Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreie Zuschläge bei Fremd-Geschäftsführer
Leitsatz (NV)
Zur Vereinbarung steuerfreier Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit i. S. des § 3 b EStG bei einem Fremd-Geschäftsführer einer GmbH.
Normenkette
EStG § 3b
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) zahlte an ihren alleinigen Geschäftsführer, der nicht ihr Gesellschafter ist, im Jahre 1992 ca. 14 000 DM und im Jahre 1993 ca. 23 000 DM als nach § 3 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfreien Zuschlag aus. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) vertrat im Anschluß an eine Lohnsteueraußenprüfung die Auffassung, die Voraussetzungen des § 3 b EStG lägen nicht vor und erließ gegenüber der Klägerin einen entsprechenden Haftungsbescheid über Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag.
Grundlage der Tätigkeit des Geschäftsführers der Klägerin war der Dienstvertrag aus dem Jahr 1988. Danach hatte der Geschäftsführer der Klägerin seine ganze Arbeitskraft und seine gesamten Kenntnisse und Erfahrungen zur Verfügung zu stellen. Er erhielt einen Jahresbruttolohn von 180 000 DM. Anläßlich des Ausscheidens des bisherigen Mitgeschäftsführers und des Erwerbs eines weiteren Betriebes wurde am ... 1991 eine schriftliche Ergänzung zum Dienstvertrag getroffen. Darin heißt es u. a., die wöchentliche Arbeitszeit des Geschäftsführers betrage 40 Stunden. Ab dem 1. Januar 1992 sollte das Bruttogehalt monatlich 14 000 DM ausmachen sowie eine Urlaubs- und eine Weihnachtsgratifikation von ebenfalls je 14 000 DM brutto gezahlt werden. Die übrigen Bestimmungen des Dienstvertrages sollten unberührt bleiben. Schriftliche Vereinbarungen hinsichtlich Überstunden und Abgeltung von Mehrarbeit liegen nicht vor.
Bei einer Lohnsteueraußenprüfung stellte der Prüfer fest, daß der Geschäftsführer im Jahre 1992 monatlich durchschnittlich ca. 23 000 DM und im Jahre 1993 ca. 24 000 DM Bruttogehalt bezogen hat. Der jeweilige Differenzbetrag zum Bruttogehalt von monatlich 14 000 DM sollte die geschätzte, über 40 Stunden hinausgehende Mehrarbeit abdecken und wurde zunächst monatlich der Lohnsteuer unterworfen. Der Geschäftsführer führte Aufzeichnungen über die geleistete Mehrarbeit, die zum Teil auch auf nach § 3 b EStG begünstigte Zeiten entfiel. Die Genehmigung und Abrechnung der Überstunden erfolgte am Jahresende unter Berücksichtigung der vorgelegten Stundennachweise. Die Zuschläge nach § 3 b EStG wurden jeweils im Dezember 1992 bzw. 1993 mit dem laufenden Bruttogehalt abgerechnet und steuerfrei belassen.
Das FA wies den Einspruch der Klägerin gegen den Haftungsbescheid als unbegründet zurück.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und setzte den Haftungsbetrag in dem begehrten Umfang herab. Es entschied, daß § 3 b EStG 1990 auch für den (Fremd-)Geschäftsführer einer GmbH gelte und nach dieser Vorschrift auch freiwillige gezahlte Zuschläge steuerfrei seien. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 396 veröffentlicht.
Das FA rügt mit seiner Revision eine Verletzung des § 3 b EStG.
Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Der angefochtene Haftungsbescheid ist rechtmäßig. Das FG hat zu Unrecht angenommen, daß bei dem Geschäftsführer der Klägerin für Lohnzahlungen in den Jahren 1992 und 1993 die Voraussetzungen des § 3 b EStG vorgelegen haben.
Nach § 3 b Abs. 1 EStG sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, steuerfrei, soweit sie bestimmte Prozentsätze des Grundlohns nicht übersteigen. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift ist Grundlohn der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht; er ist in einen Stundenlohn umzurechnen.
Die Annahme des FG, im Streitfall seien der in dem sog. Ergänzungsvertrag mit Wirkung vom 1. Januar 1992 vereinbarte Betrag von monatlich 14 000 DM als Grundlohn i. S. des § 3 b Abs. 2 EStG und die darüber hinausgehenden Beträge als Zuschläge i. S. des § 3 b Abs. 1 EStG zu qualifizieren, hält einer Überprüfung nicht stand. In dem sog. Ergänzungsvertrag ist ausdrücklich bestimmt worden, daß die übrigen Bestimmungen des Dienstvertrages aus dem Jahre 1988 un berührt bleiben. Unter Nr. 12 dieses Dienstvertrages ist festgelegt worden, daß der Geschäftsführer der Klägerin seine ganze Arbeitskraft zur Verfügung stellen muß und gehalten ist, jederzeit, wenn und soweit das Wohl der Gesellschaft es erfordert, zur Dienstleistung zur Verfügung zu stehen. Tatsächlich hat die Klägerin auch nach dem 1. Januar 1992 einen monatlich gleichbleibenden Arbeitslohn an ihren Geschäftsführer ausgezahlt. Diesem stand somit weiterhin ein Monatsgehalt zur Verfügung, dessen Höhe wie zuvor nicht davon abhing, in welchem Umfang und zu welchen Zeiten er tatsächlich gearbeitet hatte. Dies läßt -- zumal auch keine Rückforderung des monatlich ausgezahlten Betrages festgestellt worden ist -- nur den Schluß zu, daß der Geschäftsführer den ihm monatlich ausgezahlten Betrag als Gegenleistung für seine insgesamt erbrachte und auch geschuldete Arbeitsleistung erhalten und behalten sollte. Die -- als wahr unterstellte -- Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrem Geschäftsführer, die für die gewerblichen Arbeitnehmer geltenden Regelungen für die Vergütung von Überstunden sollten auch für den Geschäftsführer gelten, enthält vor diesem rechtlichen und tatsächlichen Hintergrund keine Verpflichtung der Klägerin, neben einer regelmäßigen Vergütung Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit zu zahlen. Ihr kommt lediglich die Bedeutung einer Einigung der Vertragspartner über die Steuerbefreiung von Lohn zu, nämlich einer Einigung darüber, die Bezüge des Geschäftsführers wie bei den gewerblichen Arbeitnehmern als steuerfrei zu behandeln und insoweit Lohnsteuer nicht einzubehalten und abzuführen. Derartige Vereinbarungen der Partner eines zivilrechtlichen Vertrages sind aber für die Besteuerung unerheblich; die Bestimmung steuerrechtlicher Folgen ist nicht den Vertragsparteien überlassen.
Da die Vorentscheidung von anderen Voraussetzungen ausgegangen ist, ist sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 422382 |
BFH/NV 1997, 849 |