Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung des Entlastungsbetrags nach § 32c EStG 1999
Leitsatz (NV)
1. Bei Ermittlung der gewerblichen Einkünfte i.S. des § 32c EStG ist keine anteilige Verlustverrechnung gemäß § 2 Abs. 3 Satz 4 EStG durchzuführen.
2. Der auf gewerbliche Einkünfte entfallende Anteil am zu versteuernden Einkommen (gewerblicher Anteil) bemisst sich nach dem Verhältnis der gewerblichen Einkünfte nach § 32c Abs. 2 EStG zur Summe der Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 3 EStG.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 3, § 32c; StEntlG 1999/2000/2002
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1999 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.
Der Kläger erzielte 1999 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 292 820 DM, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 8 080 DM, Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 77 018 DM sowie negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 21 125 DM. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 6 670 DM, Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 5 400 DM, negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 37 979 DM sowie sonstige Einkünfte in Höhe von 366 DM. Der Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von insgesamt 59 104 DM war gemäß § 2 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) --im Folgenden: EStG 1999-- in vollem Umfang ausgleichsfähig. Die der Tarifbegrenzung nach § 32c EStG 1999 unterliegenden gewerblichen Einkünfte betrugen laut Mitteilung vom 10. Januar 2003 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 289 387 DM.
Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 1999 legte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) bei der Ermittlung des Entlastungsbetrags gemäß § 32c EStG 1999 --programmgesteuert-- als tarifbegünstigte Einkünfte i.S. des § 32c Abs. 2 EStG 1999 die gemäß § 2 Abs. 3 Satz 4 EStG 1999 anteilig geminderten Einkünfte aus Gewerbebetrieb zugrunde. Er berücksichtigte einen Entlastungsbetrag in Höhe von 1 016 DM und setzte mit Einkommensteuerbescheid vom 29. November 2000 die Einkommensteuer für 1999 auf 106 506 DM fest. Die Steuerfestsetzung erging hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 32c EStG 1999 nach § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) vorläufig. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA zurück.
Mit der dagegen erhobenen Klage begehrten die Kläger, die Einkommensteuer 1999 unter Berücksichtigung eines Entlastungsbetrags gemäß § 32c EStG 1999 auf der Grundlage begünstigter gewerblicher Einkünfte in Höhe von 289 387 DM festzusetzen.
Während des Klageverfahrens erließ das FA einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 geänderten Einkommensteuerbescheid für 1999. Darin berücksichtigte es einen Entlastungsbetrag nach § 32c EStG 1999 in Höhe von 1 096 DM. Der Steuerbescheid wurde gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben. Unter Berücksichtigung eines Entlastungsbetrags nach § 32c EStG 1999 in Höhe von 3 231 DM sei die Einkommensteuer für 1999 auf 105 037 DM festzusetzen.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Die tarifbegrenzten gewerblichen Einkünfte seien um die anteiligen Verluste aus anderen Einkunftsarten zu kürzen.
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass der Berechnung des Entlastungsbetrags nach § 32c Abs. 4 EStG 1999 gewerbliche Einkünfte des Klägers in Höhe von 289 387 DM zugrunde zu legen sind.
1. Gemäß § 32c Abs. 1 EStG 1999 ist von der tariflichen Einkommensteuer ein Entlastungsbetrag nach § 32c Abs. 4 EStG 1999 abzuziehen, wenn in dem zu versteuernden Einkommen gewerbliche Einkünfte i.S. des § 32c Abs. 2 EStG 1999 enthalten sind, deren Anteil am zu versteuernden Einkommen mindestens 93 744 DM beträgt. Der Begriff der gewerblichen Einkünfte wird in § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG 1999 dahingehend definiert, dass es sich vorbehaltlich des Satzes 2 der Vorschrift um Gewinne oder Gewinnanteile handeln muss, die nach § 7 oder § 8 Nr. 4 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) der Gewerbesteuer unterliegen.
2. Im Streitfall betragen die der Tarifbegrenzung unterliegenden Einkünfte 289 387 DM. In dieser Höhe unterliegt der Gewinn des Klägers nach § 7 GewStG der Gewerbesteuer.
Anders als § 35 EStG i.d.F. des Steuersenkungsgesetzes vom 23. Oktober 2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) enthält § 32c Abs. 2 EStG 1999 eine Definition der gewerblichen Einkünfte. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift sind gewerbliche Einkünfte nicht die anteilig geminderten Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach Anwendung des Verlustausgleichs gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1999 (vgl. auch FG Düsseldorf, Urteil vom 19. Dezember 2005 8 K 383/02 E, juris Nr: STRE200670862; Lambrecht in Kirchhof, EStG, 6. Aufl., § 32c Rn 26). Auch fehlt in § 32c EStG 1999 ein Verweis auf § 2 Abs. 3 Sätze 2 bis 8 EStG 1999. Für einen ungekürzten Ansatz der gewerblichen Einkünfte spricht zudem § 32c Abs. 3 Satz 2 EStG 1999, wonach der Entlastungsbetrag nach Abs. 4 auf der Grundlage des gesamten zu versteuernden Einkommens zu ermitteln ist, wenn die gewerblichen Einkünfte nach Abs. 2 die Summe der Einkünfte übersteigen. Diese Regelung könnte niemals greifen, wenn gewerbliche Einkünfte i.S. von § 32c Abs. 2 EStG 1999 die anteilig geminderten Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach Anwendung des Verlustausgleichs gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1999 wären. Entgegen der Auffassung des FA ergibt sich auch aus der Eingangsformulierung in § 32c Abs. 1 EStG 1999 nichts Gegenteiliges. Diese Formulierung gleicht der in § 34 Abs. 1 EStG 1999; auch bei dieser Vorschrift sind für die Berechnung der begünstigten Einkommensteuer seit 1999 die Verlustausgleichsbeschränkungen des § 2 Abs. 3 Satz 3 ff. EStG 1999 nicht zu beachten (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13. August 2003 XI R 27/03, BFHE 204, 433, BStBl II 2004, 547).
3. Gemäß § 32c Abs. 3 Satz 1 EStG 1999 bemisst sich der auf gewerbliche Einkünfte entfallende Anteil am zu versteuernden Einkommen (gewerblicher Anteil) nach dem Verhältnis der gewerblichen Einkünfte nach § 32c Abs. 2 EStG 1999 zur Summe der Einkünfte. Da § 32c EStG 1999 keine eigenständige Definition der Summe der Einkünfte enthält, ist das Verhältnis der gewerblichen Einkünfte i.S. von § 32c Abs. 2 EStG 1999 zur Summe der Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 3 EStG 1999 entscheidend (ebenso Lambrecht in Kirchhof, a.a.O., § 32c Rn 22; Schmidt/Glanegger, EStG, 20. Aufl., § 32c Rz 25; Hörger in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 32c EStG Rn 11). Die Verlustausgleichsbegrenzung gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1999 wäre deshalb zu beachten, wenn --anders als im Streitfall-- negative Einkünfte von Steuerpflichtigen nicht in vollem Umfang ausgleichsfähig wären.
4. Die vom FA aufgeworfene Frage, ob die Summe der Einkünfte nach § 2 Abs. 3 EStG 1999 um den Verlustabzug i.S. des § 10d EStG zu bereinigen ist, stellt sich im Streitfall nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 1716548 |
BFH/NV 2007, 879 |