Entscheidungsstichwort (Thema)
Privatnutzung eines Firmen-Pkw; Fahrtenbuch
Leitsatz (redaktionell)
Ein Fahrtenbuch muss zeitnah und in einer gebundenen oder jedenfalls in einer geschlossenen Form geführt werden, die nachträgliche Einführungen oder Veränderungen ausschließt oder zumindest deutlich als solche erkennbar werden lässt. Eine elektronisch geführte Aufzeichnung genügt nur dann den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch, wenn nachträgliche Veränderungen an den zu einem früheren Zeitpunkt eingegebenen Daten technisch ausgeschlossen sind oder in ihrer Reichweite in der Datei selbst dokumentiert und offen gelegt werden.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist (allein) streitig, ob ordnungsgemäße Fahrtenbücher vorliegen.
Die Klägerin ist in der Rechtsform einer AG auf dem Gebiet „Marketing von Pharmaprodukten” tätig. Im Rahmen einer bei ihr für den Zeitraum 01.01.1999 bis 31.01.2002 durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung wurde festgestellt, dass neben anderen Arbeitnehmern auch den beiden Geschäftsführern Herrn E und Herrn S firmeneigene PKW zur Privatnutzung zur Verfügung standen. Die von den Geschäftsführern vorgelegten Fahrtaufzeichnungen – hierbei handelt es sich um in einer Heftleiste abgeheftete lose Tabellenblätter, in denen jeweils zeilenweise für jede Fahrt Datum, Reiseziel, Reisegrund, Km-Stand Beginn, Km-Stand Ende eingetragen sind – wurden vom Prüfer aus den in Tz. 1.6 des Berichts über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 23.01.2003 dargelegten Gründen als nicht ordnungsgemäß geführte Fahrtenbücher angesehen. Er berechnete deshalb den geldwerten Vorteil nach der 1 v. H. – Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Wegen der Beanstandung sowie der Berechnung im einzelnen wird auf den Prüfungsbericht Bezug genommen.
Der Beklagte erließ aufgrund der Prüfung unter dem Datum vom 07.02.2003 einen zusammengefassten Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer für den Zeitraum 01.01.1999 bis 31.01.2002. Für diesen Zeitraum ergab sich ein Haftungsbetrag von 31.794,65 Euro, der ausschließlich auf die private PKW-Nutzung durch die Geschäftsführer entfällt (Anlage 1 zum Prüfbericht betr. Tz. 1.6).
Mit dem Einspruch machte die Klägerin geltend, dass die Fahrtenbucheintragungen keine wesentlichen Mängel aufwiesen. Die Fahrtenbücher seien ordnungsgemäß geführt und entsprächen den Voraussetzungen einer stichprobenartigen Nachprüfung. Wegen der Einzelheiten wird auf das Einspruchsschreiben vom 07.03.2003 Bezug genommen. Außerdem rügte die Klägerin, dass bei der Berechnung nach der 1 v. H. – Regelung bei Herrn E ein Fehler unterlaufen sei.
Wegen der von der Klägerin monierten Berechnung erließ der Beklagte unter dem Datum vom 13.06.2003 einen geänderten Haftungs- und Nachforderungsbescheid, worin der ausschließlich auf die private PKW-Nutzung durch die Geschäftsführer entfallende Haftungsbetrag auf 19.929,24 Euro herabgesetzt wurde (s. Anlage zum Änderungsbescheid). In seiner ablehnenden Einspruchsentscheidung vom 20.04.2004 hielt der Beklagte daran fest, dass mangels Vorlage von ordnungsgemäß geführten Fahrtenbücher die Privatfahrten der Geschäftsführer zutreffend nach der 1 v. H. – Regelung zu ermitteln seien. Die Inanspruchnahme der Klägerin durch Erlass des auf § 42 d EStG gestützten Haftungsbescheids sei dem Grunde und der Höhe nach zu Recht erfolgt. Die Inhaftungnahme sei nicht unbillig. Insbesondere liege kein entschuldbarer Rechtsirrtum vor. Auch habe die Klägerin der Inanspruchnahme nicht widersprochen.
Mit der Klage begehrt die Klägerin, die Privatfahrten der Geschäftsführer anhand der vorgelegten Fahrtenbücher und nicht nach der 1 v. H. – Regelung zu besteuern. Zur Begründung verweist sie auf ihr bisheriges Vorbringen.
Durch Schreiben vom 18.04.2006 ist der Bevollmächtigte der Klägerin vom Berichterstatter auf das BFH-Urteil vom 09.11.2005 VI R 27/05 (BFH/NV 2006, 858), wonach ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch in geschlossener Form geführt werden muss, hingewiesen und um Überprüfung der Erfolgsaussichten des Klagebegehrens gebeten worden. In seinem Antwortschreiben vom 17.07.2006 vertritt der Bevollmächtigte der Klägerin die Ansicht, die Tatsache, dass es sich bei den streitgegenständlichen Fahrtenbüchern nicht um eine gebundene Fassung handelt, als Grund für deren Nichtanerkennung heranzuziehen, könne seiner Meinung nach aus dem BFH-Urteil nicht abgeleitet werden. Wäre dies der Fall, so könnte auch ein elektronisch geführtes Fahrtenbuch keine Anerkennung finden.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung den Haftungsbescheid vom 13.06.2003 zu ändern, soweit er die Überlassung firmeneigener PKW an die Geschäftsführer E und S betrifft.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Bevollmächtigte der Klägerin hat die Fahrtaufzeichnungen des Herrn E im Original und die des Herrn S in Fotokopie dem Gericht eingereicht.
Ents...