Entscheidungsstichwort (Thema)
Klageerhebung per Computerfax
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Erhebung einer Klage mit nicht unterschriebenen Computerfax, dem auch keine handschriftliche Unterschrift in Kopie oder eine elektronische Signatur beigefügt ist, genügt nach Einfügung des § 52a FGO durch das Justizkommunikationsgesetz (JKomG) v. 22.3.2005 (BGBl I 2005, 837) mit Wirkung ab 1.4.2005 nicht (mehr) dem Erfordernis der Schriftlichkeit nach § 64 FGO und ist unzulässig.
2. Die Ordnungsmäßigkeit der Klageerhebung kann nicht durch den Hinweis erreicht werden, dass eine Unterschrift wegen der gewählten Übertragungsform fehlt (entgegen Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes v. 5.4.2000 GmSOGB 1/98 und BFH v. 11.11.1997 VII B 108/97 und v. 5.9.2008 V B 43/08).
3. Ob die Beifügung einer eingescannten Unterschrift noch ausreicht, blieb offen.
4. Möglicherweise sind an das Erfordernis der Schriftlichkeit bei der Klageerhebung in Instanzen, bei denen kein Vertretungszwang besteht, höhere Anforderungen zu stellen.
5. Derzeit kann bei bayerischen FG noch keine Klage auf elektronischem Wege eingelegt werden.
Normenkette
FGO § 64 Abs. 1, § 62 Abs. 4, § 52a Abs. 1 S. 1; FGO a.F. § 77a; SigG § 2 Nrn. 3, 1; ZPO § 130 Nr. 6
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen
Tatbestand
I.
Der Kläger erhob mit Computerfax vom 30. November 2009 Klage gegen die Einspruchsentscheidung des Beklagten (Finanzamt) vom 27. Oktober 2009 wegen Aufhebung der Festsetzung der Steuerbefreiungsabgabe nach dem Strafbefreiungserklärungsgesetz (StraBEG) sowie wegen der Umsatzsteuerbescheide 2000 und 2001 bzw. der Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001. Das Computerfax war nicht unterschrieben. Ihm war auch keine handschriftliche Unterschrift in Kopie oder eine elektronische Signatur beigefügt. Es enthielt am Ende lediglich den Zusatz, dass die Klage auch ohne Unterschrift gelte, weil sie direkt aus dem PC gefaxt worden sei. Auf dem Ausdruck der Klage war aus dem Sendeprotokoll der Anschluss erkennbar, von dem aus das Computerfax übermittelt wurde.
In der Folgezeit wurde der Kläger mit Schreiben der Geschäftsstelle vom 10. Dezember 2009 aufgefordert, den Gegenstand des Klagebegehrens zu bezeichnen und die Klage zu begründen. Eine Ausschlussfrist wurde nicht gesetzt. Ferner wurde er aufgefordert, ein unterschriebenes Exemplar der Klageschrift einzureichen. Mit Schreiben vom 18. Januar 2010 wurde der Kläger nochmals auf das Fehlen eines eigenhändig unterschriebenen Exemplars der Klageschrift und die daraus möglicherweise resultierende Unzulässigkeit der Klage hingewiesen. Er wurde aufgefordert, ggfls. Wiedereinsetzungsgründe vorzutragen und die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Der Kläger reagierte hierauf nicht.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid über die Aufhebung der Festsetzung der Strafbefreiungsabgabe vom 31. August 2005, die Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001 jeweils vom 19. August 2005, den Umsatzsteuerbescheid 2000 vom 1. September 2005 und den Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 22. August 2005 sowie die Einspruchsentscheidung vom 27. Oktober 2009 aufzuheben.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage sowie des Verfahrensstands erscheint es sachgerecht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90a Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO)
2. Die Klage ist unzulässig, da sie nicht formgerecht eingereicht wurde und der Mangel – trotz richterlicher Aufforderung – auch nicht beseitigt wurde.
2.1. Die Klage genügt nicht den Anforderungen an die Schriftlichkeit i.S.d. § 64 Abs. 1 FGO. Die in § 64 Abs. 1 FGO vorgeschriebene Schriftlichkeit erfordert die Übermittlung eines handschriftlich unterzeichneten Schriftsatzes (vgl. Bundesfinanzhof – BFH – Urteile vom 28. September 1988 X R 32-34/88, BFH/NV 1989, 505; vom 10. Juli 2002 VII B 6/02, BFH/NV 2002, 1597). Die eigenhändige Unterschrift muss vor Ablauf der Frist vorliegen; erst die Unterschrift macht den prozessbestimmenden Schriftsatz zur wirksamen Prozesshandlung (BFH-Urteil vom 10. Juli 2002 VII B 6/02, BFH/NV 2002, 1597). Vorliegend fehlt dem Klageschriftsatz vom 30. November 2009 eine handschriftliche Unterzeichnung. Diese wurde trotz gerichtlicher Aufforderungen vom 10. Dezember 2009 und 18. Januar 2010 nicht nachgeholt.
2.2. Die Klage ist auch nicht ordnungsgemäß auf elektronischem Weg eingelegt worden. Für den Freistaat Bayern fehlt es an einer Rechtsverordnung, in der die Übermittlung elektronischer Dokumente an die bayerischen Finanzgerichte zugelassen wird (§ 52a Abs. 1 Satz 1 FGO). Somit kann bei den bayerischen Finanzgerichten derzeit noch keine Klage auf elektronischem Wege eingelegt werden.
2.3. Die als Computerfax übermittelte Klageschrift ist unter Berücksichtigung der geltenden gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Klageerhebung nicht deshalb als ordnungsgemäß erhoben anzusehen, weil sie einen Hinweis enthält, dass eine Unt...