Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Transportversicherungskosten bei der Ermittlung des Zollwerts
Leitsatz (amtlich)
Die Kosten einer Transportversicherung sind bei der Ermittlung des Zollwerts nach Art.3 ZWVO 1980 stets dem Preis hinzuzurechnen. Das gilt auch dann, wenn es sich um eine Zweitversicherung handelt und ihr Abschluß innerbetrieblichen Zwecken, z.B. der Liquiditätssicherung, dient.
Normenkette
EWGV 1224/80 Art. 8 Abs. 1 Buchst. e Ziff. i, Art. 3
Tatbestand
I. Das Hauptzollamt (HZA) entsprach den Anträgen der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) auf Abfertigung tiefgefrorener Champignons aus Spanien zu ihrem offenen Zollager und stellte Menge, Beschaffenheit und Zollwert der eingeführten Waren mit Feststellungsbescheiden vom 22.Juni 1982 wie angemeldet fest. Dabei berücksichtigte es die von dem Einführer --Firma W-- bei der Anmeldung gemachten Angaben über den Zollwert, der sich aus dem Nettopreis zuzüglich der Beförderungskosten je Partie zusammensetzte. In den Beförderungskosten in Höhe von je 500 DM sind die Kosten für Versicherungen der Frachtführer wegen ihrer Haftung nach dem Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) enthalten. Die Kosten der sog. Transportversicherung hatte die Firma W nicht angegeben.
Anläßlich einer Betriebsprüfung beanstandete das HZA u.a., daß die Kosten der Transportversicherung, die die Firma W für die von ihr gekauften Waren abgeschlossen hatte und für die sie eine Prämie von 0,6 % vom Versicherungswert pro Transport zuzüglich 5 % Versicherungssteuer gezahlt hatte, nicht in den Zollwert der Waren einbezogen worden seien. Daraufhin änderte das HZA mit Bescheid vom 25.September 1984 nach § 172 Abs.1 Nr.1, § 181 Abs.1 der Abgabenordnung (AO 1977) seine Feststellungsbescheide vom 22.Juni 1982 und erhöhte die früher festgestellten Zollwerte unter Berücksichtigung der Kosten der genannten Versicherung.
Mit Änderungsbescheid vom 29.Oktober 1984 setzte das HZA nach Art.2 der Verordnung (EWG) Nr.1697/79 (NacherhebungsVO) den nach der Erhöhung des Zollwertes für beide Partien nachzuerhebenden Zoll auf insgesamt 142,92 DM fest. Den Einspruch der Klägerin wies das HZA zurück.
Die Klage hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.
Der Zollwert ist im vorliegenden Fall zutreffend nach der Methode des Art.3 der Verordnung (EWG) Nr.1224/80 des Rates vom 28.Mai 1980 über den Zollwert der Waren (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- L 134 vom 31.Mai 1980) --ZWVO 1980-- festgestellt worden (vgl. Art.2 Abs.1 ZWVO 1980). Danach ist Zollwert der gezahlte oder zu zahlende Preis, "gegebenenfalls nach Berichtigung gemäß Art.8" (Art.3 Abs.1 ZWVO 1980). Nach Art.8 Abs.1 Buchst.e Ziff.i ZWVO 1980 sind dem Preis hinzuzurechnen "Beförderungskosten und Versicherungskosten für die eingeführten Waren ... bis zum Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Gemeinschaft". Die Kosten für die vom Einführer abgeschlossene Transportversicherung gehören zu den danach hinzuzurechnenden Kosten.
Art.8 Abs.1 Buchst.e Ziff.i ZWVO 1980 verwendet die Begriffe "Beförderungskosten" und "Versicherungskosten" nebeneinander. Der Zusammenhang läßt keinen Zweifel, daß "Versicherungskosten" in diesem Sinn nicht jegliche Versicherungskosten in bezug auf die eingeführten Waren sind, sondern nur solche, die im Zusammenhang mit der Lieferung und Beförderung der zu bewertenden Waren bis zum Einfuhrort entstanden sind (vgl. Schwarz/Wockenfoth, Zollgesetz, 2.Aufl., ZWVO 1980 Art.8 Anm.65; Zepf, Wertverzollung, 4.Aufl., Art.8 A 6.3 Abs.2). Der Begriff Versicherungskosten ist daher im wesentlichen nur eine Erläuterung zum Begriff der Beförderungskosten. Dieser umfaßt "alle Haupt- und Nebenkosten, die mit der Beförderung der Waren in Richtung auf das Zollgebiet der Gemeinschaft verbunden sind" (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften --EuGH-- vom 6.Juni 1990 Rs.C - 11/89, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1990, 462, amtlich noch nicht veröffentlicht).
