Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung von Vermietungseinkünften bei lediglich schuldrechtlich Nießbrauchsberechtigtem
Leitsatz (redaktionell)
Wird einer nahen Angehörigen ein Grundstücksnießbrauch zugewandt, dieser jedoch nicht ins Grundbuch eingetragen, so sind die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dennoch der lediglich schuldrechtlich Nießbrauchsberechtigten zuzurechnen, wenn sie aufgrund ihrer schuldrechtlich gesicherten Position tatsächlich Trägerin der Rechte und Pflichten eines Vermieters geworden ist.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Einkünfte eines Grundstücks den Klägern oder der Beigeladenen zuzurechnen sind.
Die Klägerin ist eine Grundstücksgemeinschaft bestehend aus den Herren X und Y. Ursprünglich war ihr Vater V Eigentümer des Grundstücks „…”, einem Wohn- und Geschäftshaus. Mit notariellem Vertrag vom 4. Juni 1991 übertrug V mit Zustimmung seiner im Jahr 1914 geborenen Ehefrau …, der Mutter der Kläger (Beigeladene), mit sofortiger Wirkung das Grundstückseigentum im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Als Gegenleistung durch die Erwerber war lediglich die Übernahme der Belastungen des Grundstücks und die Einräumung eines Nießbrauchsrechts zugunsten des V vereinbart. Im Übertragungsvertrag wies der Notar ausdrücklich auf den Nießbrauchserlass und die hierzu ergangene Rechtsprechung hin. Unterschrieben wurde der Vertrag von V, X, Y und der Beigeladenen. Das Grundstück war bis zu diesem Zeitpunkt durch die „…” der ehemaligen DDR als Treuhänder verwaltet worden. X, der die Verwaltung des Grundstücks übernehmen sollte, hatte den Mietern bereits im Frühjahr 1991 mitgeteilt, dass die Mietzahlungen ab Juli 1991 auf das Konto … bei der …, Kontoinhaber …, überwiesen werden sollten, da der bisherige Verwaltungsvertrag mit der … zum 30. Juni 1991 auslaufen werde. V verstarb jedoch bereits am 12. Juni 1991.
Im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs war das Erdgeschoss an einen gewerblichen Mieter vermietet. Dieser Vertrag war im März 1991 von V abgeschlossen worden. Die beiden Wohnungen im 1. OG und die Wohnung in 2. OG waren noch von der … an private Mieter vermietet worden. Die bestehenden Mietverträge wurden fortgeführt.
Mit privatschriftlichem Vertrag vom 1. Juli 1991 räumten X und Y der Beigeladenen ein unentgeltliches Nießbrauchsrecht an dem Grundstück ein. Eine Eintragung des Rechts ins Grundbuch erfolgte nicht. Nach Tz 3 des Vertrags hatte die Beigeladene alle Aufwendungen zu tragen, die mit dem Grundstück im Zusammenhang standen. X und Y verpflichteten sich des Weiteren, die Beigeladene bei der Erfüllung der ihr obliegenden Pflichten zu unterstützen. Die dabei entstehenden Kosten sollten erstattet werden. Ohne Einzelnachweis sollten die steuerlich abzugsfähigen Beträge erstattet werden. Die bestehenden Mietverträge wurden weder mit der Beigeladenen als Vermieterin neu abgeschlossen noch erfolgte eine schriftlich dokumentierte Anzeige des Eintritts der Beigeladenen in diese Mietverträge gegenüber den Mietern. Einer der Mieter, der die Miete für Juli 1991 noch auf das alte Konto überwiesen hatte, wurde von X mit Schreiben vom 18. Juli 1991 nochmals auf die o.a. neue Kontoverbindung hingewiesen. Als Inhaberin des Kontos war die Beigeladene angegeben.
Die Mietzahlungen erfolgten in der Folgezeit auf das o.a. Konto, dessen Inhaberin unstreitig die Beigeladene nach dem Tode des V war. Die Kontoauszüge wiesen X, der die Verwaltung des Grundstücks übernommen hatte, als Auszugsempfänger und die Beigeladene als Inhaberin des Kontos aus. X hatte zum Zwecke der Verwaltung des Grundstücks auch Kontovollmacht. Er führte den gesamten Schriftverkehr mit den Mietern, der Gemeinde, den Versorgungsunternehmen, der Bank, der Versicherung und den Handwerkern. Sämtliche Rechnungen lauteten auf X, die dieser vom o.a. Konto überwies. Allerdings war die Beigeladene die einzige, die von dem Konto, auf dass die Mieteinnahmen flossen, auch private Ausgaben bestritt.
Im Oktober des Streitjahres verstarb die Mieterin einer Wohnung im 1. OG. Der Mietvertrag mit dem neuen Mieter M wurde zum 1. November 1994 von der Beigeladenen abgeschlossen.
Die Vermietungseinkünfte aus dem Grundstück wurden in den Einkommensteuererklärungen der Beigeladenen erklärt, die beim Finanzamt Sankt Augustin veranlagt wird. Für die Jahre 1991 bis 1993 folgte das Finanzamt Sankt Augustin dieser Zurechnung, nicht aber für das Streitjahr 1994, in dem die Beigeladene Einkünfte von …. DM erklärte. Zur Begründung führte es aus, mangels Eintragung im Grundbuch liege keine wirksame Bestellung eines Nießbrauchsrechts vor. Der Bevollmächtigte von X und Y, der auch die Beigeladene steuerlich vertritt, erklärte darauf hin, dass zwar ein wirksam bestelltes Nießbrauchsrecht mangels Eintragung in das Grundbuch nicht vorliege, dass aber jedenfalls ein obligatorisches Nutzungsrecht vereinbart worden sei, bei...