Entscheidungsstichwort (Thema)
AfA für das über 250 Jahre alte Cello eines Musikhochschuldozenten als Werbungskosten. Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für Musikunterricht der Kinder als Kinderbetreuungskosten. Einkommensteuer 1980
Leitsatz (amtlich)
1. Ein über 250 Jahre altes Cello, welches von einem Musikhochschuldozenten täglich beruflich benutzt wird und dessen Klangqualität nicht zeitlich unbegrenzt aufrechterhalten werden kann, unterliegt – auch wenn es seit der Anschaffung eine Wertsteigerung erfahren hat – einer technischen Abnutzung. Die Nutzungsdauer ermittelt sich nach der wahrscheinlich noch verbleibenden Dauer der Nutzbarkeit des Instruments als Konzertinstrument (hier: 50 Jahre). Auf einen tatsächlich eingetretenen wirtschaftlichen Wertverzehr kommt es nicht an.
2. Aufwendungen für den privaten Musikunterricht eines Kindes sind als Kinderbetreuungskosten nach § 33a Abs. 3 EStG 1979 berücksichtigungsfähig. Dabei ist weder zwischen Einzel- und Gruppenunterricht noch zwischen privat oder in staatlichen Musikschulen erteiltem Unterricht zu unterscheiden.
Normenkette
EStG 1979 § 7 Abs. 1, § 33a Abs. 3, § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 S. 3 Nrn. 6-7, § 12 Nr. 1
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid 1980 wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung mit der Maßgabe abgeändert, daß die Einkommensteuer auf … DM festgesetzt wird. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens fallen den Klägern zu … v.H. und dem Beklagten zu … v.H. zur Last.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger berechtigt ist, für ein Musikinstrument – Cello – Absetzungen für Abnutzung (AfA) vorzunehmen. Außerdem ist streitig, ob die Kosten für den Musikunterricht, der den drei Kindern der Kläger im Streitjahr erteilt wurde, als Aufwand für Dienstleistungen zur Beaufsichtigung und Betreuung von Kindern gemäß § 33a Einkommensteuergesetz (EStG) anzuerkennen ist.
Der verheiratete Kläger ist als … tätig. Die Eheleute haben drei Kinder, die im Streitjahr 14, 13 und 8 Jahre alt gewesen sind.
Zur Ausübung seiner Tätigkeit benötigt der Kläger ein qualitativ wertvolles Cello. Ein derartiges Instrument wird ihm … nicht zur Verfügung gestellt. Deshalb erwarb der Kläger nach seinem Dienstantritt in … im Jahre 1975 ein Cello … aus dem Jahre 1720 zu einem Preis von … DM. Der Kläger nutzt das Cello im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit nahezu täglich mehrere Stunden.
Die Kinder der Kläger erhielten im Streitjahr privaten Musikunterricht, und zwar im Bereich der Instrumentalmusik an Violine, Horn und Bratsche. Der Unterricht erfolgte etwa jeweils zur Hälfte als Einzel- und als Gruppenunterricht. Musikpädagogisches Ziel des Gruppenunterrichts war es, die Kinder zur Kammermusik hinzuführen. Konkrete Lernziele im Sinne eines Zertifikates als Abschluß bestanden nicht.
Für das Streitjahr erklärten die Kläger die Unterrichtskosten als Aufwendungen für die Beaufsichtigung oder Betreuung von Kindern, und zwar für die Tochter … in Höhe von … DM, für die Tochter … in Höhe von … DM und für den Sohn … in Höhe von … DM. Die Aufwendungen sind der Höhe nach unstreitig.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger insgesamt … DM für Kinderbetreuungskosten geltend. Der Beklagte lehnte die Berücksichtigung ab.
Gegen den an … 1982 zur Post gegebenen Einkommensteuerbescheid legten die Kläger mit Schreiben ihres Prozeßbevollmächtigten vom … 1982 Einspruch ein. Unter Hinweis auf den Erlaß des Hessischen Finanzminsters vom 29. Oktober 1981 (S 2288 a-1-II B30) begehrten sie weiterhin die Anerkennung der Aufwendungen für den Musikunterricht als Kinderbetreuungskosten. Weitergehend beanspruchten sie die Berücksichtigung einer AfA für das Cello in Höhe von … DM (10 v.H. der Anschaffungskosten) als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers.
Der Rechtsbehelf blieb erfolglos. Der Beklagte vertrat die Auffassung, daß der Musikunterricht der Aus- oder Fortbildung der Kinder diene und ihnen besondere Fertigkeiten vermittle, so daß eine Berücksichtigung gemäß § 33a EStG in Übereinstimmung mit Abschnitt 191a Abs. 2 der Einkommensteuer-Richtlinien nicht in Betracht komme.
Hinsichtlich der begehrten AfA für das Cello berief sich der Beklagte auf die in gleicher Sache am … 1979 ergangene Einspruchsentscheidung für das Veranlagungsjahr 1975. Ein wirtschaftlicher Wertverzehr sei bei dem Cello des Klägers, einen alten und wertvollen Instrument, nicht zu erwarten. Die Einspruchsentscheidung wurde dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers an … 1982 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom … 1982 – beim Finanzgericht eingegangen am … 1982 – erhoben die Kläger Klage und tragen vor:
Aufgrund der intensiven Benutzung des Cellos im Rahmen der beruflichen ...