Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablösung eines Wohnrechts aus privaten Gründen
Leitsatz (NV)
Wird ein Wohnungsrecht aus Gründen aufgehoben, die dem Bereich der familiären Lebensführung zuzurechnen sind, so unterfallen die Ablösezahlungen dem Abzugsverbot des § 12 Nr.1 EStG.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute, sind Eigentümer eines im Jahre 1976 fertiggestellten Zweifamilienhauses, in dem sie die Erdgeschoßwohnung selbst nutzen. Mit Wirkung vom 1. Januar 1977 hatten sie der Mutter des Klägers unentgeltlich ein dinglich gesichertes Wohnungsrecht auf Lebenszeit an der im Obergeschoß gelegenen Einliegerwohnung eingeräumt. Da der Klägerin aufgrund von Unstimmigkeiten mit der Wohnberechtigten an einer Aufhebung des Wohnungsrechtes gelegen war, vereinbarten die Kläger und die Wohnberechtigte mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30. Dezember 1981 den Verzicht der Berechtigten auf das ihr zustehende Wohnungsrecht ab1. Januar 1982. Als Entgelt für den Verzicht zahlten die Kläger an die Berechtigte einen Betrag von 21823,20 DM. Seit dem Januar 1982 entrichtet die Mutter des Klägers für die von ihr weiterhin genutzte Wohnung einen Mietzins an die Kläger.
Bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 1981 (Streitjahr) ließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) den als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten Betrag in Höhe von 21123,20 DM nicht zum Abzug zu; die unentgeltliche Einräumung des Wohnungsrechtes und dessen Aufhebung würden sich gegenseitig aufheben, so daß dem einmaligen Ablösungsbetrag, der eine Zuwendung i.S. des § 12 des Einkommensteuergesetzes (EStG) darstelle, keine wirtschaftliche Gegenleistung gegenüberstehe.
Mit seiner in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1987, 548 veröffentlichten Entscheidung vom 29. September 1986 hat das Niedersächsische Finanzgericht (FG) die Klage abgewiesen: Die Zahlung der Ablösesumme sei nicht durch die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung veranlaßt, sondern beruhe als letzter Akt einer bewußt auf Einkunftsverzicht angelegten privaten Maßnahme auf privaten Motiven, so daß das Abzugsverbot des § 12 Nr.2 EStG eingreife.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger sinngemäß eine Verletzung des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Die strittigen Aufwendungen stellten Werbungskosten dar, da durch die Ablösung des Wohnungsrechtes die Erzielung von Mieteinnahmen ermöglicht worden sei. Die Ablösung sei losgelöst von der ursprünglichen Einräumung des Wohnungsrechtes zu beurteilen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorentscheidung hat im Ergebnis zu Recht die Zahlung der Kläger zur Ablösung des Wohnungsrechtes nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bilden Werbungskosten grundsätzlich alle Aufwendungen, bei denen objektiv ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung besteht und die subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (Senatsurteil vom 4. Juni 1991 IX R 30/89, BFHE 164, 364, BStBl II 1991, 761). Der erforderliche Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist dann nicht gegeben, wenn die Aufwendungen nicht durch Einkunftserzielung veranlaßt sind, sondern maßgebend auf privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen beruhen (Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817 unter C.II. 2. bb, m.w.N.); in letzterem Fall greift das Abzugsverbot des § 12 Nr.1 EStG ein.
Nach diesen Grundsätzen sind die strittigen Aufwendungen der Kläger einkommensteuerrechtlich nicht zu berücksichtigen. Die Kläger haben ausdrücklich hervorgehoben, das Wohnungsrecht sei im Streitfall deshalb aufgehoben worden, weil sich im Laufe des engen Zusammenlebens zwischen der Klägerin und ihrer Schwiegermutter, der Wohnberechtigten, erhebliche Reibungspunkte ergeben hätten, die nur durch Vermitteln des Klägers hätten zurückgedrängt werden können. Die Klägerin habe jedoch auf der Aufhebung des Wohnungsrechtes bestanden, da ihr im Falle eines Vorversterbens des Klägers ein weiteres Zusammenleben mit der Schwiegermutter nicht zuzumuten gewesen wäre.
Damit haben sie deutlich gemacht, daß die Zahlungen zur Ablösung des Wohnungsrechtes maßgeblich auf solchen Umständen beruhten, die dem Bereich ihrer - familiären - Lebensführung zuzurechnen sind. Deshalb unterfallen die Ablösezahlungen dem Abzugsverbot des § 12 Nr.1 EStG.
Fundstellen
Haufe-Index 64049 |
BFH/NV 1993, 93 |