Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlaß von Grunderwerbsteuer
Leitsatz (NV)
1. Mangelnde Sprachkenntnis des Steuerpflichtigen ist kein sachlicher Grund, der eine Billigkeitsmaßnahme rechtfertigt.
2. GrESt kann wegen Unbilligkeit aus persönlichen (wirtschaftlichen) Gründen grundsätzlich nur in Ausnahmefällen erlassen werden.
Normenkette
AO 1977 § 227
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches FG |
Tatbestand
Die Kl`n. ist Geschäftsführerin und Alleingesellschafterin der Firma X-GmbH (GmbH). Im Jahre 1979 geriet die GmbH in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Ein Geschäftspartner der GmbH, die Firma Y, konnte aus der Lieferung von Geräten und Materialien herrührende Forderungen in Höhe von ca. . . . DM nicht bezahlen. Für die diesen Forderungen zugrunde liegenden Verbindlichkeiten der GmbH hatte die Kl`n. gegenüber den Lieferanten und der Bank persönliche Haftung übernommen. Bei der Firma Y durchgeführte Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verliefen ergebnislos. Die Verluste der GmbH beliefen sich 1979 auf . . . DM (Gesamtverlustvortrag per 31. Dezember 1979 . . . DM, Stammkapital . . . DM).
Die Kl`n. ist seit 1978 auch als . . . tätig. Die ersten Einnahmen aus dieser Tätigkeit erzielte sie 1979, der Anlaufverlust belief sich auf rund . . . DM.
Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 6. März 1978 erwarb die Kl`n. ein unbebautes Grundstück zum Kaufpreis von . . . DM. Die Kl`n. beantragte für diesen Erwerb GrESt-Befreiung nach dem seinerzeitigen Schleswig-Holsteinischen GrESBWG. Gegenüber dem beklagten FA erklärte sie am 6. März 1978 auf einem Vordruck unter Ziff. 1 die Absicht, auf dem erworbenen Grundstück innerhalb von 10 Jahren, vom Tage der Ausstellung der Unbedenklichkeitsbescheinigung an gerechnet, ein steuerbegünstigtes Gebäude zu errichten. Des weiteren erklärte sie in Ziff. 4 und 5 des Vordrucks: ,,Ich weiß, daß ich nach § 165e Abs. 4 der Abgabenordnung verpflichtet bin, das Finanzamt binnen zwei Wochen zu benachrichtigen, wenn innerhalb der unter Ziff. 1 dieses Antrages angegebenen Zehn-Jahres-Frista) das Grundstück unbebaut oder mit einem nicht bezugsfertigen Gebäude von mir veräußert wird. . . . Es ist mir bekannt, daß die Grunderwerbsteuer nebst Zuschlag nacherhoben wird, wenn
b) der steuerbegünstigte Zweck vor Ablauf von 10 Jahren, vom Tage der Ausstellung der Unbedenklichkeitsbescheinigung an gerechnet, aufgegeben wird. . . ."
Das FA sah daraufhin zunächst gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrESBWG von einer Besteuerung ab und erteilte am 23. März 1978 die Unbedenklichkeitsbescheinigung.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 24. März 1980 veräußerte die Kl`n. das Grundstück in unbebautem Zustand zu einem Kaufpreis von . . . DM weiter, ohne das FA von diesem Verkauf zu unterrichten.
Im Wege der Nacherhebung zog das FA mit Bescheid vom 9. Juli 1980 die Kl`n. wegen Aufgabe des begünstigten Zwecks zur GrESt nebst einem Zuschlag gemäß § 7 Abs. 4 GrESBWG in Höhe eines Betrages von insgesamt . . . DM heran. Der GrESt-Bescheid ist bestandskräftig.
