Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit der vom Arbeitgeber neben dem Arbeitslohn für die Übernahme der Vollzeitpflege von Kindern ausgezahlten Kostenpauschale
Leitsatz (redaktionell)
Erhält eine angestellte Erzieherin von ihrem Arbeitgeber im Jahr 2000 und 2001 neben ihren laufenden Arbeitslohn für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung von drei Kindern 1.350 DM je Kind und Monat, sind die Kostenpauschalen – auch ohne eine durch Nachweise belegte Aufstellung der tatsächlich durch die Pflegekinder verursachten Kosten – als steuerfreier Auslagenersatz gem. § 3 Nr. 50 EStG im vollen Umfang steuerfrei zu stellen. Die Pauschale von 1.350 DM pro Kind und Monat entspricht in etwa dem tatsächlichen Aufwand der ansonsten keine weiteren Zahlungen (keine Einmalzahlungen, kein Kindergeld) vereinnahmenden Steuerpflichtigen (hier: Abgrenzung zur Steuerfreiheit der für die Vollzeitpflege gezahlten Erziehungsgelder nach § 3 Nr. 11 EStG; Verweis auf das anhängige Revisionsverfahren IX R 49/08).
Normenkette
EStG § 3 Nrn. 50, 11, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 32 Abs. 1 Nr. 2; SGB VIII § 39 Abs. 3, 6
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung der Bescheide vom 13. August 2003, beide i.F.d. Einspruchsentscheidung vom 9. September 2004, wird die Einkommensteuer 2000 und 2001 jeweils unter Berücksichtigung der streitigen Kostenpauschale (1.350 DM pro Kind und Monat) als nach § 3 Nr. 50 EStG steuerfreier Betrag festgesetzt. Dem Beklagten wird aufgegeben die Einkommensteuer unter Beachtung der Ausführungen unter Nr. 2 d der Entscheidungsgründe (S. 17 ff.) zu berechnen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht die Kläger Sicherheit leisten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11, 26 und 50 EStG von Kostenpauschalen, die die Klägerin in den Streitjahren erhalten hat.
Die Kläger sind Eheleute, die beim Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Sie erzielten in den Streitjahren 2000 und 2001 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Kläger war als Angestellter XXXX (Bruttogehalt 2000: XXX DM; 2001: XXX DM) tätig. Er erzielte zudem 2001 nebenberufliche Einkünfte als XXX. Die Klägerin war als Erzieherin beim XY (künftig: XY) beschäftigt. Sie erhielt ein Bruttogehalt i.H.v. XXX DM (1999), XXX DM (2000) und XXX DM (2001).
Die Kläger wohnten mit ihren beiden Kindern (A * XX 1996, B * XX 2000) seit Ende 1997 in ihrem Haus im XXX (ESt, Bl. 37). Ein Zimmer stand dem Sohn des Klägers aus erster Ehe (C * XXX 1990) für die Zeit zur Verfügung, in der sich dieser beim Kläger aufhielt. Bis Mitte 1999 war die Wohnung im Erdgeschoss (Fläche: 43 qm) für XXX DM (Kaltmiete pro Monat) vermietet. Die beiden darüber liegenden Geschosse (115 qm) nutzten die Kläger für eigene Wohnzwecke.
Das XY leistete Jugendhilfe u.a. in Form von zwei heilpädagogischen „Pflegenestern”, in denen problematische junge Menschen – in der häuslichen Gemeinschaft ihrer Erzieher – eine familienähnliche Erziehung erhalten sollten („Rund-um-die-Uhr-Betreuung” in der Familie). Eines dieser „Pflegenester” wurde seit dem 19. Juli 1999 von der Klägerin im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses mit dem XY geleitet und im Hause der Kläger betrieben (Rbh, Bl. 10, 21). Die Klägerin nahm 2000 und 2001 drei Geschwisterkinder zur Pflege auf. Diese waren bei ihrer Aufnahme durch die Kläger 7, 10 und 13 Jahre alt. Das jüngste Kind zog Mitte 2001 wieder aus. Das Projekt war auf die Dauer von ca. zwei Jahren ausgelegt (Bl. 21 Rbh), ist dann aber – wie die Kläger in der mündlichen Verhandlung angaben – bis Oktober 2005 betrieben worden.
Die Arbeitnehmertätigkeit der Klägerin für das XY bestand ab Juli 1999 ausschließlich in der Betreuung und Unterhaltung des vorgenannten „Pflegenestes”. Die Zimmer der Pflegekinder befanden sich in der Wohnung im Erdgeschoss, die für diese Zwecke hergerichtet und zusammen mit der „Kernwohnung” der Kläger als gemeinsame Wohneinheit genutzt wurde.
2003 fand beim XY eine Lohnsteuer-Außenprüfung statt (Rbh, Bl. 15 ff., Anlage 1 zum Prüfungsbericht vom 8. Juli 2003). Dabei wurde festgestellt, dass die Klägerin neben ihrem vorgenannten Arbeitslohn vom XY steuerfrei gezahlte monatliche Kostenpauschalen von 1.350 DM je Kind erhielt (insgesamt: 2000 – 48.600 DM; 2001 – 40.500 DM). Unterlagen über die Zusammensetzung dieses Betrages wurden dem Prüfer nicht vorgelegt. In Anlehnung an eine Mustervereinbarung des XY für heilpädagogische Pflegestellen teilte er den Betrag wie folgt auf (Rbh, Bl. 16, 46, 50, 101):
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lt. Prüfer |
(lt. Kläger) |
eine Partner- oder Vertretungspauschale |
350 DM |
(100 DM) |
eine Pauschale für Miete und Mietnebenkosten |
300 DM |
(350 DM) |
eine Unterhaltspauschale |
450 DM |
(700 DM) |
eine Pauschale für sonstige Aufwendungen |
250 DM |
(0 DM) |
ein Investitionszuschuss |
…0 DM |
(... |