Entscheidungsstichwort (Thema)
Differenzbesteuerung: Erforderlichkeit des Hinweises auf die Anwendung des § 25a UStG in der Ausgangsrechnung
Leitsatz (redaktionell)
Lieferungen von Fahrzeugen, die ein Gebrauchtwagenhändler ohne die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs von Privatpersonen gekauft und unter Rechnungslegung ohne offenen Umsatzsteuerausweis im Gemeinschaftsgebiet weiterverkauft hat, unterfallen auch dann lediglich der Differenzbesteuerung, wenn in den Rechnungen auf die Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG nicht hingewiesen worden ist.
Normenkette
UStG § 14a Abs. 6, § 25a Abs. 1 Nrn. 1, 2 S. 2 lit. a, Abs. 8 S. 1; RL 77/388/EWG Art. 26a
Streitjahr(e)
2006
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Differenzbesteuerung gemäß § 25a UStG im Jahr 2006.
Die Klägerin, wohnhaft in A, hatte am 01.10.2006 ein Gewerbe „Kfz-Pflege und Kfz-Vermittlung” bei der Stadt B angemeldet. In den Streitjahren 2006 bis 2008 erzielte sie Umsätze durch den An- und Verkauf von PKW.
Die Klägerin gab zunächst keine Steuererklärungen bei dem für das Unternehmen zuständigen Finanzamt C -FA- ab, so dass das FA die Besteuerungsgrundlagen schätzte und die Umsatzsteuer für die Jahre 2006 und 2007 mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Schätzungsbescheiden jeweils vom 07.12.2009 auf 2.800 € (2006) und 7.080 € (2007) festsetzte, ebenso wie Verspätungszuschläge in Höhe von jeweils 100 €. Das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung E -Steufa- hatte bereits am 29.09.2010 ein Steuerstrafverfahren wegen des Verdachts der Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuerhinterziehung gegen die Klägerin eingeleitet und am selben Tag ihre Geschäftsräume durchsucht.
Der Prüfer ermittelte unter Auswertung der beschlagnahmten Buchführungsunterlagen die Brutto-Umsätze der Klägerin mit 71.393 € (2006), 382.988 € (2007) und 89.400 € (2008). Die Vorsteuerbeträge könnten, wie bereits geschehen, geschätzt werden. Die Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG komme nicht in Betracht, weil die erforderlichen Aufzeichnungen (§§ 25a, 22 UStG) nicht vorlägen und in den Rechnungen nicht auf die Anwendung der Differenzbesteuerung hingewiesen worden sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung E vom 23.11.2011 über die steuerlichen Feststellungen für die Jahre 2006 bis 2008 hingewiesen.
Daraufhin änderte das FA die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2006 und 2007 gemäß § 164 Abs. 2 AO und erließ erstmalig einen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2008. Die Besteuerungsgrundlagen für diese Jahre wurden nunmehr unter Berücksichtigung der Feststellungen der Steufa geschätzt und die Umsatzsteuer für die Streitjahre 2006 - 2008 mit Bescheiden jeweils vom 10.01.2012 wie folgt festgesetzt:
2006:
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Bemessungsgrundlage |
Steuer |
Lieferungen |
61.546,00 € |
9.847,36 € |
lt Voranmeldungen |
54.293 |
5.085,40 € |
Vorsteuerbeträge |
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./. 6.800,00 € |
lt Voranmeldungen |
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6.886,22 € |
USt 2006 |
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3.047,36 € |
lt Voranmeldungen |
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./. 1.800,82 € |
lt UStB 07.12.09 |
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2.800 € |
2007:
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Bemessungsgrundlage |
Steuer |
Lieferungen |
321.839,00 € |
61.149,41 € |
lt Voranmeldungen |
119.983,00 € |
22.797,50 € |
Vorsteuerbeträge |
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./. 18.000,00 € |
lt Voranmeldungen |
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18.068,90 € |
USt 2007 |
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43.149,41 € |
lt Voranmeldungen |
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4.728,60 € |
lt UStB 07.12.09 |
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7.080 € |
2008:
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Bemessungsgrundlage |
Steuer |
Lieferungen |
75.126,00 € |
14.273,94 € |
keine Voranmeldungen |
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Vorsteuerbeträge |
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./. 10.000,00 € |
USt 2008 |
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4.273,94 € |
Die Verspätungszuschläge zur Umsatzsteuer der Jahre 2006 und 2007 blieben in unveränderter Höhe bestehen, zur Umsatzsteuer 2008 wurde erstmalig ein Verspätungszuschlag in Höhe von 100 € festgesetzt.
Gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2008 sowie die Festsetzung des Verspätungszuschlages zur Umsatzsteuer 2008 legte die Klägerin Einspruch ein. Mit einheitlicher Einspruchsentscheidung vom 08.06.2012 wies das FA die Einsprüche gegen die Umsatzsteuerbescheide 2006 bis 2008 mangels Begründung durch die Klägerin als unbegründet zurück. Über den Einspruch gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlages zur Umsatzsteuer 2008 hat das FA bis heute nicht entschieden.
Mit ihren Klagen wendet sich die Klägerin gegen die Höhe der vom FA geschätzten Umsätze, die Vorsteuern seien in zutreffender Höhe berücksichtigt worden. Sie begehrte zunächst die Aufhebung der aufgrund der Steuerfahndungsprüfung erlassenen Umsatzsteuerbescheide einschließlich der Verspätungszuschläge. Die vom FA berücksichtigen steuerpflichtigen Umsätze der Klägerin seien zu hoch, weil das FA zu Unrecht auch die der Differenzbesteuerung unterliegenden Umsätze der Klägerin in voller Höhe als steuerpflichtige Umsätze berücksichtigt habe. Das FA berufe sich hierbei zu Unrecht auf die Verletzung der Hinweispflicht des §14a Abs. 6 UStG bei Anwendung der Differenzbesteuerung.
Die Klägerin habe in den Streitjahren - bis auf wenige Ausnahmefälle - Fahrzeuge von Privatpersonen gekauft und ohne...