Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten der Strafverteidigung des Sohnes nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Einkommensteuer 1998
Leitsatz (amtlich)
1. Kosten für die Strafverteidigung eines volljährigen Sohnes entstehen nicht zwangsläufig aus rechtlichen Gründen, wenn der Sohn bereits eine durch eigene Wohnung und eigenes Einkommen eigenständige Lebensstellung erreicht hat.
2. Eine Zwangsläufigkeit aus sittlichen Gründen liegt nicht vor, wenn der Sohn unzweifelhaft ein derart sozialwidriges Verbrechen begangen hat, dass seine Unterstützung im Strafverfahren nicht als selbstverständliche Handlung erwartet werden kann, und aufgrund der Schwere der Tat ohnehin von Amts wegen ein Verteidiger für ihn bestellt werden musste.
Normenkette
EStG 1997 § 33 Abs. 2 S. 1, Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin war im Streitjahr (1998) unverheiratet.
Nachdem ihr Sohn … am 06. Mai 1969 außerhalb einer Ehe geboren worden war, heiratete sie Anfang 1970 den Stiefvater ihres Sohnes. Da sie durch Berufstätigkeit zum Lebensunterhalt der Familie beitragen musste, wurde ihr Sohn weitgehend von den Großeltern erzogen. Ende 1986 kam er ganz zur Klägerin, nachdem ihre Ehe gescheitert war. Den Schulbesuch beendete er 1989 mit dem Fachabitur. Nach dem Zivildienst begann er verschiedene Lehren und ein Studium, ohne diese abzuschließen. Zeitweise betrieb er eine Agentur für die Vermittlung von Künstlern in Discotheken. Seit Juli 1996 erhielt er als Umschüler bei einem Berufsförderungszentrum Übergangsgeld von monatlich 2.800 DM. Im Dezember 1996 bezog er eine eigene Wohnung.
In dieser Wohnung erschlug er am 30. Juni 1997 eine Bekannte mit einem Hammer, zerkleinerte die Leiche mit einer Säge und schaffte sie fort. Später vergrub er die Leichenteile. Auch die seinem Opfer gehörenden Gegenstände und die Spuren der Tat in seiner Wohnung beseitigte er. Die geplante Flucht scheiterte.
Das Landgericht … verurteilte ihn wegen dieser als Totschlag bewerteten Tat am 21. September 1998 zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren. In der Hauptverhandlung war er von zwei Rechtsanwälten verteidigt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.
Im Revisionsverfahren wurde das Urteil im Strafmaß aufgehoben und die Sache an das Landgericht … zurückverwiesen.
Die Klägerin machte mit ihrer Einkommensteuererklärung für 1998 als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) unter anderem Aufwendungen für die Verteidigung ihres Sohnes in dem Strafverfahren durch den einen der beiden Rechtsanwälte geltend, und zwar einen Kostenvorschuss von 10.000 DM auf die Rechtsanwaltskosten sowie Aufwendungen für das zur Finanzierung des Vorschusses aufgenommene Darlehen.
Der Beklagte (das Finanzamt) lehnte den begehrten Abzug ab.
Mit dem Einspruch brachte die Klägerin vor, sie habe die Rechtsanwaltskosten für die Strafverteidigung ihres mittellosen Sohnes übernommen, damit dieser im Prozess durch einen guten Strafverteidiger ein etwas milderes Urteil bekomme; Sie habe sich dazu aus sittlichen Gründen verpflichtet gefühlt, weil sie während der Kindheit ihres Sohnes aufgrund der familiären und finanziellen Verhältnisse durch Berufstätigkeit zum Unterhalt der Familie habe beitragen müssen und ihr deshalb Versäumnisse in der Erziehung zur Last fielen. Sie habe ihren Sohn deshalb während des Strafverfahrens nicht im Stich lassen dürfen.
Der Einspruch blieb erfolglos.
Mit der Klage bekräftigt die Klägerin ihr Begehren, die Aufwendungen für die Verteidigung ihres Sohnes als außergewöhnliche Belastung abzuziehen, und bringt vor, im 2. Rechtszug habe das Landgericht … eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Sohnes festgestellt, deshalb die Freiheitsstrafe auf 8 1/2 Jahre herabgesetzt und die Einweisung des Sohnes in die „Psychiatrie” veranlasst. Dort werde er im Schreinerhandwerk ausgebildet, um so die Resozialisierung vorzubereiten. Ihre sittliche Verpflichtung, die Anwaltskosten zu übernehmen, leitet die Klägerin wie bereits im Einspruchsverfahren aus den familiären Verhältnissen während der Kindheit ihres Sohnes ab. Seine Einbettung in ein intaktes Familienleben sei weitgehend fehlgeschlagen. Der Kostenvorschuss halte sich im Rahmen der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und sei daher angemessen gewesen.
Die Klägerin beantragt,
die Einkommensteuer für 1998 auf 6.603 DM herabzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Es verweist auf die Einspruchsentscheidung und führt aus, der Auffassung der Klägerin, sie sei aufgrund von Versäumnissen in der Vergangenheit sittlich verpflichtet gewesen sei, die Strafverteidigungskosten ihres erwachsenen Sohnes zu übernehmen und die Allgemeinheit damit zu belasten, könne nicht gefolgt werden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
1. Das Finanzamt hat die von der Klägerin geltend gemachten Aufwe...