Leitsatz
1. Verluste, die ein als Regiebetrieb geführter Betrieb gewerblicher Art erzielt, gelten im Verlustjahr als durch die Trägerkörperschaft ausgeglichen und führen zu einem Zugang in entsprechender Höhe im steuerlichen Einlagekonto.
2. Der für einen Betrieb gewerblicher Art festgestellte steuerrechtliche Verlustvortrag ist nicht mit den Einkünften der Trägerkörperschaft aus Kapitalvermögen zu verrechnen.
Normenkette
§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b, § 43 Abs. 1 Nr. 7c EStG 2002, § 4 Abs. 1, § 27 Abs. 1 S. 1 und 3, § 27 Abs. 2 KStG 2002
Sachverhalt
Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts unterhielt einen BgA "Messen und Märkte" i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs. 1 KStG. Der BgA wurde ohne eigene Rechtspersönlichkeit im städtischen Haushalt als sog. Regiebetrieb geführt. Für steuerliche Zwecke ermittelte er BgA seinen Gewinn bzw. Verlust durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung.
Zum 31.12.2001 wurde für den BgA ein verbleibender Verlustvortrag zur KSt gesondert festgestellt. Der Bestand des steuerlichen Einlagekontos gem. § 27 Abs. 1 S. 1 KStG wurde jeweils auf 0 Euro; festgestellt.
Das FA ermittelte ausgehend von der Gewinnermittlung der Körperschaft einen Gewinn und setzte auf der Grundlage Kapitalertragsteuer fest. Eine Kürzung des Gewinns um Verluste aus Vorjahren unterblieb, weil ein in den kommunalen Haushalt eingegliederter Regiebetrieb keine Verlustvorträge ausweisen könne.
Die Klage hiergegen wies das FG ab (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.12.2006, 1 K 1185/05, Haufe-Index 1680956, EFG 2007, 841).
Entscheidung
Auch der BFH gab dem FA recht:
Verluste eines Regiebetriebs gelten im Verlustentstehungsjahr als durch die Trägerkörperschaft als unmittelbar ausgeglichen. Sie erhöhen dort das steuerliche Einlagekonto, schmälern indes nicht den ausschüttbaren Gewinn, der als solcher kapitalertragsteuerpflichtig sei.
Hinweis
Das Urteil betrifft (nur) – zumeist kommunale – Trägerkörperschaften der öffentlichen Hand, die einen unselbstständigen Betrieb gewerblicher Art (BgA) unterhalten.
1. Solche BgA unterfallen unbeschadet ihrer rechtlichen Unselbstständigkeit aus steuerlicher Sicht – letztlich aus Gründen der Wettbewerbsneutralität zu Privaten – weitgehend einer Selbstständigkeitsfiktion: Ihr Verhältnis zur Trägerkörperschaft nähert sich dem Verhältnis zwischen Gesellschafter und Kapitalgesellschaft und es findet sich auch positiv-gesetzlich in § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG wieder: Die Gewinne des BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit, die nicht den Rücklagen zugeführt wurden, sind danach bei der Trägerkörperschaft fiktive Einkünfte aus Kapitalvermögen.
2. Das Urteil zeigt aber die Grenzen jener Fiktion auf:
- Weil ein unselbstständiger BGA "kassenmäßig" Teil des Ganzen, sprich der Trägerkörperschaft ist, verfügt der BgA über kein gezeichnetes Kapital und letztlich über ein gesondertes steuerliches Einlagekonto gem. § 27 Abs. 1 KStG n.F. von null.
- Folge dieses "Befunds": Es gelten beim BgA keine Beiträge des Einlagekontos als verwendet. Alles, was an Gewinn ausschüttbar ist, zieht Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG nach sich.
- Bezugsgröße für den ausschüttbaren Gewinn ist der erzielte Gesamtgewinn. Wird der BgA nicht als Eigenbetrieb der Trägerkörperschaft, sondern als deren sog. Regiebetrieb geführt, dann ist dieser Gewinn nicht um etwaige Verlustvorträge zu schmälern. Grund hierfür sind die besagten kassenmäßigen Besonderheiten, die bei einem Regiebetrieb keine Unterscheidung zwischen Trägerkörperschaft und BgA zulassen. Verluste wirken sich also nur auf das Einkommen des BgA aus, nicht auf den Gewinn und die Höhe der Kapitaleinkünfte. Der BFH grenzt Eigen- und Regiebetriebe gegeneinander ab (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b S. 5i.V.m. S. 3 EStG).
- Weitere Folge ist die hierfür abzuleitende Kapitalertragsteuerpflicht gem. § 43 Abs. 1 Nr. 7c EStG.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.01.2008, I R 18/07