Entscheidungsstichwort (Thema)
Beendigung einer Betriebsaufspaltung
Leitsatz (NV)
Gehören Patente zu den wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens und werden sie zum Teil veräußert, wird eine Betriebsaufspaltung nur dann beendet, wenn die zurückbehaltenen Patente, die der Betriebsgesellschaft weiterhin zur Nutzung überlassen sind, für deren Betriebsführung wirtschaftlich nicht mehr ins Gewicht fallen und damit nicht mehr als wesentliche Betriebsgrundlagen angesehen werden können.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist freier Erfinder und Inhaber von Patenten und Schutzrechten. Er ist alleiniger Gesellschafter der Firma B-GmbH, die ihrerseits alleinige Gesellschafterin der Firma . . . GmbH (im folgenden W) ist.
Zwischen dem Kläger und der W bestehen Vereinbarungen über die Rechte aus seinen Patenten (Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen). In der mit ,,General-Lizenzvertrag" überschriebenen vertraglichen Vereinbarung vom 2. Mai 1979 ist unter Ziff. I. die Übertragung bestimmter Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen sowie der Eintritt der W ,,in alle Rechte und Pflichten" vorgesehen, ,,die derzeit für (den Kläger) bestehen". Unter Ziff. I.3. verpflichtet sich die W, ,,alles Erforderliche zur Erlangung und Erhaltung der Schutzrechte zu tun. Kommt sie dieser Verpflichtung nicht nach, so kann (der Kläger) die ersatzlose Rückübertragung verlangen". In Ziff. II.1. ist u. a. bestimmt, daß der Lizenzsatz 92 v. H. aller an die W ab 1. Juni 1979 entrichteten Lizenzbeträge beträgt. Für den Fall, daß die W mit ihren ,,sofort nach Eingang der jeweiligen Lizenzzahlungen seitens Dritter fälligen" Lizenzzahlungen (Ziff. II.2.) mehr als einen Monat in Verzug gerät, ist dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt, den ersatzlosen Rückfall der Schutzrechte herbeizuführen (Ziff. II.3. b). Ein solcher ,,ersatzloser Rückfall" soll auch dann erfolgen, wenn über die W ein Vergleichs- oder Konkursverfahren beantragt wird (Ziff. VI.). Mit Vertrag vom 30. Juni 1983 veräußerte der Kläger einen Teil der Schutzrechte und Patente, die Gegenstand des Generallizenzvertrags sind, an die W.
Der Kläger hat außerdem seit dem 1. März 1983 ein ihm gehörendes Grundstück an die W verpachtet.
Im Anschluß an eine Steuerfahndungsprüfung nahm der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) eine Betriebsaufspaltung zwischen dem Kläger und der W an und erließ dementsprechend für das Streitjahr 1983 einen Gewerbesteuermeßbescheid. Mit dem Einspruch gegen diesen Bescheid beantragte der Kläger, einen Teilbetrag von der Vollziehung auszusetzen. Das FA lehnte den Antrag ab; die Beschwerde hatte keinen Erfolg.
Mit der Klage beantragte der Kläger, das FA zu verpflichten, die Vollziehung des Gewerbesteuermeßbescheids in Höhe eines Teilbetrags auszusetzen.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es ist der Auffassung, daß infolge der Veräußerung vom 30. Juni 1983 das Fortbestehen der - bis dahin gegebenen - Betriebsaufspaltung zweifelhaft geworden sei.
Mit der wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung des § 361 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977). Es macht u. a. geltend: Aus dem ihm verbliebenen Teil der Schutzrechte und Patente haben der Kläger auch nach der Veräußerung weiterhin Lizenzeinnahmen in einer beträchtlichen Höhe erzielt.
Das FA beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG die Klage als unbegründet zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Nach dem Beschluß des Senats vom 22. Januar 1988 III B 9/87 (BFHE 152, 539, BStBl II 1988, 537) in dem Beschwerdeverfahren des Klägers betreffend die Aussetzung der Vollziehung des Gewerbesteuermeßbetrags 1982 bestehen allerdings keine ernstlichen Zweifel daran, daß der Kläger mit der Übertragung der Rechte an seinen Patenten auf die W im Generallizenzvertrag vom 2. Mai 1979 eine Betriebsaufspaltung begründet hat. Daran hält der Senat auch nach nochmaliger summarischer Prüfung fest.
Wie er in dem genannten Beschluß dargelegt hat, steht dem nicht entgegen, daß die Betriebs-GmbH, die selbst mit Hilfe der Patente keine Waren produzierte, sondern die Patente an Dritte in Lizenz vergab, allein kraft ihrer Rechtsform als Gewerbebetrieb zu behandeln ist. Im Urteil vom 18. Juni 1980 I R 77/77 (BFHE 131, 388, BStBl II 1981, 39) hat der Bundesfinanzhof (BFH) im übrigen die Grundsätze der Betriebsaufspaltung ausdrücklich auch dann für anwendbar gehalten, wenn Besitz- und Betriebsunternehmen aus einer freiberuflichen Tätigkeit hervorgegangen sind.