Die Kl`n beantragte den Erlaß der festgesetzten GrESt und des Zuschlags aus Billigkeitsgründen. Zur Begründung brachte sie vor, sie habe als Ausländerin nicht gewußt, daß GrESt anfallen würde und eine Pflicht zur Anzeige der Grundstücksveräußerung bestanden habe. Sie sei davon ausgegangen, daß der beurkundende Notar die gesamte Vertragsabwicklung durchführen würde und sei auch von diesem auf eine solche Anzeigepflicht nicht hingewiesen worden. Darüber hinaus könne sie aufgrund ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Steuern nicht bezahlen. Sie verfüge über ein monatliches Nettoeinkommen von etwa . . . DM, mit dem die Lebenshaltungskosten gerade gedeckt werden könnten. Aus einem Leasing-Vertrag müsse sie monatlich . . . DM bezahlen und ihre Bankschulden beliefen sich auf . . . DM. Sicherheiten zur Aufnahme eines Bankkredits seien nicht vorhanden. Da die Firma Y in Konkurs gegangen sei, könne die GmbH keinerlei Zahlungen erlangen; andererseits müsse aber sie - die Kl`n. - für die Schulden der GmbH aufkommen. Aufgrund dieser wirtschaftlichen Schwierigkeiten habe sie das erworbene Grundstück verkaufen müssen. Den aus dem Grundstücksverkauf erzielten Veräußerungsgewinn habe sie zur Abdeckung der Verbindlichkeiten verwendet.
Das FA lehnte den Erlaßantrag mit Verfügung vom 26. Februar 1981 ab. Die Beschwerde wies die OFD mit Beschwerdeentscheidung vom 20. Oktober 1981 als unbegründet zurück.
Mit der Klage beantragte die Kl`n. unter Aufhebung der Ablehnungsverfügung und der Beschwerdeentscheidung das FA zu verpflichten, die festgesetzte GrESt nebst Zuschlag in Höhe von zusammen . . . DM zu erlassen.
Das FG hat die Klage abgewiesen.
Mit ihrer Revision rügt die Kl`n. im wesentlichen die Verletzung des § 277 AO 1977. Darüber hinaus bringt sie vor, das angefochtene Urteil setze sich überhaupt nicht damit auseinander, ob nicht im Hinblick auf die Neuregelung der GrESt unter Berücksichtigung der vorgetragenen Fakten zumindest eine Minderung bzw. Herabsetzung der GrESt auf die heutige gesetzliche Höhe geboten sei.
Die Kl`n. beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und das FA zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheids vom 26. Februar 1981 und der hierzu ergangenen Beschwerdeentscheidung die mit Bescheid vom 9. Juli 1980 festgesetzte GrESt in Höhe von . . . DM zu erlassen, hilfsweise, zu mindern, hilfsweise, zu stunden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich im Revisionsverfahren mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf unrichtiger Anwendung des § 227 Abs. 1 AO 1977. Nach dieser Vorschrift können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. § 227 Abs. 1 AO 1977 stellt den Erlaß oder die Erstattung der Steuer in das pflichtgemäße Ermessen der Behörden. Das FA mußte daher über den Erlaßantrag der Kl`n. nach seinem Ermessen entscheiden. Die Entscheidung über ein Erlaßbegehren kann von den FG nur in den Grenzen, die § 102 FGO zieht, überprüft werden. Das FG mußte daher im vorliegenden Fall prüfen, ob das FA bei der Ablehnung des Erlasses die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.
Das FG ist zu dem Ergebnis gekommen, daß das FA bei seiner Entscheidung sich im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens gehalten hat, wie es durch den Begriff ,,unbillig" i. S. des § 227 Abs. 1 AO 1977 abgegrenzt wird (vgl. Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, 108 f., BStBl II 1972, 603). Diese Entscheidung läßt keinen Rechtsfehler erkennen.
Die Unbilligkeit i. S. des § 227 Abs. 1 AO 1977 kann in der Sache selbst oder in der Person des Steuerpflichtigen begründet sein. Im Streitfall liegen jedoch weder sachliche noch persönliche Gründe für eine Unbilligkeit der Steuereinziehung vor.
