rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zinseinnahmen aus griechischer Quelle eines in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen; Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 90 AO. Aussetzung der Vollziehung (Einkommensteuer 1989 bis 1994)
Leitsatz (amtlich)
1. Zinsen i.S. des Art. VII Abs. 1 DBA-Griechenland bedeuten Einkünfte aus öffentlichen Anleihen, aus Obligationen, auch wenn sie durch Pfandrecht an Grundstücken gesichert oder mit einer Gewinnbeteiligung ausgestattet sind, und aus Forderungen jeder Art sowie alle anderen Einkünfte, die nach dem Steuerrecht des Staates, aus dem sie stammen, den Einkünften aus Darlehen gleichgestellt sind.
2. Bei einem in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen unterliegen Zinseinnahmen aus griechischer Quelle in der Bundesrepublik Deutschland der Besteuerung nach den Vorschriften des deutschen Einkommensteuergesetzes. Die dafür entrichtete griechische Steuer oder, wenn diese Zinsen aufgrund der besonderen griechischen Rechtsvorschriften über die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung Griechenlands von der griechischen Steuer befreit sind, 10 v. H. des Betrages dieser Zinsen werden auf die von den Zinsen erhobene deutsche Steuer angerechnet.
3. Art. VII DBA-Griechenland befasst sich nur mit dem Besteuerungsrecht des Quellenstaates.
4. Art. VII Abs. 8 DBA-Griechenland befasst sich ausschließlich mit der Besteuerung der Zinsen in Griechenland. Die Vorschrift soll gewährleisten, dass sämtliche Steuerprivilegien (z. B. Steuerbefreiungen, Steuerabzüge oder sonstige Vergünstigungen), die Griechenland als Quellenstaat den Abkommensberechtigten nach seinem Steuerrecht jetzt oder künftig gewährt, durch die Vorschriften des Art. VII Abs. 1 bis 7 DBA-Griechenland nicht eingeschränkt werden. Der deutsche Fiskus ist lediglich verpflichtet, im Rahmen der jeweiligen Einkommensteuerveranlagungen auch dann 10 v. H. der Zinsen auf die deutsche Steuer anzurechnen, wenn die tatsächlich geschuldete griechische Quellensteuer darunter liegen sollte.
5. Zu den Tatsachen i.S. des § 90 AO, die die finanzbehördliche Entscheidung beeinflussen bzw. beeinflussen können, gehören nur steuererhebliche Tatsachen. Dies ist nach objektiven Maßstäben zu beurteilen. Es genügt jedoch eine mögliche (potentielle) Steuererheblichkeit. Ein Steuerpflichtiger handelt schuldhaft, wenn er sich trotz Hinweises der Finanzbehörde auf die potentielle Steuererheblichkeit von Zinseinnahmen (zunächst) weigert, im Verwaltungsverfahren Angaben zur Höhe der Zinseinnahmen zu machen und dies erst im gerichtlichen Verfahren nachholt.
Normenkette
EStG § 1; DBA GRC Art. VII Abs. 8; DBA GRC Art. VII Abs. 1; AO 1977 § 90; FGO § 135
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist (noch), ob Zinsen, die in Griechenland an in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Personen gezahlt werden, in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden dürfen.
Die in … wohnhaften Antragsteller werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Antragsteller besitzt die griechische, die Antragstellerin die deutsche Staatsangehörigkeit. In ihren beim Antragsgegner eingereichten Anträgen auf Lohnsteuerjahresausgleich bzw. Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1989 bis 1994 gaben sie die Einkünfte aus Kapitalvermögen jeweils mit 0 DM an. Im Zuge einer bei den Antragstellern durchgeführten Steuerfahndungsprüfung stellte die Steuerfahndung fest, daß die Antragsteller in steuerwirksamem Umfang sowohl in Deutschland als auch in Griechenland Zinseinnahmen erzielt hatten. Dazu zählten insbesondere Geldanlagen bei der Nationalen Hypothekenbank von Griechenland. Da die Antragsteller nach Auffassung der Steuerfahndung ihrer erhöhten Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) nicht nachkamen, schätzte die Steuerfahndung aufgrund ihrer gewonnenen Erkenntnisse die Einnahmen aus Kapitalvermögen folgendermaßen (vgl. Kontrollmitteilung der Steuerfahndung … an den Antragsgegner):
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Zinsen Inland |
Zinsen Griechenland |
Summe |
|
DM |
|
DM |
|
DM |
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1989 |
451 |
|
28.600 |
|
29.051 |
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1990 |
637 |
|
27.346 |
|
27.983 |
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1991 |
4.227 |
|
23.213 |
|
27.440 |
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1992 |
10.940 |
|
13.400 |
|
24.340 |
|
1993 |
10.840 |
|
10.241 |
|
21.081 |
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1994 |
11.404 |
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6.452 |
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17.856 |
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Der Antragsgegner folgte den Feststellungen der Steuerfahndung mit dem Erlaß der erstmaligen bzw. nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheiden vom 12. Juni 1997 (für 1989), vom 20. Juni 1997 (für 1990), vom 4. Juni 1997 (für 1991), vom 12. Juni 1997 (für 1992), vom 4. Juni 1997 (für 1993) und vom 4. Juni 1997 (für 1994).
Über die dagegen eingelegten, fristgerecht erhobenen Einsprüche hat der Antragsgegner noch nicht entschieden. Die gleichzeitig gestellten Anträge auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide hat der Antragsgegner mit Verfügung vom 9. Juli 1997 abgelehnt. Über den dagegen eingelegten Einspruch hat der Antragsgegner ebenfalls noch keine Entscheidung getroffen.
Mit dem bei Geri...