rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug bei einer Behindertenwerkstatt und Aufteilung nach dem Verhältnis der Umsätze anteilig des Zweckbetriebes
Leitsatz (amtlich)
1. Die Betreuung, Beförderung und Verpflegung von Behinderten in einer Werkstatt für Behinderte, die behinderte Mitarbeiter mit dem Ziel der Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt ausbildet und beschäftigt, sind nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei.
2. Die Aufteilung in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil ist sachgerecht, denn es werden sowohl Leistungen für den steuerfreien Wirkungsbereich als auch Leistungen für den steuerpflichtigen Werkstättenbereich erbracht.
3. Die steuerliche Begünstigung eines Zweckbetriebes, der der Ausbildung und Förderung von Behinderten mit dem Ziel der Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt dient, ist sachgerecht.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 18, § 12 Abs. 2 Nr. 8a, § 15; AO §§ 65, 68
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine sachgerechte Zuordnung von Vorsteuern zu den Wirkungsbereichen der Klägerin sowie darüber, ob das Zeltmateriallager ein Zweckbetrieb ist.
Die Klägerin ist eine als gemeinnützig und mildtätig anerkannte Organisation in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Nach ihrem Gesellschaftsvertrag ist Gegenstand des Unternehmens die berufliche Rehabilitation und Beschäftigung Behinderter. Ihre Aufgabe ist es insbesondere, körperlich, geistig und seelisch Behinderte, die den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht, noch nicht oder noch nicht wieder gewachsen sind, auszubilden oder zu beschäftigen. Die Klägerin hat für eine Weiterentwicklung der Behinderten in persönlicher und leistungsmäßiger Hinsicht zu sorgen und den Behinderten Chancen für eine Eingliederung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu eröffnen. Zu diesem Zweck betreibt sie verschiedene Werkstätten und Betriebe wie beispielsweise ein Druckerei- und Mailingcenter, eine Wäscherei und Näherei, Werkstätten für Metallbearbeitung, Holzbearbeitung, Elektromontage, Verpackung, eine Großküche und eine Buchbinderei, wie dem vorgelegten Faltblatt entnommen werden kann. Sie betrieb in dem hier streitigen Zeitraum insbesondere auch ein so genanntes Zeltmateriallager (heute Zeltvermietung) mit etwa 8-10 behinderten Mitarbeitern und einem gewerblichen Angestellten, in dem Großraum- und Partyzelte mit Zubehör vermietet wurden. In dem Betrieb wurden die Zelte gereinigt, repariert, für eine erneute Ausleihe zusammengestellt und in in der Werkstatt gefertigte Kisten verpackt sowie für die Kunden auf- und wieder abgebaut.
Die Klägerin beschäftigt behinderte Mitarbeiter im Rahmen von Eingliederungsmaßnahmen nur mit dem Ziel, sie auszubilden und/oder in sonstiger Weise auf den allgemeinen Arbeitsmarkt vorzubereiten. Dem entsprechend werden keine Behinderten aufgenommen, die diesem Ziel voraussichtlich nicht gerecht werden können, sondern lediglich arbeitstherapeutischer Maßnahmen oder sonstiger Pflege und Betreuung bedürfen. Sie ist Mitglied der ... Landesverband Hamburg e.V. Sie erzielt Einnahmen aus dem Verkauf ihrer Produkte und Dienstleistungen sowie aus Zahlungen von Sozialleistungsträgern aufgrund von Pflegesatzvereinbarungen.
Für die hier streitigen Jahre 1993 bis 1995 gab die Klägerin jeweils Umsatzsteuererklärungen ab, die auf Grund eines hohen Vorsteuerabzugs zu einer Steuererstattung führten. Diesen Steueranmeldungen stimmte der Beklagte für 1993 mit Bescheid vom 14.2.1995, für 1994 mit Bescheid vom 14.6.1996 und für 1995 mit Bescheid vom 16.6.1997 jeweils zu. Mit Änderungsbescheid vom 20.6.1997 und Änderungsbescheid vom 26.9.1997 änderte der Beklagte jeweils die Umsatzsteuerfestsetzung für 1995. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Für die Jahre 1993 bis 1995 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Der Betriebsprüfer kam bei der Beurteilung, ob Leistungen an die Klägerin für den von ihr unterhaltenen und zum Vorsteuerabzug berechtigenden Werkstättenbetrieb erbracht werden bzw. inwieweit diese Leistungen auf die sonstigen, steuerbaren, jedoch steuerbefreiten und den Vorsteuerabzug ausschließenden klägerischen Umsätze entfallen, teilweise zu einer anderen Bewertung als die Klägerin. Im Einzelnen hielt er in den folgenden Bereichen einen Vorsteuerabzug für nicht bzw. in geringerem Umfang für berechtigt: - Auf den Bau des Sportraumes im X-Weg entfallene Vorsteuer nicht abzugsfähig, weniger Vorsteuer in 1994: 51.979 in DM (Bau), 1.520 DM (Inventar) (Tz. 16 des Betriebsprüfungsberichtes). - Anteilig nicht abzugsfähige Vorsteuer für Essenslieferungen an behinderte Arbeitnehmer, für die die Klägerin eine Kostenerstattung im Rahmen der Pflegegelder erhält. Da eine genaue Ermittlung des abzugsfähigen Anteils nicht möglich gewesen sei, hat der Prüfer diesen Anteil einvernehmlich mit der Klägerin auf 43.300 DM für 1993 geschätzt (Tz. 17). Für 1994 und 1995 hatte die Klägerin bereits eine Aufteilung ent...