Leitsatz (amtlich)
Die Steuerermäßigung nach § 14 Abs. 1 des 3. VermBG kann bei der Organschaft i. S. von § 7 a KStG a. F. nicht vom Organ auf den Organträger übertragen und von dessen Steuerschuld abgezogen werden, wenn sich die Steuerermäßigung als Folge der Gewinnabführung bei der Organgesellschaft nicht auswirken kann. Es besteht keine Gesetzeslücke. (Ergänzung zu BFH-Beschluß vom 18. Juni 1980 I B 88/79, BFHE 131, 44, BStBl II 1980, 733.)
Normenkette
KStG a.F. § 7a; 3. VermBG § 14
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, ist Organträger der ... GmbH (GmbH), mit der seit 1968 ein steuerrechtlich anerkannter Ergebnisabführungsvertrag besteht. Im Streitjahr (1974) führte die GmbH einen Gewinn in Höhe von ... DM ab. Die Körperschaftsteuerschuld 1974 der Klägerin wurde vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) auf ... DM festgesetzt. Dabei war ein Ermäßigungsbetrag nach § 14 Abs. 1 des Dritten Vermögensbildungsgesetzes (3. VermBG) i. d. F. vom 27. Juni 1970 (BGBl I 1970, 930, BStBl I 1970, 806) von ... DM für vermögenswirksame Leistungen der Klägerin an ihre Arbeitnehmer berücksichtigt worden.
Mit ihrem Einspruch begehrte die Klägerin, einen weiteren Betrag von ... DM nach § 14 Abs. 1 des 3. VermBG steuermindernd zu berücksichtigen. Dieser Betrag, der vermögenswirksame Leistungen der GmbH (Organgesellschaft) an deren Arbeitnehmer betreffe und sich dort infolge der Gewinnabführung nicht auswirken könne, sei aufgrund des Organschaftsverhältnisses auf sie - die Klägerin - zu übertragen. Die Auffassung des FA, daß die Steuerermäßigungsvorschrift mangels einer Körperschaftsteuerschuld des Organs nicht zum Tragen komme, sei bedenklich. Der Gesetzgeber habe diesen Fall der Gewährung vermögenswirksamer Leistungen durch eine Organgesellschaft nicht geregelt. Mit dem Streitfall vergleichbare Tatbestände fänden sich aber im Berlinförderungsgesetz vom 29. Oktober 1970 - BerlinFG - (BGBl I 1970, 1482, BStBl I 1970, 1017) sowie in § 32 des Gesetzes zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlenbergbaus und der Steinkohlenbergbaugebiete - KoG - (BGBl I 1968, 365, BStBl I 1968, 939). Die offene Lücke sei durch Analogie zugunsten der Klägerin auszufüllen.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Sie hat zur Bekräftigung ihrer Rechtsauffassung ein Gutachten des Deutschen Wissenschaftlichen Instituts der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten e. V. vorgelegt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die Klägerin kann die Ermäßigung der Körperschaftsteuer 1974 nach § 14 Abs. 1 des 3. VermBG nicht auch insoweit verlangen, als der Ermäßigungsbetrag auf die GmbH (Organgesellschaft) entfällt.
1. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, daß im Falle der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft die Organgesellschaft und der Organträger zivilrechtlich und steuerrechtlich verschiedene Rechtsträger bleiben (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Juni 1980 I B 88/79, BFHE 131, 44, BStBl II 1980, 733). Der durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 15. August 1969 - OrganschaftsG - (BGBl I 1969, 1182, BStBl I 1969, 471) in das Körperschaftsteuergesetz (KStG a. F.) eingefügte § 7 a rechnet dem Organträger nur das Einkommen der Organgesellschaft zu. Enthält das zugerechnete Einkommen der Organgesellschaft Betriebseinnahmen, die einem Steuerabzug unterlegen haben, wird die einbehaltene Steuer nach herrschender Auffassung beim Organträger angerechnet (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 7 a KStG a. F. Anm. 127-128, Lieferung 120 Juni 1977). Jedoch geht die steuerrechtliche Rechtsstellung des Organs nicht insgesamt auf den Organträger über (Jurkat, Betriebs-Berater - BB - 1970, 525, 530; ders., Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, Heidelberg 1975, Tz. 591, 680; L. Schmidt, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1969, Sp. 442, 454; Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., Anm. 76-78). Deshalb kann der dem Organ zustehende Ermäßigungsbetrag nach § 14 Abs. 1 des 3. VermBG nicht schon allein aufgrund des Organschaftsverhältnisses auf den Organträger übergehen. Ob nunmehr aus § 19 KStG 1977 etwas anderes folgt (vgl. Abschn. 65 Abs. 1 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1981; BT-Drucks. 7/1470 S. 349 f.), ist für den streitigen Zeitraum nicht erheblich.