1. § 227 Abs. 1 AO 1977 geht davon aus, daß die Einziehung einer entstandenen und richtig festgesetzten Steuer grundsätzlich nicht unbillig ist, die Unbilligkeit der Einziehung vielmehr die Ausnahme darstellt. Daher können Härten, die in dem gesetzlichen Besteuerungstatbestand liegen und in allen unter diesen Tatbestand zu subsumierenden Fällen gleichermaßen auftreten oder auftreten können, grundsätzlich nicht durch Billigkeitsmaßnahmen ausgeglichen werden (Urteil des BFH vom 15. Juni 1977 II R 119/71, BFHE 122, 428, BStBl II 1977, 807). Der Zweck dieser Ermächtigung besteht vielmehr darin, die gesetzesmäßige steuerliche Belastung dort zu mindern oder zu beseitigen, wo sie sich aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles nach den Wertungen des Gesetzgebers als unbillig erweist, wo also ein Überhang des gesetzlichen Tatbestands über die Wertungen des Gesetzgebers feststellbar ist und der Sachverhalt zwar den gesetzlichen Tatbestand erfüllt, die Besteuerung aber den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderläuft (vgl. BFH-Urteile vom 9. Februar 1972 II R 99/70, BFHE 105, 172, BStBl II 1972, 503, und vom 27. November 1979 VII R 70/77, BFHE 129, 433).
Das FG ist bei der Überprüfung der Ermessensentscheidung gemäß dem oben dargelegten Zweck des § 227 AO 1977 zutreffend davon ausgegangen, daß das Gesetz die nach Angaben der Kl`n. zu ihren Ungunsten entstandenen Härten in Kauf nimmt und die Besteuerung des Erwerbsvorgangs nicht nur unter den gesetzlichen Tatbestand fällt, sondern auch mit den Wertungen des Gesetzgebers in Einklang steht. Wird - wie im Streitfall - die Absicht, das Grundstück dem steuerbegünstigten Zweck zuzuführen, aufgegeben, ist die Steuer (zuzüglich eines Zuschlags) nachzuerheben (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 GrESBWG). Die Gründe, welche den Grundstückskäufer zu dieser Maßnahme bewogen haben, sind für die Entstehung des Steueranspruchs unerheblich. Die GrESt erfaßt die Umsätze von Grundstücken und knüpft im wesentlichen an bestimmte Rechtsvorgänge an. Allein der Rechtsvorgang als solcher ist für die Besteuerung maßgebend. Demgemäß sind die der Aufgabe des begünstigten Zwecks zugrunde liegenden Motive der Kl`n. bezüglich des Eintritts der Rechtsfolgen nach dem GrESBWG (Besteuerung) ohne Belang.
Dies zeigt, daß der Gesetzgeber die Besteuerung grunderwerbsteuerrechtlich relevanter Vorgänge nicht von dem jeweiligen Erwerbsgrund oder dessen wirtschaftlichem Ergebnis abhängig gemacht hat. Die Verwirklichung eines solchen Rechtsvorgangs - hier die Aufgabe des steuerbegünstigten Zwecks - und damit die Erfüllung des Nacherhebungstatbestands führt nach dem Willen des Gesetzgebers schon für sich allein zur Besteuerung, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die Zweckaufgabe erfolgte. Die darin im Einzelfall möglicherweise liegende Härte hat der Gesetzgeber in seinen Wertungen bei Ausgestaltung der gesetzlichen Tatbestände (vgl. § 7 Abs. 2 GrESBWG) berücksichtigt und in Kauf genommen. Das schließt zwar nicht aus, daß ganz außergewöhnliche Umstände des Einzelfalles zu einer aus diesem Rahmen fallenden Härte führen können. Das klägerische Vorbringen, der Konkurs der Firma Y und die daraus resultierenden erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten der GmbH hätten letztendlich die Aufgabe der Bebauungsabsicht erzwungen, läßt jedoch, unter Beachtung der im Gesetz selbst festgelegten Maßstäbe, die Einziehung der Steuer nicht als unbillige Härte erscheinen.
