Günstigerprüfung bei Behinderten i.S.v. § 9 Abs. 2 Satz 3 EStG; Bearbeitung von Rechtsbehelfen in Zweifelsfällen
1. 1. Günstigerprüfung bei Behinderten i.S.v. § 9 Abs. 2 Satz 3 EStG
Bei behinderten Arbeitnehmern -AN- i.S. des § 9 Abs. 2 Satz 3 EStG sind die Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Fällen, in denen der Arbeitnehmer an einigen Tagen mit dem eigenen Pkw zur Arbeitsstätte und an anderen Tagen mit dem eigenen Pkw zu einem Treffpunkt fährt, um von dort aus im Rahmen einer Fahrgemein-schaft zur Arbeitsstätte mitgenommen zu werden, wie folgt zu ermitteln:
Fahrten ausschließlich mit dem eigenen PKW
Abbruchhinweisfall "E6-4440"und personelle Berechnung
Diese Fallgestaltungen können nicht maschinell gerechnet werden, da das Einkommensteuer-Berechnungsprogramm von einer Jahresbetrachtungsweise ausgeht. Sie werden deshalb mit dem Hinweisfall E6-4440 abgebrochen und sind personell zu berechnen. Der Hinweisfall E6-4440 lautet:
Eintrag in Kennzahl 87/88.72
"Für diesen Fall mit Fahrtkosten bei Behinderung kann maschinell nicht das günstigste Ergebnis ermittelt werden. Der Betrag ist personell zu ermitteln und in Kz. 87/88.72 einzutragen":
Die Berechnung soll durch folgendes Beispiel verdeutlicht werden:
Beispiel
Der behinderte Arbeitnehmer A, bei dem die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 3 EStG vorliegen, fährt an 120 Tagen mit seinem Pkw zur Arbeit. An weiteren 80 Tagen fährt er mit seinem Pkw zu einem 15 km entfernt liegenden Treffpunkt und wird von dort aus von einem Kollegen mitgenommen. Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beträgt 25 km.
- Die Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeits-stätte betragen für die Tage, an denen A ausschließlich mit dem ei-genen Pkw fährt:
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VZ 2001 |
VZ 2002 |
120 Tage x 25 km x 1,16 DM (0,60 EUR) |
3.480 DM |
1.800 EUR |
- Für die Tage, an denen er zu dem Treffpunkt fährt:
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Vergleichsabrechnung Entfernungspauschale: |
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80 Tage x 10 km x 0,70 DM (0,36 EUR) |
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= 560 DM (288 EUR) |
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80 Tage x 15 km x 0,80 DM (0,40 EUR) |
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= 960 DM (480 EUR) |
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gesamt: |
1.520 DM (768 EUR) |
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tatsächliche Kosten: |
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80 Tage x 15 km x 1,16 DM (0,60 EUR) |
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= 1.392 DM (720 EUR) |
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Die Entfernungspauschale ist günstiger: |
1.520 DM |
768 EUR |
Ergebnis: |
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Die Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte betragen damit insgesamt (Kz. 87/88.72) |
5.000DM |
2.568 EUR |
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"Tageweise Betrachtung ggf. auch in anderen Fallgestaltungen möglich"
Ich weise darauf hin, dass die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder zurzeit erörtern, ob anstelle der sog. “Jahresbetrachtung” eine “tageweise Betrachtung” auch in anderen Fallgestaltungen (z.B. Benutzung unterschiedlicher Verkehrsmittel nacheinander) durchzuführen ist.
2. Bearbeitung von Rechtsbehelfen in Zweifelsfällen
Kurzinhalt der Bezugsverfügung vom 23.04.02
Mit Verfügung vom 23.04.02 wurden die Finanzämter und Außenstellen u.a. gebeten, die Bearbeitung von Rechtsbehelfen, soweit sich diese gegen die dort vertretenen Rechtsauffassungen (bei Einsatzwechseltätigkeit, doppelter Haushaltsführung und Sammelbeförderung) richten, bis auf Weiteres zurückzustellen.
Behandlung als ruhende Verfahren n. § 363 Abs. 2 Satz 1 AO und Abgabe an Rechtsbehelfsstelle
Im Oktober 2002 wurde zur Klärung diverser Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der Entfernungspauschale eine Bundes-Arbeitsgruppe eingesetzt. Nachdem derzeit nicht absehbar ist, wann mit entsprechenden Ergebnissen gerechnet werden kann, bitte ich auch künftig Rechtsbehelfe, die sich gegen die in der Verfügung vom 23.04.02 vertretenen Rechtsauffassungen richten, nicht abschließend zu bearbeiten. Soweit nichts anderes veranlasst ist, sind sie als ruhende Verfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO zu behandeln und können an die Rechtsbehelfsstelle abgegeben werden.
Ebenso kann verfahren werden, wenn andere, bisher nicht geklärte Zweifelsfragen (vgl. z.B. Tz. 1, am Ende) Gegenstand eines Einspruchs sind.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 2 Satz 3