Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Antragsbefugnis einer nach luxemburgischen Recht liquidierten S.A.

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Zwar bestehen nach luxemburgischen Recht Gesellschaften gemäß Art. 141 des Gesetzes vom 10.8.1915 (GHG) nach ihrer Auflösung für Zwecke der Liquidation weiter fort.

2) Für einen Antrag auf gesonderte Feststellung einer Einlagenrückgewähr nach § 27 Abs. 8 Satz 3 KStG ist eine solche Gesellschaft indes nicht mehr antragsberechtigt.

3) § 27 Abs. 8 Sätze 3 und 4 KStG sind mit dem Unionsrecht vereinbar.

 

Normenkette

KStG § 27 Abs. 8 S. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 18.08.2018; Aktenzeichen I B 66/17)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine gesonderte Feststellung einer Einlagenrückgewähr gemäß § 27 Abs. 8 S. 3 KStG.

Die Klägerin ist eine am ….8.2009 liquidierte Aktiengesellschaft nach luxemburgischem Recht.

Die Klägerin wurde am ….8.2009 im Rahmen einer außerordentlichen Hauptversammlung der Alleingesellschafterin, der in Deutschland ansässigen A GmbH, in Liquidation gesetzt. Die Alleingesellschafterin wurde als Liquidatorin eingesetzt und die Liquidation am selben Tag im Rahmen eines vereinfachten Liquidationsverfahrens abgeschlossen.

Am 28.12.2010 stellte die Klägerin, vertreten durch ihre Liquidatorin, beim Beklagten einen Antrag auf Feststellung einer Einlagenrückgewähr für den VZ 2009.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 22.3.2012 ab, da aufgrund der beendeten Liquidation niemand mehr für die Klägerin wirksam habe handeln könne. Der Antrag sei daher unzulässig.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Einspruch vom 20.4.2012. Die Klägerin bestünde nach luxemburgischem Recht passiv fort.

Diesbezüglich zitierte die Klägerin diverse Entscheidungen luxemburgischer Gerichte, welche ursprünglich entschieden hätten, dass eine liquidierte Gesellschaft keine aktive Rechtspersönlichkeit mehr besitze und keine Berufung gegen Urteile einlegen könne, diese Rechtsprechung sich jedoch im Laufe der Jahre geändert habe und einer liquidierten Gesellschaft das Recht zustünde, gegen Urteile eine Berufung einzulegen. Diese Grundsätze seien im vorliegenden Fall dahingehend anzuwenden, dass die Klägerin noch über die notwendige Rechtspersönlichkeit verfüge, um ihre Verpflichtungen vollständig zu erfüllen.

Es bestehe eine Pflicht zur Antragsabgabe gemäß § 27 Abs. 8 S. 3 und 4 KStG. Gemäß § 34 Abs. 1 AO habe der gesetzliche Vertreter einer juristischen Person deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Diese Aufgabe obliege im vorliegenden Fall der Liquidatorin, welche am 28.12.2010 rechtzeitig einen Antrag auf Feststellung einer Einlagenrückgewähr im Veranlagungszeitraum 2009 nachgekommen sei.

Nach luxemburgischem Recht bestehe eine Treuepflicht der Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern. Ein Gesellschafter könne empfangene Leistungen nur dann als steuerfrei behandeln, soweit entsprechend Beträge der Einlagenrückgewähr gesondert festgestellt worden seien. Insoweit sei die Klägerin auch aus ihrer Treuepflicht der Gesellschafterin gegenüber verpflichtet gewesen, dafür zu sorgen, dass die notwendigen steuerlichen Feststellungen getroffen werden, um die Steuerfreiheit der empfangenen Leistungen zu erreichen.

Den Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 28.6.2013 als unbegründet zurück.

Die Klägerin sei zum Zeitpunkt des Antrages bereits aus dem luxemburgischen Handelsregister gelöscht und damit nicht mehr als fortbestehend anzusehen gewesen. Mit der Löschung sei auch der Verlust der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft verbunden gewesen.

Das luxemburgische Handelsrecht kenne im Gegensatz zum deutschen Gesellschaftsrecht keine Bestellung eines Nachtragsliquidators. In der luxemburgischen Rechtsprechung und Fachliteratur werde in Anlehnung an die belgische Rechtsprechung die Auffassung vertreten, eine liquidierte Gesellschaft habe während einer fünfjährigen Nachlaufphase eine passive Rechtsfähigkeit. Stelle sich während dieser Zeit heraus, dass noch Forderungen gegen die Gesellschaft bestünden, könnten diese gegen die Gesellschaft geltend gemacht werden. In diesem Fall würde die Gesellschaft nach außen von ihren Liquidatoren vertreten. Dies solle Gläubigern die Möglichkeit eröffnen, eine Gesellschaft nach der Liquidation zu verklagen. Die Gesellschaft selbst habe wiederum nur die Möglichkeit, anhängige Prozesse fortzuführen und weiteren Instanzen anzurufen. Diese passive Rechtsfähigkeit umfasse jedoch nicht die Möglichkeit, Verwaltungsverfahren neu anzustrengen.

Ein Antrag auf Feststellung einer Einlagenrückgewähr stelle keine Abwehrmaßnahme dar, die im Rahmen der passiven Rechtsfähigkeit geltend gemacht werden könne. Die Klägerin sei zu keinem Zeitpunkt durch eine Behörde aufgefordert worden, einen Antrag nach § 27 Abs. 8 KStG vorzulegen. Eine Verpflichtung zur Antragstellung bestehe auch nicht. Eine passive Rechtsfähigkeit könne auch nicht unter Berücksichtigung eines eventuellen Anspruchs des Gesellschafters gegen die Klägerin auf Antragstellung angenommen werden.

Hiergegen richtet sich d...

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