Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurücknahme der Erlaubnis steuerbegünstigter Entnahme von Strom bei Bearbeitung und Veredelung von Mineralölprodukten
Leitsatz (amtlich)
Nach § 130 Abs. 1 AO kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise zurückgenommen werden. Nach § 130 Abs. 2 AO jedoch nur dann, wenn ihn der Begünstigte eines Vorteils durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig sind.
Die Bearbeitung und Veredelung von Mineralölprodukten und Chemikalien durch Vermischen verschiedener Qualitäten und Zusatz von Additiven stellen reine Mischvorgänge dar, die nicht als Mineralölverarbeitung im Sinne der Klassifikation der Wirtschaftszweige WZ 93 anzusehen sind mit der Folge, dass diese Haupttätigkeit nicht dem produzierenden Gewerbe zuzurechnen ist.
Normenkette
StromStG § 2 Nr. 3, § 9 Abs. 3-4; AO § 130 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Rücknahme einer Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die Firma A., beantragte im Mai 1999 beim damaligen Hauptzollamt Hamburg-1 die Erteilung einer Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom nach § 9 Abs. 3 und 4 Stromsteuergesetz (StromStG). In ihrem Antrag gab die Rechtsvorgängerin der Klägerin u.a. an, dass die wirtschaftliche Tätigkeit ihres Unternehmens die Mineralölverarbeitung, Herstellung von Bunkermischungen, Bearbeitung von chemischen Produkten sowie die Herstellung von Gasölen durch Bearbeitung sei, wobei die Haupttätigkeit in der Mineralölverarbeitung liege, die der WZ 93 Nr. 2320 zuzuordnen sei.
Daraufhin erteilte das Hauptzollamt Hamburg-1 der Rechtsvorgängerin der Klägerin mit Bescheid vom 14.5.1999 rückwirkend zum 1.4.1999 die Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom nach § 9 Abs. 3 und 4 StromStG. Der Bescheid vom 14.5.1999 enthielt u.a. den Hinweis, dass die Erlaubnis mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden könne, wenn sie aufgrund von Angaben erteilt worden sei, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gewesen seien.
Anlässlich einer im August 2000 bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung stellte das Hauptzollamt für Prüfungen Hamburg fest, dass sich die wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin schwerpunktmäßig auf die Bearbeitung und Veredelung von Mineralölprodukten und Chemikalien durch Vermischen verschiedener Qualitäten und Zusatz von Additiven beziehe. Diese Tätigkeiten der Klägerin - so heißt es in dem Prüfungsbericht des Hauptzollamtes für Prüfungen Hamburg vom 10.4.2001 - stellten reine Mischvorgänge dar, die nicht als Mineralölverarbeitung im Sinne der Klassifikation der Wirtschaftszweige WZ 93 anzusehen seien mit der Folge, dass die Haupttätigkeit der Klägerin nicht dem produzierenden Gewerbe zuzurechnen sei.
Mit Schreiben vom 2.7.2001 übersandte in der Folgezeit das beklagte Hauptzollamt dem Statistischen Bundesamt eine von der Klägerin verfasste Tätigkeitsbeschreibung mit der Bitte um Äußerung, ob aufgrund der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten eine Zuordnung ihres Unternehmens zum produzierenden Gewerbe im Sinne des Abschnitts D der Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ 93) möglich sei.
Das Statistische Bundesamt teilte dem beklagten Hauptzollamt sodann unter dem 17.7.2001 mit, dass die von der Klägerin beschriebenen Analysen bzw. Arbeitsvorgänge nicht geeignet seien, von gänzlich neuen Produkten zu sprechen, da durch die von der Klägerin vorgenommenen Arbeitsschritte die Wesenseigenschaften der Erzeugnisse nicht tangiert würden. Da keine neuen Erzeugnisse im Sinne des Systematischen Güterverzeichnisses für Produktionsstatistiken (GP 95) entstünden, könnte hinsichtlich der beschriebenen Veredelungsprozesse nicht von Herstellung gesprochen werden, die eine Einreihung in das Verarbeitende Gewerbe der WZ 93 rechtfertigen würde.
Daraufhin nahm das beklagte Hauptzollamt mit Bescheid vom 24.7.2001 - in der Fassung des Berichtigungsbescheids vom 25.7.2001 - die der Klägerin erteilte Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom unter Hinweis auf § 130 Abs. 2 AO rückwirkend zum 1.4.1999 mit der Begründung zurück, dass das Unternehmen der Klägerin angesichts der ausgeübten Tätigkeiten, die nicht als Mineralölverarbeitung anzusehen seien, nicht zum produzierenden Gewerbe gehöre.
Den gegen den Bescheid vom 24.7.2001 gerichteten Einspruch der Klägerin wies das beklagte Hauptzollamt mit Einspruchsentscheidung vom 24.10.2002 zurück; auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.
Die Klägerin hat am 25.11.2002 Klage erhoben. Sie meint zum einen, dass die von ihr ausgeübte Tätigkeit dem produzierenden Gewerbe im Sinne des § 2 Nr. 3 StromStG unterfalle. Zum anderen ist sie der Auffassung, dass auch gestützt auf die Vorschrift des § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO eine Rücknahme des Bewilligungsbescheides mit Wirkung ex-tunc nicht zulässig sei.
Die Klägerin beantragt,