Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonder-AfA für Baudenkmale: Beschränkung auf im Inland gelegene Gebäude – Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Anwendung des Progressionsvorbehaltes auf Gewinne, die aus dem Betrieb eines Hotelrestaurants in einem in Polen belegenen Baudenkmal erzielt werden, sind die für im Inland belegene Gebäude vorgesehenen Sonder-AfA nur zu berücksichtigen, wenn der Stpfl. nachweist, dass das ausländische Denkmalgebäude zum deutschen kulturgeschichtlichen Erbe zählt.
2. Die in § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG vorgesehene Beschränkung auf im Inland gelegene Gebäude verstößt – unter Berücksichtigung der vorgenannten Ausnahme - nicht gegen die gemeinschaftsrechtliche Niederlassungs- oder Kapitalverkehrsfreiheit (vgl. EuGH-Urteil vom 18.12.2014 C-87/13, HFR 2015, 205).
Normenkette
EStG § 7i Abs. 1 S. 1, § 32b; AEUV Art. 49, 63
Streitjahr(e)
2013
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger kauften im Jahr 2008 ein Hofgebäude nebst Hofparkanlage in A (Polen). Das Hofgebäude unterliegt dem Denkmalschutz in Polen. Durch eine aufwändige und mehrjährige Sanierung wurde das Gebäude in ein Hotel mit einem Restaurant und Spa-Bereich umgebaut. Der Kläger betreibt das Hotel, die Klägerin das Restaurant sowie den Spa-Bereich.
Die Klägerin arbeitete zudem seit dem 01.02.2013 bei der B und erzielte hieraus Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. In der Zeit vom 30.01.2013 bis zum 31.12.2013 hatte die Klägerin neben ihrem Wohnsitz in Polen auch einen Wohnsitz in Deutschland. Für das Jahr 2014 erfolgte eine Veranlagung nach § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Für die Jahre 2013 und 2014 (Streitjahre) führte der Beklagte eine Betriebsprüfung (Prüfer:C) bezüglich der Betriebe der Kläger durch. Ausweislich des Betriebsprüfungsberichts vom 16.01.2017 traf der Prüfer u.a. folgende Feststellung:
Tz.2.1
Die Gewinnermittlungen seien nach polnischem Recht erstellt worden. Einkünfte im Sinne des § 32b EStG seien jedoch nach deutschem Recht zu ermitteln. Daher sei aus Vereinfachungsgründen eine Überleitungsrechnung erstellt worden, welche die Unterschiede zwischen deutschem und polnischem Recht darstelle (Anlage 1 des BP-Berichts).
Tz. 2.2.1
Die AfA müsse von 9 % auf 3 % gekürzt werden, weil § 7i EStG vorliegend nicht anwendbar sei, da dieser nur für im Inland belegene Baudenkmäler gelte.
Der Beklagte folgte den Feststellungen des Prüfers und setzte mit Änderungsbescheiden vom 15.03.2017 die Einkommensteuer in Höhe von 33.399 € (2013) bzw. 63.814 € (2014) fest. Dabei wurden im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG ausländische Einkünfte in folgender Höhe berücksichtigt:
-2013:
Kläger: |
7.944 € |
(statt bisher ./. 51.237 €) |
Klägerin: |
./. 53.164 € |
(statt bisher ./. 100.376 €) |
-2014:
Kläger: |
./. 11.922 € |
(statt bisher ./. 62.872 €) |
Klägerin: |
11.704 € |
(statt bisher ./. 30.078 €) |
Hiergegen wandten sich die Kläger mit dem Einspruch und trugen u.a. zur Begründung vor: § 7i EStG müsse - entgegen dem Wortlaut - auch auf das in Polen belegene Baudenkmal angewendet werden. § 7i EStG sei europarechtswidrig, weil er sowohl gegen die Niederlassungsfreiheit als auch gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoße. Die Nichtanwendung der Norm verhindere, dass ein Ausländer, der über ein Baudenkmal im europäischen Ausland verfüge, sich in Deutschland niederlasse. Das Urteil des EuGH vom 18.12.2014 (C-87/13) könne für § 7i EStG nicht gelten, da diese Vorschrift nur Gebäude erfasse, die in Deutschland belegen seien. Zudem folge die Europarechtswidrigkeit daraus, dass durch die Überleitungsrechnung die in Polen ansässigen Unternehmen fiktiv so behandelt würden, als ob sie in Deutschland tätig gewesen seien. Wenn der Sachverhalt im Rahmen des § 32b EStG fiktiv behandelt werde, müsse dies auch im Rahmen des § 7i EStG gelten.
Der Beklagte half dem Einspruch in einem nicht streitbefangenen Punkt durch den Einkommensteuer-Änderungsbescheid 2014 vom 06.04.2017 ab. Im Übrigen wies er die Einsprüche mit Entscheidung vom 24.08.2017 als unbegründet zurück. § 7i EStG sei nicht anwendbar, da das Gebäude in Polen belegen sei. Im Rahmen des § 32b EStG werde kein Sachverhalt fiktiv behandelt, sondern die Ermittlung der Einkünfte erfolge einheitlich nach nationalen Regeln.
Die Kläger verfolgen ihr Begehren unter Wiederholung ihres vorprozessualen Vortrags mit der Klage weiter.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 15.03.2017 und den Einkommensteuerbescheid 2014 vom gleichen Tage, geändert mit Bescheid vom 06.04.2017, sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.08.2017 in der Weise zu ändern, dass in beiden Jahren eine Abschreibung i.H.v. 9 % statt bisher i.H.v. 3% berücksichtigt wird;
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen;
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er nimmt Bezug auf die Gründe der Einspruchsentscheidung.
Das Gericht hat die Steuerakten zum Verfahren beigezogen. Auf den übersandten Verwaltungsvorgang und auf...