Entscheidungsstichwort (Thema)
Leibrentenzahlungen zwischen Geschwistern im Zusammenhang mit einem Pflichtteilsverzicht. Abgrenzung zwischen nicht steuerbaren Ausgleichszahlungen und Gleichstellungsrente
Leitsatz (redaktionell)
1. Zwar sind wiederkehrende Leistungen im Zusammenhang mit einem Pflichtteilsverzicht als nicht steuerbare Unterhaltsleistungen zu beurteilen (BFH v. 9.2.2010, VIII R 43/06). Etwas Anderes gilt jedoch, wenn in einem dreiseitigen Vertrag Vermögen gegen Versorgungsleistungen überträgen wird und der Empfänger sich gleichzeitig verpflichtet, seiner Schwester nach dem Tod des Übergebers eine Gleichstellungsrente zu zahlen.
2. Die zur Gleichstellung an die Schwester geleisteten Zahlungen enthalten einen pauschalierten Zinsanteil in Höhe des Ertragsanteils.
Normenkette
EStG 2002 § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a, § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 12 Nr. 2, § 10 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 2001 vom 12. September 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Mai 2007 wird dahingehend geändert, dass die Einkommensteuer auf 5.970,87 Euro bzw. 11.678,00 DM herabgesetzt wird.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen trägt die Klägerin zu 38 % und der Beklagte zu 62 %.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die steuerliche Behandlung von monatlichen Rentenzahlungen, die die Klägerin von ihrem Bruder dem Beigeladenen (im Folgenden: B), erhalten hat.
Mit notariellem Übergabevertrag vom 5. April 1995 überließ der Vater der am 12. Februar 1949 geborenen Klägerin im Wege der vorweggenommenen Erbfolge sein Grundstück in H. mit Wohnhaus, Autoreparaturwerkstatt, Nebengebäuden und Hofraum seinem Sohn B. Der Vater behielt sich ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht im Vertragsobjekt vor. Ferner übernahm B den bereits an ihn verpachteten Gewerbebetrieb einschließlich aller Aktiva und Passiva gemäß der Bilanz zum 31. Dezember 1994. Im Gegenzug verpflichtete sich B, zur zusätzlichen Sicherung der Altersversorgung des Vaters eine lebenslängliche dauernde Last in Höhe von monatlich 6.000 DM zu entrichten (Abschnitt III. Ziffer 4.1 des Übergabevertrags). Die Abänderbarkeit des Betrages gemäß § 323 Zivilprozessordnung (ZPO) wurde zugelassen. Zur Sicherung der dauernden Last wurde eine Reallast für den Vater bewilligt und beantragt. Weiter verzichteten B und die Klägerin gegenüber ihrem Vater jeweils für sich und die jeweiligen Abkömmlinge auf ihre gesetzlichen Pflichtteilsrechte (Abschnitt III. Ziffer 2).
In Abschnitt III, Ziffer 5 des Übergabevertrags ist ausgeführt: Der Übernehmer verpflichtet sich an seine Schwester, Frau K., zur zusätzlichen Sicherung ihrer Altersversorgung und zum persönlichen Unterhalt eine lebenslange Rente zu bezahlen, die durch eine Rentenreallast abgesichert wird. Die Rente ist erstmals am auf den Tod des Übergebers folgenden Monatsersten und durch Dauerauftrag dem Berechtigten zu überweisen. Die Höhe der Rente berechnet sich aus der statistisch zu erwartenden Lebensdauer der Berechtigten nach der allgemeinen Sterbetafel und aus einem Basisbetrag von 800.000 DM, wobei sich dieser Basisbetrag um eine etwa bestehende Restschuld aus einem evtl. vom Übernehmer zu übernehmenden Grundpfandrecht, welches vom Übergeber gemäß Ziffer XI. dieser Urkunde bestellt wurde, vermindert. Eine Verzinsung ist nicht einzurechnen. Es wird bewilligt und beantragt eine Reallast auf Zahlung der oben vereinbarten Rente für Frau K. im Grundbuch einzutragen mit der aufschiebenden Bedingung des Todes des Übergebers, …, mit der Maßgabe, daß zur Löschung des Rechtes der Nachweis des Todes der Berechtigten genügen soll. Eine § 323 ZPO entsprechende Anpassungsklausel enthält der Übergabevertrag insoweit nicht.
Weiter unten in Abschnitt VII. Ziffer 2 folgt: Anfallende Verkehrssteuern, insbesondere eine etwaige Grunderwerbsteuer oder Schenkungsteuer trägt der Übernehmer. Eine etwaige Steuer aus der Zuwendung für Frau K. trägt diese selbst.
Der Vater verstarb am 10. Februar 2001. Seit 1. März 2001 bezieht die Klägerin von B eine monatliche Rente von 2.243,91 DM, so dass ihr im Streitjahr 2001 ein Rentenbetrag von 22.439 DM zugeflossen ist. Insoweit beantragte die Klägerin im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung 2001, eine Besteuerung mit einem Ertragsanteil der Rente in Höhe von 41 % bzw. 9.199 DM. Die Zahlungen wurden vom Beklagten (dem Finanzamt FA) zunächst antragsgemäß veranlagt. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 erging am 31. Januar 2003 gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Nach Mitteilung des für die Be...