Entscheidungsstichwort (Thema)
Verschmelzung: Hinzurechnung einer vorangegangenen Teilwertabschreibung gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG trotz fehlendem Verlustvortrages
Leitsatz (redaktionell)
- Eine vorangegangene Teilwertabschreibung ist nach ersatzloser Streichung des § 12 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 1995 durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 1995 auch dann durch Hinzurechnung rückgängig zu machen ist, wenn es tatsächlich zu keiner doppelten Nutzung übergegangener Verluste kommt (vgl. BFH-Vorlagebeschluss vom 18.7.2001 I R 38/99, BFHE 196, 232, BStBl II 2002, 27, und nachgehend BVerfG-Beschluss vom 15.01.2008 2 BvL 12/01, BVerfGE 120, 56).
- Das Einkommen und der Gewerbeertrag ist indessen aus sachlichen Billigkeitsgründen gem. § 163 AO ohne die Hinzurechnung nach § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 1995 zu ermitteln, wenn die übertragende Kapitalgesellschaft über einen nach der Verschmelzung nutzbaren Verlustvortrag nicht verfügt und somit der Gesetzeszweck der Verhinderung einer doppelten Verlustnutzung nicht betroffen ist.
Normenkette
UmwStG 1995 § 12 Abs. 2 Sätze 2, 4; AO § 163; FGO § 102
Streitjahr(e)
2000
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin und A-GmbH (im Folgenden „A-GmbH”) waren ursprünglich Schwestergesellschaften, an denen bis zum 29.10.1998 B und C sowie D zu je 1/3 beteiligt waren. Am 29.10.1998 erwarb die Klägerin 94 % der Anteile an der A-GmbH einschließlich aller Ansprüche auf noch nicht ausgeschüttete Gewinne zu einem Kaufpreis von DM 4.940.811,--. Die veräußernden Gesellschafter versteuerten die Gewinne aus der Anteilsveräußerung nach Maßgabe des § 17 EStG. Zum 31.12.1999 schüttete die A-GmbH ihren aus 1998 vorhandenen Gewinnvortrag und den Jahresüberschuss für 1999 in voller Höhe aus. Die Klägerin erhielt eine Bardividende von DM 3.703.600,-- zuzüglich des Körperschaftsteuer-Anrechnungsguthabens von DM 1.587.256,--. Der Beteiligungsertrag wurde bei der Klägerin in 1999 mit DM 5.290.856, -- in der steuerlichen Gewinnermittlung erfasst. Die Beteiligung an der A GmbH wurde infolge der Ausschüttung iHv. DM 4.658.811,-- abgeschrieben. Der verbleibende Bilanzansatz von DM 282.000 entsprach dem anteiligen Stammkapital (94 % von DM 300.000,--). Anschließend wurde die A-GmbH als Ganzes unter Ausschluss der Abwicklung mit steuerlicher Wirkung zum 31.1.2000 auf die Klägerin verschmolzen. Die Handelsregistereintragung erfolgte am 11.5.2000. Am 10.2.2000 übernahm die Klägerin mit Wirkung zum 31.1.2000 die restlichen 6 % der Stammeinlagen an der A-GmbH zum Nennwert von insgesamt DM 18.000, --. Die A-GmbH verfügte zum steuerlichen Übertragungsstichtag über keine steuerlichen Verlustabzüge iSd. § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG aF.
Die Klägerin erklärte in der Körperschaftsteuererklärung für 2000 in Formularzeile 40 einen Hinzurechnungsbetrag nach § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 1995 iHv. DM 0. Dies begründete sie damit, dass ansonsten der Ansatz des Hinzurechnungsbetrags zu einer doppelten Versteuerung von Gewinnen bei der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer geführt hätte.
Der Beklagte veranlagte zunächst erklärungsgemäß, d.h. ohne Hinzurechnungsbetrag. Im Anschluss an eine steuerliche Außenprüfung (Bp. -Bericht vom 8.2.2005) erhöhte der Beklagte das Einkommen der Klägerin um die steuerwirksame Teilwertabschreibung iHv. DM 4.658.811 und änderte den Körperschaftsteuerbescheid 2000 entsprechend.
Den Einspruch wies der Beklagte als unbegründet zurück. Die dagegen gerichtete Klage wurde unter dem Aktenzeichen 6 K 853/12 anhängig.
Den später von der Klägerin beim Beklagten gestellten Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 AO aus sachlichen Billigkeitsgründen bei Beteiligungskorrekturgewinnen iSv. § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG a.F. lehnte der Beklagte ab und wies den Einspruch als unbegründet zurück.
Die dagegen gerichtete Klage ist unter dem Aktenzeichen 6 K 1107/13 anhängig geworden.
Beide Klagen hat das Gericht mit Beschluss vom 09.03.2015 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen 6 K 853/12 verbunden.
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, § 12 Abs. 2 UmwStG 1995 gelange aufgrund einer teleologischen Reduktion nicht zur Anwendung, die Regelung verstoße darüber hinaus gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 GG, jedenfalls aber sei eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen geboten.
Der gesetzliche Wortlaut des § 12 Abs. 2 UmwStG 1995 sei überschießend. Die ersatzlose Streichung von § 12 Abs. 2 Satz 4 UmwStG a.F. sei verfassungswidrig. Eine Begründung für die Änderung fehle. Als Grund dafür werde ein gesetzgeberisches Versäumnis im Zuge der Reform des UmwStG 1995 vermutet (BFH vom 18.7.2001 I R 38/99, BStBI. II 2002, 27; DÖTSCH, DB 1997, 2090, 2093; MENTEL, DStR 1998, Beil. zu Heft 17, 27; PRINZ, FR 1997, 881, 888).
Die Aufhebung des § 12 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 1995, die der Verhinderung doppelter Verlustn...