Entscheidungsstichwort (Thema)
Emessensausübung des FA bei Entscheidung über nicht begründete Einsprüche gegen Zwangsmittelbescheide; Verwirkung bei bis zu zweijähriger Nichtbearbeitung von Einsprüchen gegen Zwangsmittelbescheide durch das FA
Leitsatz (redaktionell)
1. Werden Einsprüche gegen die Androhung und Festetzung von Zwangsmitteln wegen der Nichtabgabe von Steuererklärungen nicht begründet, muss das FA im Rahmen seiner Ermessensausübung in der Einspruchsentscheidung nicht auf aktenkundige Vorgänge früherer Jahre oder die - dem FA nicht bekannte - Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch die Steuerpflichtige eingehen, die der Abgabe der jetzt anforderten Steuererklärungen möglicherweise entgegenstehen; das FA ist auch nicht verpflichtet, der Steuerpflichtigen im Hinblicke darauf, dass neues Vorbringen in einem möglichen Klageverfahren nicht mehr berücksichtigt werden könnte, vor Erlass der Einspruchsentscheidung nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
2. Es ist zweifelhaft, ob die Rechtsgrundsätze zur Verwirkung bei mehrjähriger Nichtbearbeitung eines Einspruchs gegen einen Steuer- oder Haftungsbescheid durch das FA ohne weiteres auf die mehrjährige Nichtbearbeitung von Einsprüchen gegen Zwangsmittelbescheide übertragen werden können; im Streitfall konnte sich die Klägerin jedenfalls schon deshalb nicht auf Verwirkung aufgrund der bis zu zweijährigen Nichtbearbeitung ihrer Einsprüche berufen, weil sie selbst in dieser Zeit ihrer nach wie vor bestehenden gesetzlichen Pflicht zur Abgabe der Steuererklärungen nicht nachkam.
Normenkette
AO 1977 § 328 Abs. 1, §§ 329, 5; AO § 367 Abs. 2 S. 1; AO 1977 §§ 149, 332; BGB § 242; AO 1977 § 333
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Androhung und Festsetzung von Zwangsgeldern wegen Nichtabgabe von Steuererklärungen.
Der jetzige Prozeßbevollmächtigte der Klägerin, ein Steuerberater, stellte am 2. Oktober 1997 beim beklagten FA den Antrag, stillschweigende Fristverlängerung für die Abgabe ihrer Steuererklärungen 1996 bis zum 28. Februar 1998 zu gewähren. Einen entsprechenden Antrag stellte der StB am 1. Oktober 1998 für die Abgabe der Steuererklärungen für 1997. Nach ergebnislosem Fristverlauf erinnerte das FA den StB für 1996 am 27.03.1998 und für 1997 am 29.03.1999 an die Abgabe der Steuererklärungen. Nachdem diese Fristen verstrichen waren, erinnerte das FA den StB nochmals an die der Klägerin obliegende Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärungen. Gleichzeitig drohte es in dem Bescheid vom 12. Mai 1998 für den Fall der Nichtabgabe der Erklärungen für 1996 bis zum 2. Juni 1998 und mit Bescheid vom 17. Mai 1999 für Fall der Nichtabgabe der Erklärungen für 1997 bis zum 7. Juni 1999 folgende Zwangsgelder an:
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1996 |
1997 |
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DM |
DM |
gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte |
300 |
300 |
Umsatzsteuer |
100 |
300 |
Gewerbesteuer |
250 |
300 |
In beiden Androhungsbescheiden heißt es wörtlich:
Im Fall der Uneinbringlichkeit des (der) Zwangsgeldes (er) kann das Amtsgericht auf Antrag des Finanzamts Ersatzzwangshaft anordnen. Zwangsgeld – bis zu 5.000,– DM je Steuererklärung – kann wiederholt angedroht und festgesetzt werden.
Gegen den Bescheid vom 12. Mai 1998 legte der StB am 8. Juni 1998 und gegen den Bescheid vom 17. Mai 1999 am 18. Juni 1999 Einspruch ein. Mit beiden Einsprüchen stellte er gleichzeitig Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.
Den AdV-Antrag betr. die Steuererklärungen für 1996 lehnte das FA mit Bescheid vom 11. Juni 1998 ab. Gleichzeitig forderte es den StB zur Abgabe der Steuererklärungen auf und bat um Beantwortung der Frage, ob er den Einspruch zurücknehmen wolle.
Daraufhin legte der StB am 10. Juli 1998 Einspruch gegen die Ablehnung der AdV ein. Auch diesen Einspruch begründete er nicht.
Hinsichtlich des Einspruchs betr. die Steuererklärungen für 1997 teilte das FA dem StB mit formlosen Schreiben vom 8. Juli 1999 mit, daß dem AdV-Antrag nicht entsprochen werden könne. Der StB wurde erneut zur Abgabe der Erklärungen aufgefordert und um Mitteilung gebeten, ob er den Einspruch zurücknehmen wolle.
Mit Bescheid vom 24. Juni 1998 setzte das FA die mit Bescheid vom 12. Mai 1998 angedrohten Zwangsgelder wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen für 1996 in Höhe von insgesamt DM 650,– und mit Bescheid vom 21. Juni 1999 die im Bescheid vom 17. Mai 1999 angedrohten Zwangsgelder wegen Nichtabgabe der Erklärungen für 1997 in Höhe von insgesamt DM 900,– fest. In beiden Bescheiden heißt es, daß das Zwangsgeld unverzüglich beigetrieben werde, wenn die Zahlungen nicht rechtzeitig geleistet und die angeforderten Steuererklärungen nicht abgegeben würden. Im Fall der Uneinbringlichkeit könne das Amtsgericht auf Antrag des FA Ersatzzwangshaft anordnen.
Gegen beide Zwangsgeldfestsetzungsbescheide legte der StB für die Klägerin Einspruch ein, und zwar gegen den Bescheid vom 24. Juni 1998 am 24. Juli 1998 und gegen den Bescheid vom 21. Juni 1999 am 23. Juli 1999. Gleichzeitig mit beiden Einsprüchen stellte d...