Nach den Feststellungen des FG hat die Einführerin "für Transporte 'von Obst und Gemüse, tiefgekühlt, von Plätzen in ... Spanien ... nach Plätzen Europas' eine als Transportversicherung bezeichnete Versicherung genommen". Die Kosten einer solchen Versicherung sind Nebenkosten, die mit der Beförderung der Waren in Richtung auf das Zollgebiet der Gemeinschaft verbunden sind, erfüllen also den Begriff der Beförderungskosten in der Auslegung des EuGH. Sie sind daher folgerichtig auch als Versicherungskosten i.S. des Art.8 Abs.1 Buchst.e Ziff.i ZWVO 1980 anzusehen.
Auch das FG ist der Auffassung, daß die zu beurteilende Versicherung eine Transportversicherung ist. Es meint jedoch, dieser Begriff sei nach Sinn und Zweck des Systems der ZWVO 1980 einschränkend dahin auszulegen, daß die Einbeziehung von Versicherungskosten in den Zollwert dann ausscheidet, wenn die Versicherung wirtschaftlich einfuhrfremden, insbesondere innerbetrieblichen Zwecken dient. Die hier zu beurteilende Versicherung dient nach Auffassung des FG deswegen rein innerbetrieblichen Zwecken, weil der Einführer mit dem Abschluß allein auf eine Liquiditätssicherung abziele. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Auffassung des FG nicht über eine einschränkende Auslegung hinausgeht und einer richterlichen Rechtsfortbildung durch teleologische Reduktion gleichkommt, für die die Voraussetzungen nicht vorliegen. Jedenfalls vermag der erkennende Senat der Auffassung des FG nicht zu folgen.
Zu Unrecht beruft sich das FG darauf, der fraglichen Transportversicherung fehle der Bezug zum Einfuhrvorgang. Dieser Bezug ist vielmehr nach dem Inhalt der Versicherung dadurch eindeutig gegeben, daß diese die Gefahr des Transports der eingeführten Waren bis zum Einfuhrort abzusichern bestimmt ist. Dieser Bezug wird der Versicherung nicht dadurch genommen, daß Motiv des Einführers für den Abschluß der Versicherung lediglich seine Liquiditätssicherung war.
Sinn und Zweck des Zollwertsystems der ZWVO 1980 rechtfertigen entgegen der Auffassung des FG nicht die von ihm für notwendig gehaltene Differenzierung. Das Gegenteil ist der Fall. Die Differenzierung danach, ob bei einer Doppelversicherung die Versicherungen "nicht lediglich versicherungsrechtlich, sondern auch tatsächlich die Funktion haben, die Risiken der Lieferung und des Transports der Ware bis zum Einfuhrort in der Gemeinschaft abzudecken", verkompliziert die Ermittlung des Zollwerts unter Außerachtlassung des Wortlauts der Vorschrift in einer Weise, die nicht als vereinbar angesehen werden kann mit Sinn und Zweck der ZWVO 1980. Diese Regelung hat das frühere Zollwertsystem der Verordnung (EWG) Nr.803/68 des Rates vom 27.Juni 1968 über den Zollwert der Waren (ABlEG L 148/6 vom 28.Juni 1968) --ZWVO 1968-- mit seinem theoretischen Wertbegriff --der die Wettbewerbsneutralität und Gleichmäßigkeit der Verzollung zwar besser sicherstellte, aber auch von gut funktionierenden Zollverwaltungen nur unter Schwierigkeiten zu handhaben war-- gerade deswegen abgelöst, weil sie eher eine einfache, den Welthandel begünstigende Regelung darstellte (vgl. im einzelnen Zepf, a.a.O., Einleitung Nr.4).
Fundstellen
Haufe-Index 63379 |
BFH/NV 1990, 79 |
BFHE 161, 230 |
BFHE 1991, 230 |
BB 1990, 1898 (L) |
HFR 1991, 108 (LT) |
StE 1990, 347 (K) |