Prof. Dr. Franceska Werth
Leitsatz
1. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g InvStG 2004 sind die AfA‐ und AfS-Beträge eines Geschäftsjahres gesondert (und ggf. einheitlich) festzustellen, die bei der Ertragsermittlung auf der Ebene des Investmentsondervermögens gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 InvStG als Werbungskosten abgezogen wurden. Dies gilt unabhängig davon, in welcher Höhe diese Beträge mit positiven Mieterträgen des Geschäftsjahres verrechnet worden sind und in welcher Höhe sie als sog. Liquiditätsüberhang ausgeschüttet werden.
2. Die Höhe der gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g InvStG 2004 festgestellten AfA‐/AfS-Beträge dient informatorischen Zwecken. Sie entfaltet keine unmittelbare verfahrensrechtliche Bindungswirkung gemäß § 182 Abs. 1 AO für die Höhe eines passiven steuerlichen Ausgleichspostens, den ein bilanzierender betrieblicher Anleger für einen AfA‐/AfS-bedingten Liquiditätsüberhang entsprechend Rz. 16b des BMF-Schreibens vom 18.08.2009 in BStBl I 2009, 931 bilden kann.
Normenkette
§ 1 Abs. 3 Sätze 1 und 2, § 3 Abs. 3 Satz 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g, § 15 Abs. 1 Satz 3 InvStG 2004, § 182 AO
Sachverhalt
Der Kläger war als inländisches Immobilien-Spezialsondervermögen tätig. Anleger des Klägers waren vier Aktiengesellschaften, die als Versicherer im Bereich der Kranken‐, Lebens‐ und Sachversicherung tätig waren. Im Vermögen des Klägers befand sich u.a. eine in Spanien gelegene vermietete Immobilie.
Bei der steuerlichen Ermittlung der ausgeschütteten Erträge auf Ebene des Klägers gemäß § 3 InvStG wurde im Streitjahr 2005/2006 für die spanische Immobilie sowohl die Absetzung für Abnutzung (AfA) i.H.v. 324.932 EUR als auch ein Verlustvortrag aus dem vorherigen Wirtschaftsjahr 2004/2005 (i.H.v. 262.700 EUR) mit den positiven Mieterträgen verrechnet. Der Verlustvortrag aus dem Geschäftsjahr 2004/2005 beruhte u.a. auf AfA für die spanische Immobilie.
Im Streitjahr 2006/2007 erzielte der Kläger aus der spanischen Immobilie wegen Mietausfällen schon vor Abzug der AfA einen Verlust. Dieser erhöhte sich durch den Abzug der AfA um 324.932 EUR.
Für das Streitjahr 2005/2006 ermittelte der Kläger in der Feststellungserklärung gemäß § 15 InvStG für die Feststellung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g InvStG den Betrag der Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung nach § 3 Abs. 3 Satz 1 InvStG i.H.v. 1.002.781,36 EUR. Dieser Betrag umfasste die AfA für die spanische Immobilie für dieses Streitjahr, nicht aber die über den Abzug des Verlustvortrags "mittelbar" abgezogene AfA des Vorjahres i.H.v. 262.700 EUR.
Für das Streitjahr 2006/2007 erklärte der Kläger für die Feststellung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g InvStG einen Betrag i.H.v. 1.001.616,11 EUR. Auch hierbei handelte es sich um die AfA dieses Streitjahres.
Dagegen berücksichtigte das FA bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung gemäß § 15 InvStG die auf die spanische Immobilie entfallenden AfA-Beträge in der Feststellung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g InvStG jeweils nur in dem Umfang, in dem sie bei der steuerlichen Ertragsermittlung für den Kläger gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 InvStG positive Mieterträge aus der Immobilie tatsächlich gemindert hätten. Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (Hessisches FG, Urteil vom 21.6.2016, 4 K 2299/13, Haufe-Index 9701018, EFG 2016, 1539).
Entscheidung
Der BFH hat der Revision des Klägers stattgegeben, das FG-Urteil aufgehoben und die Feststellung der AfA-Beträge nach § 3 Abs. 3 Satz 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g InvStG antragsgemäß erhöht.
Hinweis
1. Der Fall betrifft die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach dem alten InvStG 2004. Kläger war ein inländisches Immobilien-Spezialsondervermögen. Streitig war allein die Frage, ob bei der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen auf der Ebene des Fonds gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g InvStG 2004 die AfA- und AfS-Beträge für die vermieteten (ausländischen) Immobilien in voller Höhe oder nur in Höhe der Verrechnung mit den positiven Mieterträgen auszuweisen sind. Der BFH hat sich unter Bezug auf den Wortlaut der Vorschrift für die zweite Variante entschieden, nach der der volle AfA-Betrag auszuweisen ist.
2. Bei der Ermittlung der ausgeschütteten Erträge des Fonds aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sind von den Mieteinnahmen die AfA- und AfS-Beträge abzuziehen (§ 3 Abs. 1 InvStG i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Der Abzug der Werbungskosten ist nicht auf die Höhe der positiven Mieterträge des Fonds begrenzt, sodass auf der Fondsebene für das jeweilige Geschäftsjahr auch negative Mieterträge entstehen können (§ 3 Abs. 4 Satz 1 InvStG).
3. Jedoch hat die Höhe der gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g InvStG festzustellenden AfA‐/AfS-Beträge keine Bindungswirkung nach § 182 AO. Sie hat nur die Funktion, die Differenz zwischen dem festgestellten höheren Ausschüttungsbetrag gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 InvStG und den festgestellten ausgeschütteten Erträgen ge...