2. Zwar trifft die Auffassung der Klägerin zu, daß der Gesetzgeber den Besonderheiten der Organschaft im Zusammenhang mit Steuervergünstigungen in manchen Fällen Rechnung getragen hat. So wurde durch Art. 4 OrganschaftsG § 24 Abs. 1 des Berlinhilfegesetzes (BHG) an die körperschaftsteuerrechtliche Neuregelung der Organschaft angepaßt. Nach dieser Vorschrift sind Organgesellschaften als Betriebsstätten des Organträgers anzusehen, um dadurch eine Aufteilung der im Organkreis erzielten Gewinne nach den Regeln des § 23 Nr. 2 BerlinFG zu erreichen (vgl. Bordewin in Sönksen/Söffing, Berlinförderungsgesetz, § 24 Anm. 3). Es handelt sich hierbei jedoch nicht - wie im Streitfall - um eine Steuervergünstigung, die eine Ermäßigung der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer vorsieht. Eine auf die Organschaft bezogene Bestimmung zu den Steuerermäßigungen nach §§ 16, 17 BerlinFG wurde nicht getroffen. Daraus wird gefolgert, daß die Darlehensgewährung durch eine Organgesellschaft bei Ermangelung einer entsprechenden Körperschaftsteuer der Organgesellschaft ohne Begünstigung bleibt (vgl. Hübl, Deutsche Steuer-Zeitung/Ausgabe A - DStZ/A - 1972, 145, 150; Schmidt/Steppert, Die Organschaft, 2. Aufl., S. 132; Jurkat, a. a. O., Tz. 797/798).
In einem anderen Sinne hatte sich der Gesetzgeber bei der Investitionsprämie nach § 32 KoG entschieden. Gemäß § 32 Abs. 7 KoG (geändert durch Art. 9 Nr. 2 des Steueränderungsgesetzes 1969, BGBl I 1969, 1211, BStBl I 1969, 477) kann der Organträger den Abzug der Investitionsprämie auch insoweit vornehmen, als die begünstigten Maßnahmen von der Organgesellschaft selbst getroffen wurden. Diese Regelung ist nicht im Wege der Analogie auf den Ermäßigungsbetrag nach § 14 Abs. 1 des 3. VermBG anwendbar. Eine entsprechend auszufüllende Lücke in der gesetzlichen Regelung liegt nicht vor (offengelassen im Beschluß in BFHE 131, 44, BStBl II 1980, 733, 735).
3. Für die analoge Anwendung einer Rechtsnorm auf einen Sachverhalt ist Voraussetzung, daß ein Gesetz lückenhaft im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit und Ergänzungsbedürftigkeit ist (BFH-Beschluß vom 5. März 1979 GrS 4/78, BFHE 127, 147, 154, BStBl II 1979, 375; BFH-Urteil vom 9. April 1981 I R 157/77, BFHE 134, 404, 407, BStBl II 1982, 362). § 32 Abs. 7 KoG enthält keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dessen Fehlen bei vergleichbaren Bestimmungen als planwidrige Unvollständigkeit dieser Bestimmungen anzusehen wäre.
Nach der für das Streitjahr geltenden gesetzlichen Regelung der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft ist, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind, "das Einkommen der Organgesellschaft dem Träger des Unternehmens (Organträger) zuzurechnen" (§ 7 a Abs. 1 Satz 1 KStG a. F.). Diesen Grundsatz durchbricht § 32 Abs. 7 KoG, wenn neben dem Einkommen noch andere steuerliche Verhältnisse und Tatbestandsmerkmale des Organs dem Organträger zugerechnet werden (Jurkat, a. a. O., Tz. 799). Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, daß es einem Plan des Gesetzgebers entsprechen würde, diese für einen Einzelfall zugelassene Durchbrechung auf andere, in gewisser Hinsicht möglicherweise ähnliche Fälle auszudehnen. Es kann nicht als Inhalt eines Gesamtplans unterstellt werden, daß Steuerpflichtige, die eine für sie in der Regel steuerlich günstige Organschaft gestalten, hinsichtlich aller Steuervergünstigungen dem Zustand ohne Organschaft gleichgestellt bleiben sollten.
Fundstellen
Haufe-Index 74956 |
BStBl II 1984, 382 |
BFHE 1984, 446 |