Es sind auch keine Umstände dafür erkennbar, daß der Steueranspruch nur infolge eines entschuldbaren Versehens der Kl`n. entstanden ist. Das Vorbringen der Kl`n., sie habe als Ausländerin wegen mangelnder Sprachkenntnisse und aufgrund unterbliebener Belehrung durch den beurkundenden Notar überhaupt nicht gewußt, daß noch GrESt anfallen könne, rechtfertigt keine Korrektur des entstandenen Steueranspruchs unter Billigkeitsgesichtspunkten. Der Senat teilt die Auffassung des FG, daß die Kl`n. als Steuerpflichtige es sich selbst zuzuschreiben hat, wenn ihr die steuerlichen Folgen nach dem GrESBWG (Nachversteuerung) bei vorzeitiger Zweckaufgabe (Veräußerung des Grundstücks in unbebautem Zustand) verborgengeblieben sein sollten. Die Kl`n hat mittels eines Vordrucks, in dem auch die Kriterien, die eine Nachversteuerung auslösen können, aufgeführt sind, die nach § 6 Abs. 1 GrESBWG erforderliche Erklärung abgegeben. Sollte sie dabei den Wortlaut des Vordrucks nicht verstanden haben, so wäre sie verpflichtet gewesen, sich über Bedeutung und Inhalt der von ihr unterschriebenen Erklärung Gewißheit zu verschaffen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, daß sich die Kl`n. hinsichtlich ihrer Steuerpflichten in einem entschuldbaren Irrtum befunden hat.
2. Auch persönliche (wirtschaftliche) Gründe, die eine Billigkeitsmaßnahme rechtfertigen würden, liegen nicht vor. Einen Erlaß von GrESt wegen persönlicher Härten schließen zwar Begriff und Wesen der GrESt als einer Verkehrsteuer nicht schlechthin und von vornherein aus. Einem solchen Erlaß sind aber enge Grenzen gezogen. Bei der Prüfung, ob die Einziehung einer bestandskräftig festgesetzten GrESt nach Lage des Falles unbillig wäre, ist zu beachten, daß die GrESt im Gegensatz zu den Ertragsteuern nicht an einen Gewinn anknüpft, sondern bei einem Grundstückserwerb lediglich - neben zahlreichen anderen - einen Bestandteil der Kosten des Erwerbs darstellt (BFH-Urteil vom 10. Mai 1972 II 57/64, BFHE 105, 458, 460, BStBl II 1972, 649). GrESt kann daher wegen Unbilligkeit aus persönlichen Gründen nur in Ausnahmefällen erlassen werden. Billigkeitsmaßnahmen aus persönlichen Gründen setzen Erlaßbedürftigkeit und Erlaßwürdigkeit voraus. Nur wenn diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, ist die Einziehung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis unbillig (s. dazu Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11. Aufl., § 227 AO 1977 Tz. 42). Das FG hat mit zutreffender Begründung die Ausführungen der OFD, die Kl`n. sei nicht erlaßwürdig, als ermessensfehlerfrei angesehen. Die von der Rechtsprechung des BFH (vgl. z. B. Urteil vom 29. April 1981 IV R 23/78, BFHE 133, 489, BStBl II 1981, 726) als Voraussetzung für einen Billigkeitserlaß geforderte Erlaßwürdigkeit des Steuerpflichtigen ist nicht gegeben, wenn dieser die mangelnde Leistungsfähigkeit selbst herbeigeführt oder durch sein Verhalten in eindeutiger Weise gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen hat. So kann eine grob fahrlässige Vernachlässigung von steuerlichen Verpflichtungen die Erlaßwürdigkeit ausschließen, z. B. wenn der Steuerpflichtige