Entscheidungsstichwort (Thema)
Differenzierte Ausfuhrerstattung, Wiedereinfuhr eines landwirtschaftlichen Erzeugnisses, Rückzahlung der Ausfuhrerstattung bei Missbrauch
Leitsatz (amtlich)
Die Bedingung für den Erhalt einer differenzierten Ausfuhrerstattung, die in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1384/95 der Kommission vom 19. Juni 1995 insbesondere hinsichtlich der Anpassungen zur Umsetzung des Übereinkommens über die Landwirtschaft im Rahmen der Uruguay-Runde geänderten Fassung aufgestellt wird, nämlich die Erfüllung der Zollförmlichkeiten für die Abfertigung des fraglichen Erzeugnisses zum freien Verkehr im Bestimmungsdrittland, ist erfüllt, wenn dieses Erzeugnis nach Entrichtung der Einfuhrabgaben in diesem Land dort einer wesentlichen Be- oder Verarbeitung im Sinne von Artikel 24 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften unterzogen wird, auch wenn das aus dieser Be- oder Verarbeitung stammende Erzeugnis anschließend unter Rückvergütung der in diesem Land entrichteten Zölle und Zahlung der Eingangsabgaben der Gemeinschaft wieder in die Gemeinschaft zurückverbracht wird.
Auch unter diesen Umständen kann jedoch die Rückzahlung der Ausfuhrerstattung angeordnet werden, wenn das nationale Gericht zu der Auffassung gelangt, dass nach den Regeln des nationalen Rechts der Nachweis eines missbräuchlichen Verhaltens des Exporteurs erbracht worden ist.
Normenkette
EWGV 3665/87 Art. 17 Abs. 3
Beteiligte
Eichsfelder Schlachtbetrieb |
Eichsfelder Schlachtbetrieb GmbH |
Hauptzollamt Hamburg-Jonas |
Verfahrensgang
Tatbestand
„Landwirtschaft ‐ Gemeinsame Marktorganisation ‐ Ausfuhrerstattungen ‐ Voraussetzungen für die Gewährung ‐ Einfuhr des Erzeugnisses in das Bestimmungsdrittland ‐ Begriff ‐Zollförmlichkeiten für die Abfertigung zum freien Verkehr in dem Drittland ‐ Wesentliche Be- oder Verarbeitung ‐ Wiedereinfuhr in die Gemeinschaft ‐ Rechtsmissbrauch“
In der Rechtssache C-515/03
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 12. November 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Dezember 2003, in dem Verfahren
Eichsfelder Schlachtbetrieb GmbH
gegen
Hauptzollamt Hamburg-Jonas
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J.-P. Puissochet (Berichterstatter), S. von Bahr, J. Malenovský und U. Lõhmus,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,
Kanzler: K. Sztranc, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2005,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Eichsfelder Schlachtbetrieb GmbH, vertreten durch die Rechtsanwälte U. Schrömbges und O. Wenzlaff,
‐ des Hauptzollamts Hamburg-Jonas, vertreten durch M. Blaesing als Bevollmächtigten,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Braun als Bevollmächtigten,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. Mai 2005
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 351, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1384/95 der Kommission vom 19. Juni 1995 (ABl. L 134, S. 14) insbesondere hinsichtlich der Anpassungen zur Umsetzung des Übereinkommens über die Landwirtschaft im Rahmen der Uruguay-Runde geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 3665/87).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Eichsfelder Schlachtbetrieb GmbH (im Folgenden: Eichsfelder) und dem Hauptzollamt Hamburg-Jonas (im Folgenden: Hauptzollamt) wegen Ausfuhrerstattungen für Rindfleisch, das Eichsfelder aus Deutschland nach Polen ausgeführt hatte.
Gemeinschaftsrecht
3
Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 lautet:
„Unbeschadet der Artikel 5 und 16 ist die Zahlung der Ausfuhrerstattung von dem Nachweis abhängig, dass die Erzeugnisse, für welche die Ausfuhrerklärung angenommen wurde, spätestens sechzig Tage nach dieser Annahme das Zollgebiet der Gemeinschaft in unverändertem Zustand verlassen haben.“
4
Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung bestimmt:
„Außer von der Voraussetzung, dass das Erzeugnis das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen hat, ist die Zahlung der einheitlichen oder unterschiedlichen Erstattung davon abhängig, dass das Erzeugnis innerhalb einer Frist von zwölf Monaten nach Annahme der Ausfuhranmeldung in ein Drittland eingeführt wurde, es sei denn, dass es im Laufe der Beförderung infolge höherer Gewalt untergegangen ist,
a) wenn ernste Zweifel am Erreichen der tatsächlichen Bestimmung des ...