Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlust aus Vermietung und Verpachtung bei kurzfristiger Überlassung; kein Vorkostenabzug bei unentgeltlichem Erwerb
Leitsatz (NV)
1. Vermietet der Eigentümer renovierte Räume von vornherein nur für ein halbes Jahr an die danach aus eigenem Recht (beschränkt persönliche Dienstbarkeit) nutzungsberechtigten Großeltern, ist der aufgrund des hohen Instandsetzungsaufwands entstandene Verlust aus Vermietung und Verpachtung steuerrechtlich nicht zu berücksichtigen, da auf die Dauer der Ver mögensnutzung durch Vermietung ein Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten nicht erzielbar ist.
2. Der unentgeltliche Erwerb eines Einfamilienhauses im Wege der Einzelrechtsnachfolge ist keine Anschaffung i. S. des § 10 e Abs. 6 EStG und berechtigt daher nicht zum Vorkostenabzug.
Normenkette
EStG § 10e Abs. 6, § 21 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Durch notariellen Übergabevertrag vom 29. August 1989 erhielt der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) von seinen Großeltern unentgeltlich ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück übertragen. Der Kläger räumte den Großeltern als beschränkt persönliche Dienstbarkeit vom 1. Januar 1990 an das unentgeltliche Recht ein
"zur Alleinbenutzung sämtlicher Räume im Erdgeschoß des betroffenen Anwesens (zwei Zimmer, Küche, Bad), sowie des im ersten Obergeschoß gelegenen Zimmers rechts vom Treppenaufgang, sowie zur Mitbenutzung von Keller, Hof und Garten".
Ferner ist im Vertrag bestimmt:
"Besitz, Nutzungen, Eigentümerrisiken sowie die auf das verkaufte Anwesen entfallenden öffentlichen Lasten und Abgaben sind auf den Erwerber bereits übergegangen bzw. von ihm zur Zahlung übernommen worden mit Wirkung seit dem 1. Juli 1989, ab dem 1. Januar 1990 sind die Nutzungen eingeschränkt durch vorstehend bestellte Dienstbarkeit."
Im Untergeschoß des Wohnhauses befanden sich ein Kellerraum, ein Heizraum sowie ein Bad und eine Waschküche. Das Erdgeschoß bestand aus zwei Wohnräumen, Wohnküche, Flur und Abstellraum. Das Dachgeschoß enthielt zwei Wohnräume, Wohnküche, Flur und WC. Die Räume im Dachgeschoß -- mit Ausnahme des einen von den Großeltern genutzten Zimmers -- bewohnte der Kläger mit seiner Lebensgefährtin. Am 14. November 1989 beantragte der Kläger eine Genehmigung für einen Anbau an das Wohnhaus.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1989 machte der Kläger einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 10 000 DM geltend. Als Mieteinnahmen erklärte er 1 890 DM. Hiervon zog er Zinsen, Erhaltungsaufwendungen für den Einbau von Fenstern und einer Haustür sowie erhöhte Absetzungen nach § 82 a der Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) für den Einbau einer Heizung als Werbungskosten ab. Er erklärte hierzu: Da Besitz und Nutzungen des Grundstücks bereits ab 1. Juli 1989 auf ihn übergegangen seien, die beschränkt persönliche Dienstbarkeit seinen Großeltern jedoch erst ab 1. Januar 1990 zugestanden habe, habe er von ihnen aufgrund eines mündlichen Mietvertrages monatlich 315 DM in bar erhalten.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) erkannte das Mietverhältnis nicht an und berücksichtigte daher im Einkommensteuerbescheid für 1989 den Verlust aus Vermietung und Verpachtung nicht. Die geltend gemachte erhöhte Absetzung für den Einbau der Heizung zog das FA anteilig, soweit sie auf die vom Kläger zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnfläche entfiel, gemäß § 52 Abs. 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. V. m. § 82 a EStDV wie Sonderausgaben ab. Der Einspruch war erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt. Es erkannte das Mietverhältnis zwischen dem Kläger und seinen Großeltern ebenfalls nicht an, ließ aber die als Werbungskosten geltend gemachten Zinsen und den Erhaltungsaufwand, soweit sie anteilig auf die vom Kläger genutzte Wohnfläche entfielen, als Vorkosten nach § 10 e Abs. 6 EStG zum Abzug zu, da nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. März 1992 X R 113/89 (BFHE 167, 396, BStBl II 1992, 886) dem Eigentümer der Vorkostenabzug auch bei unentgeltlichem Erwerb zustehe.
