des Gesetzes, das offensichtlich weder die Steuervergünstigung für Nebeneinkünfte ins Uferlose gehen lassen, noch die Nebentätigkeiten für sich allein begünstigen wollte, d. h. wenn sie hauptberuflich ausgeübt werden. An dieser Rechtsprechung hat der BFH in dem Urteil vom 26. April 1968 IV R 191/67 (BFHE 92, 286, BStBl II 1968, 526) ausdrücklich festgehalten.
Die im Schrifttum vertretene Auffassung, die Nebeneinkünfte seien zwar bei der in § 34 Abs. 4 Nr. 2 EStG geforderten Abgrenzung von den Haupteinkünften diesen gegenüberzustellen, bei der Frage des Überwiegens nach § 34 Abs. 4 Nr. 1 EStG seien aber die "Nebeneinkünfte", weil in Nr. 1 nicht besonders genannt, auszuscheiden (vgl. u. a. Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 10. Aufl., § 34 Rdnr. 29 und die dortigen Nachweise), hält der Senat nicht für zutreffend. Wollte man zu den übrigen Einkünften im Sinn des § 34 Abs. 4 Nr. 1 EStG nur Einkünfte aus den anderen Einkunftsarten wie Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte rechnen, mit der Folge, daß hohe Einkünfte aus selbständiger wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit - also Einkünfte, die begünstigte Nebeneinkünfte sein könnten - bei der Frage des Überwiegens unberücksichtigt blieben, so würde das dazu führen, daß begünstigungsfähige "Nebeneinkünfte" auch dann noch vorlägen, wenn sie weit höher als die "Haupteinkünfte" aus nichtselbständiger Arbeit oder aus einer Katalogberufstätigkeit wären. Hat der Steuerpflichtige neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nur noch Einkünfte aus selbständiger wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit, um deren Begünstigung es geht, so kann nicht zweifelhaft sein, daß in diesem Fall den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als übrige Einkünfte die aus selbständiger wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit gegenüberzustellen sind. Das kann nicht anders sein, wenn als übrige Einkünfte auch solche aus anderen Einkunftsarten hinzutreten.
Die Auffassung, daß zu den übrigen Einkünften im Sinne des § 34 Abs. 4 Nr. 1 EStG alle Einkünfte außer denen aus nichtselbständiger Arbeit und aus einer Katalogberufstätigkeit zu rechnen sind, führt nach Ansicht des Senats auch zu einer sinnvollen Anwendung der Steuervergünstigung. Das Gesetz beschränkt die Steuervergünstigung für Nebeneinkünfte auf die Bezieher von nichtselbständigen Einkünften und von Einkünften aus einer - freiberuflichen - Katalogberufstätigkeit, läßt die Vergünstigung also weder Landwirten oder Gewerbetreibenden, noch Beziehern von Einkünften aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung oder von sonstigen Einkünften zukommen. Wenn das Gesetz darüber hinaus den Kreis der Begünstigten dahin einschränkt, daß ihre Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus der Katalogberufstätigkeit das Hauptgewicht ihrer Einkünfte darstellen müssen, also alle anderen Einkünfte, die sie außerdem beziehen, niedriger sein müssen als ihre "Haupteinkünfte", so ist das eine dem Sinn der Vergünstigung - als einer auf einen beschränkten Kreis von Begünstigten begrenzten Sonderregelung - entsprechende Abgrenzung. Damit erscheint aber ein rechnerischer Vergleich zwischen den "Haupteinkünften" (aus nichtselbständiger Arbeit und aus Katalogberufstätigkeit) und den "übrigen Einkünften" in dem Sinne, daß die "Haupteinkünfte" alle übrigen Einkünfte überwiegen müssen, gerechtfertigt und notwendig.
Im Streitfall hatte der Kläger nach den Feststellungen des FG neben seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 66 736 DM Einkünfte als freier Erfinder in Höhe von 188 598 DM, aus Kapitalvermögen in Höhe von 19 768 DM und einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 2 525 DM. Seine "Haupteinkünfte" aus nichtselbständiger Arbeit (66 736 DM) überwiegen also nicht seine übrigen Einkünfte. Selbst bei Einbeziehung der Einkünfte aus Arbeitnehmererfindungen (83 785 DM) in die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und damit in die Haupteinkünfte überwiegen diese nicht die übrigen Einkünfte. Die Steuervergünstigung des § 34 Abs. 4 EStG kann daher nicht gewährt werden.
Die Auffassung des FG, daß die Einkünfte aus der freien Erfindertätigkeit zu den Einkünften aus selbständiger wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit und damit zu den begünstigungsfähigen Nebeneinkünften dann nicht mehr zu rechnen seien, wenn und soweit für sie die Vergünstigung nach der ErfVO eingreife, kann der Senat nicht teilen. Die Einordnung dieser Einkünfte als begünstigungsfähige Nebeneinkünfte aus selbständiger wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit im Sinn des § 34 Abs. 4 EStG kann nicht davon abhängig sein, ob sie in den Begünstigungszeitraum des § 4 Nr. 3 ErfVO fallen oder nicht. Dem oben dargelegten Sinn und Zweck des § 34 Abs. 4 EStG, Bezieher von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und aus einer - freiberuflichen - Katalogberufstätigkeit, wenn diese Einkünfte die übrigen Einkünfte überwiegen, hinsichtlich ihrer Nebeneinkünfte zu begünstigen, kann es nicht entsprechen, einerseits zwar die nach der ErfVO nicht begünstigten Einkünfte als nach § 34 Abs. 4 EStG begünstigungsfähige Nebeneinkünfte zu behandeln, andererseits aber bei Eingreifen der ErfVO die so begünstigten Einkünfte zu den "Haupteinkünften" zu rechnen. Würden die nach der ErfVO begünstigten Erfindereinkünfte nunmehr als Einkünfte aus der Berufstätigkeit, also als "Haupteinkünfte" qualifiziert, so würde es für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung des § 34 Abs. 4 EStG für die nicht in den Begünstigungszeitraum des § 4 Nr. 3 ErfVO fallenden Einkünfte an der Abgrenzbarkeit im Sinne des § 34 Abs. 4 Nr. 2 EStG fehlen. Denn der Umstand allein, daß Einkünfte aus freier Erfindertätigkeit zum Teil in den Begünstigungszeitraum des § 4 Nr. 3 ErfVO fallen und zum Teil nicht, kann nicht als Abgrenzungsmerkmal zwischen Nebeneinkünften und Einkünften aus der Berufstätigkeit im Sinn des § 34 Abs. 4 Nr. 2 EStG gewertet werden. Der Beginn der Verwertung der Erfindung im Sinne des § 4 Nr. 3 ErfVO kann zwar für das Ausmaß der Steuervergünstigung maßgebend sein, nicht aber für die Einordnung von Einkünften zu Nebeneinkünften oder Einkünften aus einer Berufstätigkeit.
