Grundsätzlich steht dem Pflichtteilsberechtigten der Pflichtteilsanspruch zu, ohne dass dies der Erblasser verhindern kann. In bestimmten Fällen besteht für den Erblasser aber durch Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) die Möglichkeit, Pflichtteilsansprüche auszuschließen. Hierzu müssen aber die in den §§ 2333 BGB – 2335 BGB aufgeführten Gründe gegeben sein. Die Pflichtteilsentziehungsgründe sind in den vorgenannten Vorschriften abschließend geregelt.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
a) Rechtslage bis 2009
Einem Abkömmling kann der Erblasser den Pflichtteil unter anderem aus folgenden Gründen entziehen:
- Der Abkömmling trachtet entweder dem Erblasser, dessen Ehegatten oder einem anderen Abkömmling des Erblasser nach dem Leben (§ 2333 Nr. 1 BGB).
- Der Abkömmling hat sich einer vorsätzlichen körperlichen Misshandlung des Erblassers oder auch dessen Ehegatten schuldig gemacht. Hinsichtlich des Ehegatten ist Voraussetzung, dass der Abkömmling auch von diesem abstammt (§ 2333 Nr. 2 BGB).
- Der Abkömmling hat sich eines Verbrechens oder auch eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser oder dessen Ehegatten schuldig gemacht (§ 2333 Nr. 3 BGB).
In den § 2333 Nr. 4 und 5 BGB sind noch weitere Gründe genannt.
Eltern des Erblassers kann unter anderem der Pflichtteil entzogen werden, wenn diese dem Erblasser oder dem Ehegatten nach dem Leben trachten, oder sich eines Verbrechens oder auch eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser oder dessen Ehegatten schuldig gemacht haben (§ 2334 BGB).
Den Ehegattenpflichtteil kann der Erblasser entziehen, wenn der Ehegatte:
- dem Erblasser oder einem Abkömmling des Erblassers nach dem Leben trachtet (§ 2335 Nr. 1 BGB);
- sich einer vorsätzlichen körperlichen Misshandlung des Erblassers schuldig macht (§ 2335 Nr. 2 BGB);
- sich eines Verbrechens oder auch eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser schuldig macht (§ 2335 Nr. 3 BGB);
- die gegenüber dem Erblasser gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt (§ 2335 Nr. 4 BGB).
Rechtslage bis 2009
Die Paragrafenangaben beziehen sich hier auf die Rechtslage bis 2009.
b) Rechtslage ab 2010
Durch die Erbrechtsreform, die zum 1.1.2010 in Kraft getreten ist, haben sich auch Änderungen für die Pflichtteilsentziehung ergeben. Eine Pflichtteilsentziehung ist dabei u. a. möglich (§ 2333 BGB), wenn der Abkömmling dem Erblasser, dessen Ehegatten, einem anderen Abkömmling bzw. einer dem Erblasser nahestehenden Person:
- nach dem Leben trachtet oder
- sich gegenüber den vorgenannten Personen eines Verbrechens schuldig macht oder
- wegen eines schweren vorsätzlichen Vergehens.
Das Gleiche gilt, wenn es sich um die Eltern oder den Ehegatten handelt (§ 2333 Abs. 2 BGB).