Zwar können auch bei einem Kauf Rückübertragungspflichten vereinbart werden. Im Streitfall gehen indes die getroffenen Vereinbarungen weit darüber hinaus. Die Rückübertragungspflicht - hier sogar der unmittelbare Rückfall - ist nicht nur zur (unmittelbaren) Sicherung der Lizenzzahlungen vereinbart, sondern soll auch für den Fall gelten, daß die Betriebsgesellschaft ihrer Verpflichtung, ,,alles Erforderliche zur Erlangung und Erhaltung der Schutzrechte zu tun", nicht nachkommt. Davon abgesehen, ist der ersatzlose Rückfall vereinbart. Dies entspricht nicht der für den Kauf typischen Rückabwicklung nach den Rücktrittsvorschriften der §§ 346 f. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
Im Rahmen der Betriebsaufspaltung sind auch die Einnahmen des der W seit dem 1. März 1983 pachtweise überlassenen Grundstücks des Klägers zu erfassen.
Bei dem Besitzunternehmen unterliegen nicht nur die Einnahmen der Gewerbesteuer, die aus der die Betriebsaufspaltung begründenden Verpachtung bezogen werden, sondern alle weiteren von der Betriebsgesellschaft erhaltenen Vergütungen für sonstige Leistungen. Voraussetzung ist, daß diese Leistungen ihre Grundlage in dem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen innerhalb des Besitz- und Betriebsunternehmens haben, sie also spezifisch auf der Betriebsaufspaltung beruhen (vgl. BFH-Urteil vom 23. Januar 1980 I R 33/77, BFHE 130, 173, BStBl II 1980, 356). Dies hat die Rechtsprechung des BFH lediglich für die Geschäftsführertätigkeit verneint (Urteil vom 9. Juli 1970 IV R 16/69, BFHE 99, 533, BStBl II 1970, 722). Für den - hier gegebenen - Fall der Verpachtung eines Grundstücks ist dies dagegen bei summarischer Prüfung zu bejahen. Ob das Grundstück zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen der Betriebs-GmbH gehört und seine Überlassung auch für sich genommen zu einer Betriebsaufspaltung geführt hätte, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.
2. Mit der teilweisen Veräußerung der Patente ist die Betriebsaufspaltung nur dann beendet worden, wenn die vom Kläger zurückbehaltenen - der Betriebs-GmbH weiterhin zur Nutzung überlassenen - Patente für deren Betriebsführung wirtschaftlich nicht mehr ins Gewicht fallen und damit nicht mehr als wesentliche Betriebsgrundlagen angesehen werden können. Dies lassen die Feststellungen des FG offen, wo - ohne nähere Bezeichnung - nur allgemein von der Veräußerung eines Teils der Patente die Rede ist. Die noch erforderlichen Feststellungen wird das FG nachzuholen haben.
Sollte sich danach am Fortbestehen der Betriebsaufspaltung nichts geändert haben, wird das FG noch das folgende zu beachten haben: Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, daß die Erfindungen bis zur Begründung der Betriebsaufspaltung zum freiberuflichen Betriebsvermögen des Klägers gehört haben. Mit der Betriebsaufspaltung haben sie unmittelbar dem Betrieb des Besitzunternehmens gedient und sind damit (notwendiges) gewerbliches Betriebsvermögen des Klägers geworden. Welche Folgen sich daraus hinsichtlich der bilanzmäßigen Behandlung ergeben müssen, ist bislang nicht geklärt. Insbesondere lassen sich die Grundsätze der Rechtsprechung zum Strukturwandel nicht ohne weiteres heranziehen. Danach bedeutet die Überführung eines Wirtschaftsguts aus einem Gewerbebetrieb in einen anderen nicht gewerblichen Betrieb keine Entnahme, wenn die spätere einkommensteuerliche Erfassung der stillen Reserven sichergestellt bleibt und eine Gewerbesteuer wegen der Einstellung des Gewerbebetriebs nicht mehr anfallen kann (vgl. BFH-Urteil vom 9. Dezember 1986 VIII R 26/80, BFHE 148, 524, BStBl II 1987, 342). Mit dem vorliegenden - umgekehrten - Fall, der Überführung eines Wirtschaftsgutes aus dem freiberuflichen in das gewerbliche Betriebsvermögen, hat sich diese Rechtsprechung aber nicht befaßt. Nach Auffassung des Senats sprechen hier gewichtige Gründe dafür, daß gewerbesteuerrechtlich von einer mit dem Teilwert anzusetzenden Einlage in das gewerbliche Betriebsvermögen auszugehen ist. Anderenfalls würden bisher im nichtgewerbesteuerpflichtigen Bereich entstandene stille Reserven zukünftig mit Gewerbesteuer belastet. Im Aussetzungsverfahren ist diesem Gesichtspunkt Rechnung zu tragen, ohne daß die Frage abschließend entschieden werden müßte.
Fundstellen
Haufe-Index 416064 |
BFH/NV 1990, 58 |