Mit der Revision rügt das FA Divergenz zu dem BFH-Urteil vom 13. Januar 1993 X R 53/91 (BFHE 170, 186, BStBl II 1993, 346).
Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Zu Recht hat das FG den geltend gemachten Verlust aus Vermietung und Verpachtung nicht anerkannt. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Überschuß oder Verlust) sind steuerrechtlich nur zu berücksichtigen, wenn der Vermieter beabsichtigt, auf die Dauer der Vermögensnutzung einen Totalüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (z. B. BFH-Urteil vom 31. März 1987 IX R 111/86, BFHE 150, 7, BStBl II 1987, 668, m. w. N.). Da der Kläger die Wohnung im Erdgeschoß von vornherein nur für ein halbes Jahr an die danach aus eigenem Recht nutzungsberechtigten Großeltern vermietet hat, war angesichts des hohen Instandsetzungsaufwands ein Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten nicht zu erzielen.
2. Entgegen der Auffassung des FG sind vor Beginn der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken entstandene Aufwendungen nicht als Vorkosten abziehbar, wenn sie mit dem unentgeltlichen Erwerb einer Wohnung zusammenhängen.
a) § 10 e Abs. 6 EStG fordert u. a. einen unmittelbaren Zusammenhang der Aufwendungen mit der Anschaffung der Wohnung. Der Senat hatte im Urteil in BFHE 167, 396, BStBl II 1992, 886, auf das sich das FG gestützt hat, für den Fall einer Einzelrechtsnachfolge im Wege der Schenkung entschieden, als Anschaffung sei auch der unentgeltliche Erwerb anzusehen. In Abkehr von diesem Urteil ist der Senat bei der Entscheidung über den Erwerb einer Wohnung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zu der Auffassung gelangt, daß unter Anschaffung i. S. von § 10 e Abs. 6 EStG nur der entgeltliche Erwerb zu verstehen ist (Urteil in BFHE 170, 186, BStBl II 1993, 346). Der Senat nimmt auf die Gründe dieses Urteils Bezug (vgl. auch Senatsurteile vom 24. März 1993 X R 25/91, BFHE 171, 202, BStBl II 1993, 704, und vom 24. März 1993 X R 25/91, BFHE 171, 202, BStBl II 1993, 704, und vom 15. Dezember 1993 X R 23/93, BFH/NV 1994, 707). Die Bestellung eines dinglichen Wohnungsrechts zugunsten des bisherigen Eigentümers stellt nach ständiger Rechtsprechung keine Gegenleistung für die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück dar (z. B. BFH- Urteil vom 10. April 1991 XI R 7, 8/84, BFHE 164, 343, BStBl II 1991, 791, m. w. N.). Der unentgeltliche Erwerb des Einfamilienhauses von den Großeltern berechtigt den Kläger daher nicht zum Vorkostenabzug.
b) Ein Abzug nach § 10 e Abs. 6 EStG kommt aber in Betracht, wenn der vom Kläger errichtete Anbau an das Einfamilienhaus den Tatbestand des § 10 e Abs. 1 oder Abs. 2 EStG erfüllt und die geltend gemachten Aufwendungen mit der Herstellung einer neuen Wohnung oder dem Ausbau oder der Erweiterung an der eigen genutzten Wohnung zusammenhängen.
3. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Da das FG weder Feststellungen zu dem vom Kläger im November 1989 beantragten Anbau getroffen noch ermittelt hat, wofür die den Schuldzinsen zugrundeliegenden Darlehen verwendet worden sind, kann der Senat nicht selbst in der Sache entscheiden. Das FG wird auch zu prüfen haben, ob die als Erhaltungsaufwand geltend gemachten Kosten z. B. für den Einbau von Fenstern mit dem Anbau zusammenhängen und ggf. als Herstellungskosten in die Bemessungsgrundlage für die Grundförderung einzubeziehen sind, sofern der Kläger mit dem Anbau einen nach § 10 e Abs. 1 oder Abs. 2 EStG begünstigten Tatbestand erfüllt hat.
Fundstellen
Haufe-Index 421862 |
BFH/NV 1997, 557 |