sich überhaupt nicht um die steuerlichen Verpflichtungen, mit denen er nach seinem jeweiligen Bildungsgrad rechnen mußte, gekümmert hat, indem er vorhandene Mittel anderweitig verwendet. Nach ihren eigenen Angaben hat die Kl`n. den bei der Grundstücksveräußerung erzielten, nicht unerheblichen Mehrerlös voll und ganz zur Begleichung eines Teils der Lieferantenverbindlichkeiten und der Verbindlichkeiten bei der Bank verwendet. Wenn aber die zu zahlende GrESt von der Kl`n. als letztrangige Kosten behandelt wird, so ist es schon aus diesem Grunde nicht unbillig, den Erlaß zu verweigern. Grundsätzlich muß davon ausgegangen werden, daß ein Steuerpflichtiger sein Vermögen zu einer gleichmäßigen Schuldentilgung verwendet. Die Steuerschulden dürfen dabei gegenüber den übrigen Schulden nicht vernachlässigt werden. Die Kl`n. hätte daher auch Mittel für die Begleichung der angefallenen Nachsteuer zurückbehalten müssen. Dieses Fehlverhalten kann die Kl`n. - wie das FG zutreffend ausführt - nicht durch einen Steuererlaß zu Lasten der Allgemeinheit abwälzen. Dem Einwand der Kl`n., daß ihr die Entstehung der GrESt nicht bekannt gewesen sei, kann aus den oben näher dargelegten Gründen nicht gefolgt werden.
Auch die (erstmals im Revisionsverfahren gestellten) Hilfsanträge der Kl`n. sind unbegründet.
Soweit die Kl`n. rügt, die Vorentscheidung setze sich nicht damit auseinander, ob nicht unter Berücksichtigung der Neuregelung des GrEStG zumindest eine Minderung der GrESt auf die heutige gesetzliche Höhe zuzusprechen sei, ist diese Rüge unbegründet. Nach § 23 Abs. 2 GrEStG 1983 vom 17. Dezember 1982 (BGBl I, 1777) sind auf vor dem 1. Januar 1983 verwirklichte Erwerbsvorgänge - vorbehaltlich des hier nicht einschlägigen Abs. 1 Satz 2 - die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Vorschriften anzuwenden. Dies gilt insbesondere, wenn für einen vor dem 1. Januar 1983 verwirklichten Erwerbsvorgang Steuerbefreiung in Anspruch genommen und nach dem 31. Dezember 1982 ein Nacherhebungstatbestand verwirklicht wurde (§ 23 Abs. 2 Satz 2 GrEStG 1983). Wenn der Gesetzgeber aber schon auf nach dem 31. Dezember 1982 verwirklichte Nacherhebungstatbestände noch die Bestimmungen des alten GrESt-Rechts und damit den damals geltenden Steuersatz angewendet wissen wollte, so muß dies um so mehr für - wie im Streitfall - vor dem 1. Januar 1983 verwirklichte Nacherhebungstatbestände gelten. Für Billigkeitsmaßnahmen wegen Unbilligkeit in der Sache selbst ist somit kein Raum. Zu Recht haben sich daher weder die OFD bei ihrer Ermessensentscheidung noch das FG bei der Ermessensüberprüfung veranlaßt gesehen, die Frage eines Teilerlasses unter diesen Gesichtspunkten in Erwägung zu ziehen.
Schließlich kann auch der Revisionsantrag der Kl`n., die GrESt hilfsweise zu stunden, keinen Erfolg haben. Über die Stundung von Steueransprüchen entscheiden zunächst die Finanzbehörden (§ 222 AO 1977). Erst bei Ablehnung eines Antrags auf Stundung und nach Überprüfung dieser Entscheidung in einem außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren kann der Klageweg beschritten werden.
Fundstellen
Haufe-Index 413825 |
BFH/NV 1985, 6 |