Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwertungsbefugnis des Treugebers hinsichtlich eines durch den Treuhänder erworbenen Grundstücks. Anwendung von § 1 Abs. 2 neben § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Treugeber erwirbt die Verwertungsbefugnis an einem durch den Treuhänder erworbenen Grundstück, wenn der Treuhänder gem. dem Treuhandvertrag 12,5 % des Gewinns aus der Weiterveräußerung des Grundstücks nach Abzug aller ihm entstandenen Kosten an den Treugeber auszukehren hat, der Grundstückserwerb des Treuhänders unter dem Finanzierungsvorbehalt des Treugebers steht und zwischen Treugeber und Treuhänder eine gesellschaftsrechtliche und familiäre Verflechtung besteht.
2. Der Besteuerung des Erwerbs der Verwertungsbefugnis eines Treugebers gem. § 1 Abs. 2 GrEStG steht es nicht entgegen, dass daneben bereits der Grundstückserwerb durch den Treuhänder nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfasst wird.
3. Diese „doppelte” Besteuerung verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, sondern entspricht dem System der Grunderwerbsteuer als Rechtsverkehrsteuer beim Wechsel zwischen verschiedenen Rechtsträgern
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 2, 1 Nr. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 57.691,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Abschluss eines Treuhandvertrages zwischen der Klägerin als Treugeberin und der D. GmbH (im folgenden GmbH) als Treuhänderin in Bezug auf durch die Treuhänderin gekaufte Grundstücke dazu geführt hat, dass die Klägerin dadurch die wirtschaftliche Verwertungsbefugnis erworben hat und diese Erwerbe, neben dem Kauf durch die GmbH als Treuhänderin, der Grunderwerbsteuer unterliegen.
Die GmbH wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 30. Dezember 1996 errichtet und ist im Handelsregister des AG … (HRB …) eingetragen. Alleiniger Gesellschafter der GmbH ist Herr …, zugleich einer von zwei Mitgesellschaftern der Klägerin. Alleinige Geschäftsführerin war seit Juli 2001 bis zum 26. November 2008 die am … Juni 19… geborene Frau …. Frau … bestellte Herrn … durch die notarielle Urkunde vom 16. Juli 2001 (Ur.-Nr. … des Notars …) zu ihrem Bevollmächtigten und ermächtigte diesen unter Erteilung der Befugnis zur Bestellung von Unterbevollmächtigten alle Angelegenheiten zu besorgen. Herr … wurde ermächtigt, jede Rechtshandlung, welche die Bevollmächtigende selbst vornehmen könnte und bei welcher Stellvertretung gesetzlich zugelassen ist, für die Bevollmächtigende mit rechtsverbindlicher Kraft vorzunehmen. Herr … war von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit.
Die GmbH und die Klägerin schlossen am 15. Juni 2002 einen Treuhandvertrag. Danach beauftragte die Klägerin die GmbH für die Klägerin Grundstücke in P. anzukaufen, darauf die Bauleistungen zu erbringen und die für die Baureifmachung notwendigen Vorleistungen im eigenen Namen zu erbringen. Die GmbH sollte als Treuhandnehmerin die für die Treuhandgeberin erworbenen Grundstücke im eigenen Namen ein- und abverkaufen. Die Klägerin, als Treuhandgeberin, sollte die für die Anschaffung notwendigen Mittel zur Verfügung stellen. Die GmbH, als Treuhandnehmerin, sollte von dem erzielten Erlös den Grundstückseinkaufpreis, sämtliche Herstellungskosten zzgl. der unmittelbaren Erwerbsnebenkosten bezahlen. Ferner sollte die GmbH an die Klägerin 12,5% vom restlichen Erlös zahlen. Der dann verbleibende Erlös sollte der GmbH für ihre Leistungen zustehen. Die GmbH hatte jedoch mindestens ein Anspruch auf Ersatz sämtlicher von ihr getätigter Aufwendungen. Durch Vertrag vom 25. Juni 2007 wurde dieser Vertrag mit Wirkung vom 01. Januar 2007 aufgehoben. Ergänzend vereinbarten die Vertragsparteien, dass die Klägerin als stille Gesellschafterin an der GmbH beteiligt ist und der GmbH für die eigene Tätigkeit ein Anteil von 20% vom Rohgewinn zusteht.
1.
Die GmbH erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 31. Juli 2003 das im Grundbuch vom O. P., Blatt …, Flur …, Flurstück … eingetragene Grundstück zum Kaufpreis von 58.800,00 EUR. Dabei wurde die Geschäftsführerin der GmbH durch Frau … als Vertreterin ohne Vertretungsmacht vertreten.
Aufgrund der durch den beurkundenden Notar übersandten Veräußerungsanzeige setzte der Beklagte durch Bescheid vom 10. September 2003 2.058,00 EUR Grunderwerbsteuer gegenüber der GmbH fest. Der Bescheid wurde nicht angefochten.
Der Beklagte führte im Jahre 2007 bei der GmbH eine Betriebsprüfung durch. Anlässlich der Betriebsprüfung übersandte die Amtsbetriebsprüfungsstelle der Grunderwerbsteuerstelle eine Kopie des Treuhandvertrages und teilte mit, welche Grundstücke die GmbH seit dem Jahre 2002 erworben hatte.
Mit Schreiben vom 28. April 2008 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er beabsichtige gegen sie gemäß § 1 Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) Grunderwerbsteuer festzusetzen, da die GmbH ent...