Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung von Nachzahlungszinsen bei Änderung der Steuerfestsetzung
Leitsatz (amtlich)
Waren aufgrund einer erstmaligen Steuerfestsetzung Erstattungszinsen für einen angefangenen Monat nicht zu zahlen, und wird die festgesetzte Steuer später erhöht, so sind auch für diesen Monat Nachzahlungszinsen zu entrichten.
Normenkette
AO 1977 § 233a Abs. 2-3, 5, § 238 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Für das Streitjahr 1989 setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) mit Bescheid vom 22. April 1991 Einkommensteuer in Höhe von 4 621 DM fest. Aufgrund der Anrechnung von Einkommensteuervorauszahlungen, Körperschaftsteuer und Abzugsteuern in Höhe von 50 507 DM ergab sich eine Erstattung in Höhe von 45 886 DM, die für den angefangenen Monat April nicht verzinst wurde (Beginn des Zinslaufs gemäß § 233a der Abgabenordnung --AO 1977-- am 1. April 1991; Zinsgewähr gemäß § 238 Abs.1 AO 1977 jedoch nur für volle Monate). Mit Bescheid vom 4. Juli 1991 änderte das FA die ursprüngliche Veranlagung und setzte die Einkommensteuer für das Streitjahr auf 25 136 DM fest; daraus ergab sich eine Nachzahlung von 20 515 DM. Gleichzeitig setzte das FA für die Zeit vom 1. April 1991 bis zum 7. August 1991 für vier Monate Zinsen in Höhe von 410 DM auf den Betrag von 20 500 DM fest.
Mit dem dagegen gerichteten Einspruch machten die Kläger geltend, zu zahlen seien nur die Zinsen für drei Monate, weil der ursprüngliche Bescheid vom 22. April 1991 wegen der Anrechnung hoher Vorauszahlungen zu einer Erstattung geführt habe. Sie brauchten für April 1991 keine Zinsen zu zahlen, weil in diesem Monat eine Überzahlung vorgelegen hätte. Der Einspruch blieb jedoch erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage indessen statt.
Mit seiner dagegen gerichteten, vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung des § 233a Abs.2 Satz 1 AO 1977.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, die Klage abzuweisen (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Führt die Festsetzung einer Steuer zu einer Steuernachforderung, ist diese gemäß § 233a Abs.1 Satz 1 AO 1977 nach Maßgabe der Abs.2 bis 5 der Vorschrift zu verzinsen. Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (§ 233a Abs.2 Satz 1 AO 1977). Er endet nach § 233a Abs.2 Satz 3 AO 1977 in der im Streitjahr geltenden Fassung (vor Inkrafttreten des Art.26 Nr.27 Buchst.a des Gesetzes zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts vom 21. Dezember 1993, BGBl I 1993, 2310, BStBl I 1994, 50) mit der Fälligkeit der Steuernachforderung, spätestens vier Jahre nach seinem Beginn. Maßgebend für die Zinsberechnung ist nach § 233a Abs.3 Satz 1 AO 1977 die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen (Unterschiedsbetrag).
Im Streitfall hat das FA die ursprüngliche Steuerfestsetzung geändert und den Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der zuvor festgesetzten Steuer der Verzinsung unterworfen. Die Beteiligten sind sich auch darin einig, daß dieser Unterschiedsbetrag von 20 500 DM zu verzinsen ist. Dies entspricht der Regelung in § 233a Abs.5 Satz 2 AO 1977. Der Verzinsungsbeginn ist gemäß § 233a Abs.2 Satz 1 AO 1977 auf den 1. April 1991 zu legen.
Zu Unrecht beanstanden die Kläger, daß bei der Berechnung des Nachzahlungsbetrags nicht auch die geleisteten Vorauszahlungen berücksichtigt worden sind; dessen bedurfte es nicht, nachdem bereits der Erstbetrag gemäß § 233a Abs.3 Satz 1 AO 1977 gemindert worden war. Die Kläger sind dadurch nicht benachteiligt, weil sich bei einer Einbeziehung der Vorauszahlungen eine entsprechende Minderung des Erstattungsbetrages ergeben hätte. Ein Nachteil ergibt sich für sie allerdings insoweit, als sie für April 1991 im Hinblick auf § 238 Abs.1 AO 1977 keine Erstattungszinsen beanspruchen können, jedoch Nachzahlungszinsen entrichten sollen. Der Zinslauf für die Erstattungszinsen begann am 1. April 1991 und endete mit der Bekanntgabe des ursprünglichen Steuerbescheides vom 22. April 1991, währte also keinen vollen Monat. Dasselbe Ergebnis hätte sich eingestellt, wenn der ursprüngliche Steuerbescheid erst im Mai 1991 bekanntgegeben worden wäre; dann wären Erstattungszinsen für April 1991, nicht aber für Mai 1991 angefallen, aus dem Zweitbescheid jedoch Nachzahlungszinsen für April und Mai 1991, die mit den Erstattungszinsen zu verrechnen gewesen wären. Die vereinfachende Regelung des § 238 Abs.1 AO 1977 ist nicht zu beanstanden. Von ihr profitieren auch die Kläger, weil sie auf den zu Unrecht erstatteten Steuerbetrag für August 1991 keine Zinsen zu entrichten brauchen.
Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war seine
Fundstellen
Haufe-Index 66056 |
BFH/NV 1997, 149 |
BStBl II 1997, 263 |
BFHE 182, 1 |
BFHE 1997, 1 |
BB 1997, 618 (Leitsatz) |
DStRE 1997, 269-270 (Leitsatz und Gründe) |
DStZ 1997, 460 (Leitsatz und Gründe) |
HFR 1997, 290-291 (Leitsatz) |
StE 1997, 161 (Leitsatz) |
StRK, R.14 (Leitsatz und Gründe) |
Information StW 1997, 282 (Leitsatz und Gründe) |
LEXinform-Nr. 0141008 |
NJW 1997, 2134 |
NJW 1997, 2134-2135 (Leitsatz und Gründe) |
SteuerBriefe 1997, 9 |
GStB 1997, Beilage zu Nr 5 (Leitsatz) |
NWB 1997, 767 |
BFH/NV BFH/R 1997, 149 (Leitsatz und Gründe) |