Da das FG somit zu Unrecht ein Überwiegen der Haupteinkünfte gegenüber den übrigen Einkünften angenommen und die Voraussetzungen der Steuervergünstigung des § 34 Abs. 4 EStG anerkannt hat, konnte das FG-Urteil keinen Bestand haben. Auf die Frage, ob die Einkünfte aus freier Erfindertätigkeit zu den Einkünften aus einer Katalogberufstätigkeit gehören, braucht nicht eingegangen zu werden, da ihre Beantwortung in keinem Fall zu einer Gewährung der Steuervergünstigung des § 34 Abs. 4 EStG führen kann. Geht man davon aus, daß es sich um Einkünfte aus einer Katalogberufstätigkeit handelt, so scheitert die Steuervergünstigung schon an der fehlenden Abgrenzbarkeit gegenüber den für die Vergünstigung in Frage kommenden Nebeneinkünften. Sieht man die Erfindereinkünfte aber in vollem Umfang als Nebeneinkünfte aus selbständiger wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit an, so überwiegen, wie erörtert, nicht mehr die Einkünfte aus der Haupttätigkeit.
Die Einwendungen des FA gegen die vom FG gewählte Art der Berechnung der anteiligen Einkommensteuer, die nach § 4 Nr. 3 ErfVO nur zur Hälfte erhoben wird, sind dagegen nicht berechtigt. Das FG hat mit Recht weder die Einkünfte des Klägers aus Arbeitnehmererfindungen in den "Gesamtbetrag der Einkünfte" noch die darauf einbehaltene Lohnsteuer in die "Steuer, die für das gesamte Einkommen nach der Einkommensteuer-Tabelle festzusetzen wäre", einbezogen. Das ergibt sich aus den folgenden Überlegungen. Nach § 2 der Verordnung über die steuerliche Behandlung der Vergütungen für Arbeitnehmererfindungen vom 6. Juni 1951 (BGBl I 1951, 388, BStBl I 1951, 184) wird die von den gesamten Vergütungen eines Kalenderjahres - nach Aufteilung dieser Bezüge auf ein volles Jahr - errechnete Lohnsteuer zur Hälfte erhoben. Durch diesen Steuerabzug vom Arbeitslohn ist nach § 4 Abs. 1 der Verordnung die auf die Vergütungen für Arbeitnehmererfindungen entfallende ESt abgegolten und die Vergütungen bleiben bei der Einkommensteuerveranlagung außer Betracht. Der Arbeitnehmer kann aber nach § 4 Abs. 2 der Verordnung die Einbeziehung der Vergütungen in die Einkommensteuerveranlagung beantragen; in diesem Fall ist die anteilige ESt - entsprechend der Regelung in § 4 Nr. 3 ErfVO - nur zur Hälfte zu erheben. Der Arbeitnehmererfinder hat es also in der Hand, durch Einbeziehung der Vergütung für seine Arbeitnehmererfindungen in die Einkommensteuerveranlagung dort die Hälfte der anteiligen ESt zu ersparen oder durch Nichteinbeziehung es bei der nur zur Hälfte erhobenen anteiligen LSt zu belassen. Das rechtfertigt es, wenn der Arbeitnehmer, wie im Streitfall, die Einbeziehung nicht beantragt, bei der Ermittlung der anteiligen ESt nach § 4 Nr. 3 ErfVO weder die Vergütung für die Arbeitnehmererfindungen in den "Gesamtbetrag der Einkünfte" noch die von diesen Vergütungen einbehaltene und damit die auf sie entfallende ESt abgeltende LSt in die "Steuer, die für das gesamte Einkommen nach der Einkommensteuer-Tabelle festzusetzen wäre", einzubeziehen.
Danach ergibt sich die folgende Berechnung:
Gesamtbetrag der Einkünfte laut FG-Urteil 290 568 DM
Erhöhung laut Betriebsprüfung 600 DM 291 168 DM
./. Sonderausgaben und Freibeträge 62 222 DM
228 946 DM
Begünstigte Einkünfte als freier Erfinder 125 798 DM
Steuer laut Splittingtabelle 98 722 DM
anteilige Steuer auf 125 798 DM Erfindereinkünfte
125 798 = x = 42 652
291 168 98 722
davon die Hälfte nicht erhoben 21 326 DM
Einkommensteuerschuld 77 396 DM
Darauf sind die vom Arbeitslohn - ohne Arbeitnehmererfindung - und vom Kapitalertrag einbehaltenen Steuerabzugsbeträge noch anzurechnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 und § 136 Abs. 1 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 70962 |
BStBl II 1974, 564 |
BFHE 1974, 44 |