Entscheidungsstichwort (Thema)
Beseitigung von Sturmschaden auf unbebautem Grundstück als außergewöhnliche Belastung. Einkommensteuer 1973
Leitsatz (amtlich)
Hat ein Sturm auf einem unbebauten, brachliegenden Grundstück Bäume entwurzelt bzw. geknickt, so können die Aufwendungen für die Schadensbeseitigung bzw. die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustands des Grundstücks als außergewöhnliche Belastungen abgesetzt werden.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1
Tenor
Die Einspruchsentscheidung vom 3. Juni 1976 wird aufgehoben. Unter Abänderung des Steuerbescheids vom 25. September 1975 wird die Einkommensteuer auf 5.599 DM festgesetzt. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten der Klage fallen zu 20% der Klägerin und im übrigen der Staatskasse zur Last.
Die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.357 DM festgesetzt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision nach § 115 Abs. 2 FGO an den Bundesfinanzhof in München wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen der Klägerin für die Beseitigung von Sturmschäden an ihrem Grundstück steuerlich zu berücksichtigen sind.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines – ursprünglich 2.747 qm großen – Waldgrundstücks in Bremen …. An diesem Grundstück verursachte der Sturm vom 12./13. November 1972 erhebliche Schäden, für deren Beseitigung durch Roden und Abtransport entwurzelter Bäume und gebrochenen Holzes die Klägerin im Streitjahr 8.768 DM aufwandte.
Die Klägerin sieht in diesen Aufwendungen vorweggenommene Werbungskosten. Das Grundstück sollte – und solle noch – zum Zwecke der Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung bebaut werden. Diese Absicht habe bereits zur Zeit des Schadenseintritts bestanden. Der Bau habe seinerzeit wegen der Planung einer neuen Trassenführung der Bundesstraße 74 hinausgeschoben werden müssen. Erst 1975 sei die Trasse endgültig festgelegt worden. Dafür habe sie, die Klägerin, 564 qm ihres Grundstücks zur Verfügung stellen müssen. Dadurch sei für die Bebauung eine neue Situation entstanden, die sie gezwungen habe, die Baupläne neu zu überdenken. Die Aufwendungen für das Aufräumen des Grundstücks stünden somit in wirtschaftlichem Zusammenhang mit geplanten Einnahmen. Für ihren Abzug als Werbungskosten komme es allein auf die Absicht der Einnahmeerzielung an, nicht aber darauf, ob diese tatsächlich verwirklicht werde.
Lehne man den Abzug als Werbungskosten ab, so müßten die Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 EStG berücksichtigt werden. Das Ereignis, das die Aufwendungen verursacht habe, sei außergewöhnlich gewesen. Es habe nur eine kleine Minderheit von Steuerpflichtigen getroffen. Als Eigentümerin des geschädigten Grundstücks sei sie öffentlich-rechtlich und nachbarschaftsrechtlich verpflichtet gewesen, die durch den Sturm verursachten Schäden zu beseitigen. Die damit verbundenen Kosten seien ihr somit zwangsläufig entstanden. Das Finanzamt (FA) lehnte die steuerliche Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen sowohl als Werbungskosten als auch unter dem Gesichtspunkt einer außergewöhnlichen Belastung aus Rechtsgründen ab. Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg. Über ihren – hilfsweise gestellten – Antrag auf Billigkeitsmaßnahmen gem. § 131 AO a.F. (jetzt §§ 163, 227 AO) hat die Finanzverwaltung noch nicht abschließend entschieden.
Mit der Klage begehrt die Klägerin,
Das FA beantragt
Klagabweisung.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Aufwendungen der Klägerin sind zwar keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sie sind aber als außergewöhnliche Belastung einkommensmindernd zu berücksichtigen.
1. Werbungskosten sind nach der Legaldefinition des § 9 EStG u. a. Aufwendungen, die zur Erzielung von Einnahmen gemacht werden. Daraus folgt, daß Werbungskosten auch schon vor der Erzielung von Einnahmen anfallen können. Voraussetzung ist jedoch, daß zwischen den Aufwendungen und einer konkreten Einkunftsart ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Daran fehlt es hier. Die strittigen Kosten wurden für die Beseitigung der Sturmschäden aufgewandt. Sie dienten somit unmittelbar nicht der Erschließung einer Einkunftsquelle, sondern der Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustands. Die Klägerin sah sich hierzu, wie sie selbst betont, aus ordnungs- und nachbarschaftsrechtlichen Gründen veranlaßt. Diese Beweggründe bestanden aber unabhängig davon, ob das Grundstück einmal bebaut werden sollte oder nicht. Ein – mittelbarer – Zusammenhang mit einer künftigen Einnahmequelle könnte demnach allenfalls dann in Betracht kommen, wenn die Schadensbeseitigung gleichzeitig der Erzielung künftiger Einnahmen, hier...