rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zolltarifliche Einreihung eines flüssigen Nahrungsergänzungsmittels zur Stärkung der Vitalfunktionen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein flüssiges Nahrungsergänzungsmittel zur Stärkung der Vitalfunktionen, welches in einer 30 ml oder 100 ml Braunglasflasche mit Tropfendosierer zur direkten Aufnahme über die Mundschleimhaut angeboten wird, mit 12 Tropfen pro Tag eingenommen werden soll und dessen Alkoholgehalt 12,5 % beträgt, ist in die Unterposition 2208 9069 KN „Andere alkoholhaltige Getränke”) einzureihen. Dem steht weder die – die Trinkbarkeit nicht beschränkende – Verzehrempfehlung entgegen, noch, dass es sich um eine Dispersion von festen Partikeln (Wirkstoff) in einer flüssigen Trägersubstanz handelt.

2. Ob eine Ware ein Getränk ist, ist nach objektiven und nachprüfbaren Kriterien zu bestimmen und darf nicht von rein subjektiven und veränderlichen Faktoren abhängen. So kommt es nicht auf die Art und Weise der Einnahme, die eingenommene Menge oder die besonderen Zwecke, denen die verschiedenen Arten genießbarer Flüssigkeiten dienen können, an.

 

Normenkette

KN Unterpos. 2208 9069 000; KN Unterpos. 2106 9092 600; EGV 1777/2001; Richtlinie 2002/46/EG

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 16.08.2012; Aktenzeichen VII R 8/11)

BFH (Beschluss vom 16.08.2012; Aktenzeichen VII R 8/11)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die zolltarifliche Einreihung eines flüssigen Nahrungsergänzungsmittels.

Die Klägerin beantragte bei der Oberfinanzdirektion 1 – Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt A – eine verbindliche Zolltarifauskunft für das Nahrungsergänzungsmittel zur Stärkung der Vitalfunktionen mit der Bezeichnung X. Die Ware sollte in die Code-Nr. 2106 9092 600 der Kombinierten Nomenklatur – KN – eingereiht werden. Der Antrag wurde zuständigkeitshalber an die Oberfinanzdirektion 2 – Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt B – übersandt, die mit verbindlicher Zolltarifauskunft vom 18.07.2007 die Ware als „anderes alkoholisches Getränk” in die Code-Nr. 2208 9069 000 KN einreihte. In der Tarifauskunft wurde die Ware wie folgt beschreiben:

„X Tropfen.

Antragsangaben: Nahrungsergänzungsmittel zur Stärkung der Vitalfunktionen zur direkten Aufnahme über die Mundschleimhaut. 12 Tropfen entsprechen einem Volumen von 0,6 ml.

Beschaffenheit der vorgelegten Warenprobe: gelb-orangefarbene, trübe, opaleszierende, unmittelbar trinkbare Flüssigkeit, leicht fettig riechend und schwach bitter und alkoholisch schmeckend in einer 30 ml oder 100 ml Braunglasflasche mit Tropfendosierer, verpackt in einer bedruckten Faltschachtel. Aufdruck (auszugsweise): X Nahrungsergänzungsmittel zur Erhaltung der Vitalität. Zutaten: Wasser, Alkohol, …. Verzehrempfehlung 12 Tropfen über den Tag verteilt auf der Zunge zergehen lassen. Maximale Tagesverzehrmenge: 30 mg (12 Tropfen).

Alkohol: 12,5% vol.

Die Beschränkung auf eine Einnahmemenge von 12 Tropfen pro Tag schließt eine Einreihung der Ware in die Position 2208 der KN nicht aus.

Anderes alkoholisches Getränk, in Behältnissen mit einem Inhalt von 2 l oder weniger.”

Dagegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein, den sie damit begründete, dass der in X enthaltene Alkohol nicht für die Einordnung in den Zolltarif ausschlaggebend sei. Der Alkohol habe nur die Funktion eines Hilfsstoffs, eines Konservierungsmittels und eines Trägers des Wirkstoffs. Weiterhin fehle X die Getränkeeigenschaft. Die Beschreibung als unmittelbar trinkbare Flüssigkeit sei unzutreffend. Infolge der bestimmungsgemäß geringen Menge an einzunehmendem X könne nicht von einer Eignung zum Trinken gesprochen werden. Nach Einnahme in den Mund könne die geringe Menge einer Einzeldosis von vier Tropfen nicht geschluckt und damit getrunken werden. Bestimmungsgemäß verbleibe die Flüssigkeit im Mund der jeweiligen Person. Damit liege keine Einnahme für den menschlichen Genuss vor, sondern nach objektiven Kriterien eine bloße Zuführung des Stoffes über die Mundschleimhaut in den Körper. Die Einnahme sei einem Auftragen auf die Mundschleimhaut und nicht einem Trinken vergleichbar. Trinken bedeute, eine Flüssigkeit zu schlucken, also eine Beförderung der Flüssigkeit in den Magen. Darüber hinaus habe der EuGH bezüglich eines Produktes, das ebenfalls die Gesundheit und die Vitalität fördere, eine Einstufung in die Zolltarif-Nummer 2106 9092 vorgenommen (Urteil vom 06.11.1997, C-201/96, HFR 1998, 137). Nach den Erläuterungen zum Harmonisierten System – HS – zur Unterposition 2106 90 würden auch andere alkoholhaltige Flüssigkeiten zu den Lebensmittelzubereitungen gehören.

Mit Einspruchsentscheidung vom 29.10.2007 wies die Oberfinanzdirektion 2 den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die KN keine gesonderte Position für die Gruppe der Nahrungsergänzungsmittel vorsehe. Daher sei für derartige Waren eine Position zu bestimmen, durch deren ...

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